Weihnachtszeit – in der Schule werden hier die ganzen Klausuren dicht auf dicht gepackt und der Geschenkewahn kommt auch noch on top: eine stressige Zeit. Dass meine Adventszeit hier im Süden Indiens anders werden würde als in Deutschland war mir von vornherein bewusst. Wie mein Weihnachten aber letztendlich verlief, damit habe ich wirklich nicht gerechnet.
Auf dem (vollgepackten – auch hier bin ich dem Weihnachtsstress nicht ganz entkommen) Plan meiner Mitvoluntärin Annette und mir stand einmal das Weihnachtsprogramm in unserem Projekt (Vembu) selbst, wofür wir mit ein paar Mitarbeitern einen Tanz einstudierten, und das Weihnachtsprogramm in der Charles-Kids-Labour-School. Für dieses Programm übten wir mit unseren Charles-Kids fleißig einen Tanz auf „Rudolph, the red-nosed reindeer“ ein. Mit Hilfe der Sisters der Charles-School hatten wir für die knapp siebzig Kinder der Schule ein Weihnachtsgeschenk ausgewählt: Für die Mädels packten wir jeweils ein Unterhemd und eine Unterhose, für die Jungs eine Shorts. Und natürlich ein bisschen Schokolade! Perfekte Voraussetzungen für ein schönes Weihnachtsfest.
In der Woche vor Weihnachten hatten wir dann keinen Unterricht in der Charles, weil alle Kids Prüfungen hatten. Die Zeit haben wir trotzdem sehr effektiv genutzt: Wir haben die neuen Klohäuschen gestrichen… Aber dazu muss ich fast einen eigenen Abschnitt machen!
Damit das Hostel wieder eröffnet werden kann, muss hier Einiges renoviert werden. Vor einiger Zeit wurden als Teil dieser Aktion vier neue Klohäuschen gebaut. Den Anstrich haben wir dann übernommen:

Bei der Arbeit

Das Ergebnis

Natürlich haben wir beim Malen gekleckert wie kleine Kinder, die Nudeln mit Tomatensoße essen! Als ich die „Unterfarbe“ (eine zementartige Mischung) mit Wasser und Bürste vom Boden abschrubben wollte, kam Father Anto vorbei und meinte, dass das doch viel zu lange dauern würde. Das Ende vom Lied war dann, dass wir die Farbflecken mit Tuch vor Mund und Nase und einer Flasche Säure in der Hand in Angriff nahmen. Als wir alles zu unserer Zufriedenheit entfernt hatten, neutralisierten wir die ganze Geschichte professionell mit Waschpulver (das war endlich mal angewandter Chemieunterricht! Ich hab mich schließlich lang genug mit der Theorie herumgeplagt). Und das Ergebnis kann sich sehen lassen!
Als unsere Streichaktion in den letzten Zügen lag, setzte dann auch schon langsam das Fieber bei mir ein. Am 23. Dezember, dem Tag der beiden Weihnachtsprogramme, war immer noch keine großartige Besserung in Sicht. Das Vembu-Weihnachtsprogramm habe ich leider nur aus der Zuschauerperspektive betrachtet, mittanzen konnte ich nicht. Super war es trotzdem! Der Weihnachtsmann (ein Junge, der noch hier im Projekt wohnt) kam auf die Bühne getanzt und warf dabei alle mit Süßigkeiten ab, einige Tänze wurden aufgeführt und es wurde gewichtelt.

Der „Staff-Dance“

Nachmittags hätte dann eigentlich das Weihnachtsprogramm in der Charles-School angestanden, aber unser Father schickte mich zuerst zum Arzt und anschließend zum Blutabnehmen. Das schlechte Ergebnis meines Bluttests änderte dann sehr schnell sehr viel. Annette und ich packten unsere sieben Sachen und fuhren ins Krankenhaus nach Tuticorin. Annette eigentlich nur, um mich zu begleiten. Da sie aber an dem Tag ebenfalls Fieber bekam, wurde auch sie gleich mal stationär aufgenommen. Die Diagnose für uns beide lautete Dengue-Fieber. Trotz dessen verbrachten wir (mal abgesehen von den etwas schlechteren Tagen) eigentlich eine super Zeit im Krankenhaus: Wir besuchten in der Nacht vom 24. auf den 25. (wie es sich gehört) eine Christmette und wurden dann um eins in der Nacht noch auf Kaffee und Kuchen zusammen mit den Ordensschwestern (sie leiten das Krankenhaus), dem Pfarrer etc. eingeladen. Es wurde gesungen, viel gelacht und wir hatten riesigen Spaß! Das war das erste Mal, dass ich Schwestern um einen Tisch habe tanzen sehen. In den nächsten Tagen habe ich mich mit der Putzfrau (die mich immer ihren Namen aufsagen ließ) und den vielen Krankenschwestern angefreundet, was letztendlich auch darüber hinweggetröstet hat, dass der Silvesterurlaub in Goa zusammen mit einigen anderen Voluntären für uns zwei ins Wasser fiel. Am 31. Dezember wurden wir (pünktlich zu Silvester) entlassen.

Im Krankenhaus war alles weihnachtlich dekoriert, das war „unser“ Gang

Eine der gefühlt tausend Krippen im Krankenhaus (auch in unserem Gang)

Zusammen mit den Fathers, dem Bruder und den vier Sisters der Charles-School haben wir am ersten Januar eine kleine Weihnachts- und Neujahrsparty geschmissen und ein paar Tage später auch endlich unsere Geschenke an die Charles-Kids übergeben können (zwei Tage später wurde ich von einigen Jungs schon freundlich darauf hingewiesen, dass sie jetzt die coolen neuen Shorts tragen :D)!

Endlich gibt´s die Geschenke in der Charles-School

Mein Weihnachten verlief also ganz anders als geplant, aber unerwarteterweise total schön! Dieser Krankenhausaufenthalt hat mich irgendwie einen ganzen Schritt weiter ankommen lassen – auch wenn ich selbst nicht ganz sagen kann, wie genau. Ob es einfach daran lag, dass ich viele neue nette Menschen kennenlernen durfte, oder an den Krankenbesuchen der Altbekannten hier aus dem Projekt – ich weiß es nicht!
In der nächsten Zeit wird es bei mir wohl auch nicht viel ruhiger werden: nächste Woche steht der Besuch meiner Eltern an, die sich das Projekt und meine Arbeit hier anschauen. Zusammen machen wir eine kleine Rundreise, auf die ich mich schon sehr freue! Es wird nach vier (bzw. dann fast fünf) Monaten das erste Mal sein, dass ich (freiwillig, den Krankenhausaufenthalt zähle ich mal nicht mit) mehr als ein, zwei Nächte im Projekt fehlen werde… Und im Februar treffen wir in Hyderabad beim Zwischenseminar alle Don-Bosco-Voluntäre aus Indien wieder (und natürlich Francesco und Niklas, die deutsche Don-Bosco-Delegation :D)! Ich bin schon sehr gespannt, mal von den anderen Volos zu hören: Wie ihr Projekt genau aussieht, wie es ihnen mit ihrer Arbeit geht, was sie für Erfahrungen gemacht haben. Neben diesen ganzen Programmen geht hoffentlich mein Alltag nicht unter, denn den genieße ich auch mit jedem Tag noch ein Stückchen mehr. Ich lerne die Leute und Kinder um mich herum immer besser kennen, weiß wie´s läuft (also größtenteils; natürlich kann ich mich nicht mit den Augen eines waschechten Vilathikulammers betrachten) und fühle mich wohl (meistens jedenfalls, es gibt natürlich immer mal wieder komische Situationen, das lässt sich aber hier wie in Deutschland nicht umgehen).
Zum Schluss wünsche ich noch (etwas verspätet) einen guten Start ins neue Jahr!