Jetzt bin ich tatsächlich schon seit über einem Monat hier in Santa Cruz de la Sierra, und so langsam spielt sich mein Leben hier ein. Aber was treibe ich hier eigentlich so den ganzen Tag? Wohl eine der meistgestellten Fragen bisher, also hier die Antwort darauf.

Meine Arbeitsstelle für dieses Jahr ist das Hogar Don Bosco, ein Kinderheim für ca. 120 Jungen im Alter von 5 bis 18 Jahren. Ich arbeite zusammen mit Theresa sechs Tage die Woche von 14 bis 21 Uhr in der Infantil, also bei den kleineren Jungs bis 12 Jahre. Wie sich der eine oder andere jetzt vielleicht vorstellen kann, bedeutet so eine Sechs-Tage Woche erst mal eine Umstellung zu dem bisherigen Schulalltag, der so im Nachhinein doch sehr großzügig mit Ferien versehen war, auch wenn es mir damals natürlich nicht so vorgekommen ist ;).

Aber um zurück zur Ursprungsfrage zu kommen: Wie sieht den so ein Tag hier für mich aus? Durch die Abendschicht habe ich den Luxus, theoretisch so lange schlafen zu können, wie ich will, was ich manchmal auch gerne ausnutze. Je nach Tagesform stehe ich also irgendwann zwischen halb acht und neun auf (was für mich als Langschläferin gar nicht mal so schlecht ist) und mache mir erst einmal Frühstück. Danach erledige ich, was für den Tag so ansteht: Einkaufen, mit Theresa die Abendaktivität vorbereiten, Zimmer putzen oder ein Ausflug zum nächsten Kleidermarkt. Nach einem schnellen Mittagessen machen wir uns dann exakt die zwei Minuten vor Arbeitsbeginn auf den Weg, die wir für die Strecke von unserem Haus bis zum Hogar brauchen.

Der Weg zum Hogar

Und dann geht es auch schon los: Von zwei bis sechs Uhr sind die meisten Kinder in der Schule. Das heißt, ich helfe den Erziehern beim Sortieren der Kleidung und Unterhosen, spiele mit den Kindern, die nicht zur Schule gehen (Fußball, Murmeln und Ninja stehen ganz oben auf der Beliebtheitsliste), oder begleite sie zu Aktivitäten.

Für Fußball ist es nie zu heiß

Um kurz vor sechs machen wir uns auf den Weg zur Schule, um die restlichen Jungs abzuholen. Und dann kann das Chaos beginnen: Fünfzig Jungs müssen so schnell es geht raus aus der Schuluniform, unter die Dusche und rein in die Alltagskleidung. Ich verteile dabei Shampoo, Unterhosen und Kleidung an die Kinder und versuche nebenbei, noch die Jungen anzutreiben, denen Spielen oder Träumend-in-der-Ecke-Sitzen gerade attraktiver als die Dusche erscheint. Außerdem behalte ich so gut wie möglich den Überblick über die diversen Murmeln, Flaschendeckel, Erdnüsse oder andere Schätze der Kinder, die ich für sie während des Duschens mit Adleraugen überwachen soll. Wenn dann alle sauber und umgezogen dasitzen und meine Hose von lauter kleinen nassen Handabdrücken übersät ist, klingelt kurz darauf die Glocke zum Abendessen. Hier heißt es, das Essen so gerecht wie möglich auf die Kinder an meinem Tisch aufzuteilen. Das ist gar nicht so einfach wie es klingt, vor allem, wenn Messi mal wieder, statt zu essen, Löcher in die Luft starrt, David Jacinto am Nachbartisch ärgert und Diego Nachschlag will, bevor die anderen überhaupt mit dem Essen angefangen haben. Nach dem Abendessen gibt es dann immer noch eine Aktivität, wie zum Beispiel Sport, Brettspiele oder Basteln. Zu Theresas und meinen Aufgaben gehört es zum Beispiel, einmal wöchentlich den Bastelabend für die Kinder zu gestalten, was uns auch viel Spaß macht. Danach wird oft noch ein bisschen Fernsehen geschaut, wo auch gerne mal mehrere Kinder geleichzeitig auf meinen Beinen liegen :).

Beim abendlichen Fernsehschauen

Und so schnell ist der Tag dann auch schon fast wieder vorbei. Er endet damit, dass wir die Kinder zu den Schlafsälen bringen und ihnen Gute Nacht sagen. Das ist für mich einer der schönsten Teile des Tages. Wenn ich wie jeden Abend mit Matias bete, Emanuel sich eine Geschichte wünscht, Bryan eine Pizzamassage zum Einschlafen will und Leonel um 100 Umarmungen bittet und mich dabei mit seinen kleinen Armen fast erdrückt, dann lässt das den Tag jedes Mal aufs Neue schön enden. Mit einem letzten „Buenas noches, hasta mañana“ verabschieden Theresa und ich uns dann müde, aber glücklich gegen halb 10 und schlendern durch die angenehm kühle Abendluft nach Hause.

Ich hoffe, ihr könnt euch jetzt ein bisschen besser vorstellen, wie so ein Tag unter der Woche bei mir aussieht. Was meine Aufgaben am Wochenende sind, erfahrt ihr im nächsten Blogeintrag :D.

Viele Grüße,

Antonia

Und hier noch ein kleiner Schnappschuss 🙂