Unser erster richtiger Ausflug begann für Annette und mich bereits am Dienstagabend, als wir unsere sieben Sachen packten. Wir sollten nämlich im Projekt der Jungs (Jakob und Hendrik, die zwei Mitvoluntäre, die uns am nächsten sind), dem Don Bosco College in Keela Eral übernachten, damit wir am Mittwoch gleich früh losfahren konnten. Wir mussten uns immer wieder daran erinnern, dass wir für höchstens zwei Nächte packen mussten und nicht für einen dreiwöchigen Trip in die Wildnis (Zitat Annette: „Brauchen wir Verbandszeug?“ :D). Dann gings für uns auch schon zum Busbahnhof in Vilathikulam, zusammen mit einem Jungen, der in der Press arbeitet und auch hier in VEMBU wohnt. Er setzte uns in den richtigen Bus und wartete, bis wir abfuhren. Dank der Tatsache, dass wir die Jungs am Sonntagnachmittag schon mit dem Bus besucht haben, wo uns der gleiche Junge begleitet hat (ohne ihn wären wir auch total aufgeschmissen gewesen; ich hätte zum Beispiel verzweifelt versucht, vor Fahrtantritt ein gültiges Ticket zu ersteigern. In den Bussen hier fährt aber immer ein Schaffner mit, bei dem man während der Fahrt sein Ticket kauft), klappte auch Umsteigen & co. reibungslos (na gut – mit nur einmal Nachfragen). Als wir schließlich (immer noch Dienstagabend) vor den Toren des Don Bosco Colleges ankamen, mussten wir feststellen, dass direkt hinter dem Eingangstor ein Gottesdienst abgehalten wurde. Die Jungs haben uns vorher schon informiert, dass um 19.00 ein Gottesdienst stattfindet, wir haben aber nicht damit gerechnet, mitten hindurchspazieren zu müssen… und mit meinem großen Reiserucksack waren wir leider auch nicht besonders unauffällig 😀 Im weiteren Verlauf des Abends haben wir einige Fathers, Brothers und Hosteljungs (sie wohnen im College) kennengelernt.
Am Mittwoch brachen wir dann nach ausgiebigem Frühstück zusammen mit den zwei Jungs und ihrem Bossfather nach Madurai auf. Nach eineinhalb Stunden Fahrt erreichten wir unseren Programmpunkt #1 in Madurai (natürlich nach einem Zwischenstopp zum Teetrinken): ein Don Bosco Berufsausbildungszentrum. Wir wurden von Father Marcel (dem Bossfather des Don Bosco Colleges) den dortigen Fathers vorgestellt und erfuhren, dass zum Berufsausbildungszentrum eine Art Jugendstätte gehört, die wohl ein paar ziemlich gute Fußball-Teams am Start haben. Dann gings auch schon weiter zum Programmpunkt #2: eine weitere Don Bosco Station mit Kirche, wo wir auch schon an unserem allerersten Tag in Indien vorbeigeschaut haben, weil uns Father Marcel vom Flughafen in Madurai abgeholt hat und dort noch kurz etwas erledigen musste. Damals haben wir den Aufenthalt dort aber allesamt im Sekundenschlaf auf einer Bank verbracht (man möge uns das nachsehen – nach zwei Flügen plus mehrstündigem Aufenthalt mitten in der Nacht in Chennai am Flughafen waren wir alle mehr oder weniger am Ende). Lange waren wir auch hier wieder nicht, bevor wir zum Programmpunkt #3 aufbrachen: einer Schule, die von 7 Schwestern (auch Don Bosco – Überraschung!) geleitet wird. Die Schwestern sind total cool drauf; sie haben die ganze Zeit mit Fr. Marcel gespaßt und haben uns viel zu süßen Sirup und allerlei Essen aufgedrängt. Wir mussten versprechen, nochmal zu Besuch zu kommen, dann können wir auch die Schule und die Kinder dort mal genauer kennenlernen.

Verkehr in Madurai

 Der Programmpunkt #4 war dann ein Ghandi-Museum. In dem wunderschönen Gebäude konnte man von A bis Z alles über die Unabhängigkeitsbewegung erfahren. Da Father Marcel aber den Besichtigungszeitplan einzuhalten hatte, beschränkte sich unser Museumsbesuch darauf, hier und da einen Satz aufzuschnappen (auf Englisch, mein Tamil ist leider immer noch nicht so weit), Bilder zu begutachten und Ausstellungsstücke zu bewundern.

Ghandi-Museum

Und weiter gings zum Programmpunkt #5: Mittagessen. Wir saßen in einer Art Restaurant, das etwas wie eine Kantine anmutete und Father Marcel bestellte alles Mögliche (angefangen bei Cheese Naan – schmeckte fast wie eine dünne Käsepizza und aufgehört bei Chapati, und vieeele verschiedene Soßen/Chutneys) und wir probierten uns durch. Ich habe mich Hals über Kopf in eine Zwiebelsoße verliebt…

Essen mit dem hungrigen Hendrik im Hintergrund

So schnell sind wir auch schon beim Programmpunkt #6 angelangt, seines Zeichens Höhepunkt des Ausflugs: dem Minakshi-Amman-Tempel. Hierbei handelt es sich um einen Hindu-Tempel, wo (wie der Name schon sagt) die Göttin Minakshi verehrt wird. Minakshi ist eine Kriegsgöttin, zudem eine Erscheinungsform der Göttin Parvati – die als mütterlich liebend und sanft gilt, wie passt das zusammen? – und Ehefrau von Shiva, dem Gott der Zerstörung. Vor Betreten des Tempels mussten wir alle unsere Schuhe abgeben und dann betraten wir auch schon die Halle mit den 1000 Säulen, wo uns Father Marcel einiges zu den Figuren und Säulen erzählen konnte („Hier stehen 1000 Säulen, jede ist einzigartig und hat ihre eigene Geschichte und ihre eigenen Mythen.“ Das hörten wir bestimmt 10 Mal und ich finde, es klingt wie der Anfang eines guten Buches). Ich wollte gerade etwas enttäuscht werden, weil diese Halle mehr einem Museum glich als einem Tempel, da bogen wir aus der Halle heraus rechts ab und kamen dorthin, wo der Hinduismus nicht nur dargestellt, sondern gelebt wird. Die Shiva- und Minakshischreine durften wir leider nicht betreten, das dürfen nur Hindus, aber wir konnten das Lotusbecken besichtigen und einfach die Atmosphäre dort genießen.

Wasserbecken mit der goldenen Lotusblume im Tempel

Es roch nach Räucherstäbchen und aus verschiedenen Ecken drang Musik oder Gesang (von Meditationsbereichen oder einfach einem Musiker an der Ecke) zu uns herüber. Das hat mir wirklich gefallen!

Tempeldecke

Bevor wir wieder zurück nach Keela Eral fuhren, kauften die Jungs noch Englischbücher für ihren Englischunterricht und Annette und ich erstanden Fußkettchen (die tragen hier übrigens die meisten Frauen – von kleinen Mädchen bis hin zu Müttern).
Am Donnerstagmorgen machten Annette und ich uns dann per Bus auf den Rückweg nach Vilathikulam, im Gepäck viele Fotos und neue Kontakte (wahrscheinlich werden wir unsere Urlaubszeit nicht mit Sightseeing verbringen, sondern damit, alle möglichen Leute (auch Mitvoluntäre) zu besuchen :D)…