Der Wecker klingelt um 6:00 Uhr morgens. Viel zu früh. Doch jetzt gilt es abzuwarten, wer es zu erst aus dem Bett und unter die Dusche schafft? – Simeon oder ich… Mit Glück stelle ich fest, dass man anscheinend um meine „Gesundheit“ nicht so besorgt ist und mir, im Gegensatz zu den Kindern, das warme Wasser lässt. Auf dem Weg zum „comedor“ über den Wolken Medellíns möge man mir meine gegrummelten „Buen‘  dia“  verzeihen. Bei Ei, Reis (natürlich!) und Arepa, holt die viel zu heiße chocolate so langsam das Leben in mir zurück. Ich schaue mich um… Es ist die Zeit der ältesten Jungs – alles verschlafene Gesichter, die sich und mir diese halbe Stunde Ruhe gönnen. Doch nicht lange, denn draußen formiert sich schon der laut lärmende Rest. Kurz bevor dieser jedoch „arepaschwingend“ die Kantine unsicher macht, muss ich leider schon schnell ins Büro. In diesem angekommen, wird aus dem vereinbarten Aufbruch um 7:30 Uhr ein vages halb 9. So viel Zeit ist es dann doch nicht und ich  hole mit Kollege Julian das „Refrigerio“ ab. Auf das Taxi wartend, diskutieren wir über Computer, Comics und Volkswagen.

Julian

Der „Taxista“ ist angekommen und unser Gepäck findet dann doch noch Platz im Kofferraum, der eigentlich von Bassbox und Co. bewohnt wird. Tipp am Rande: Wenn man nicht als Europäer auffallen will, die Autotür nicht zuhauen, sondern anlehnen. Willkommen geheißen in der Welt von „Don Nacho“, dem Taxifahrer mit großer Persönlichkeit und kleinem Hubraum stürzen wir uns die Straßen hinab ins Stadtzentrum. „Metro ist ausgefallen – alle nach San Antonio – viele Leute“ – tönt es aus dem Handy unseres Chauffeurs, aber betrifft uns ja nicht, denn jetzt geht es nach „Altos de la Torre“. Oh, ich muss wohl kurz eingeschlafen sein, aber jetzt fehlt nur noch der schon so oft entscheidende, letzte unvorstellbare Berg. Julian fragt:“Schaffen wir es heut da hoch?“ – „Das werden wir gleich sehen…“ Bus vor uns und Bus hinter uns, steigen wir aus und schieben unser Taxi den Berg hoch. Endlich im höchsten Barrio Medellíns angekommen, werden wir schon sehnlichst erwartet. Heute geht es in unserer Aktivität rund um Gefühle und Emotionen… Nach ein bisschen Theorie, geht die Materialschlacht dann richtig los. Wir basteln alle eine Butterbrottütenhandpuppe, die mehr oder weniger Ähnlichkeit mit einer Person aus unserer Familie haben sollte, die uns immer wieder zum Lachen bringt. Sowohl an Vor- und Nachmittag läuft das alles rund, eckig und vor allem kreativ.

Butterbrottütenhandpuppe

Schmieren die Kinder den Weißleim mit dem Finger aufs Papier? – Ja. Hab ich beim Versuch den Leimtopf sauber zu wischen den Deckel vergessen? – Vielleicht. Hab ich den Leim mit meinen Händen wieder zurückgeschöpft? – Gut möglich… Bewaffnet mit 3 Müllsäcken an Materialien auf dem Arm renne ich also gerade durchs Stadtzentrum von Medellín. Jetzt also nur noch zur Station San Antonio, in die Metro, bis zum Estadio und mit dem Bus nach Hause. Soweit die Theorie. Denn nun stehe ich in San Antonio, aus meinen Tüten hängt an allen Seiten der Moosgummi raus, meine Hände kommen Fäden ziehend wieder unter langsam unter dem Leim zum Vorschein, man schreit mich von allen Seiten megafonverstärkt  an, dass die Metro doch nicht fährt und ich denke mir nur noch: „Ich liebe dich Medellín!!!“. Doch, ja das tu ich wirklich. Denn ausgerechnet meine Linie fährt doch und ich schaffe es erschöpft, aber glücklich, doch noch rechtzeitig in die „Ciudad Don Bosco“ um all meinen Krempel loszuwerden.


Und so wünsch ich euch allen einen wunderschönen Tag, mit vielen Grüßen aus Medellín. Ich habe lange nichts mehr von mir hören lassen, doch die letzten Wochen waren voll von Erlebnissen, an denen ich euch gleich noch in Bildform teilhaben werden lasse.

Silvesterfeier in der Turnhalle

Ausflug nach Santafé de Antioquia

puente in Santafé de Antioquia

Volleyball-„Turnier“ im Estadio

Ausblick in Robledo Aures – mirador Ciudad Don Bosco

„la nueve“ (Volontärshaus) vorher

„la nueve“ nachher

mein Geburtstag im Kino

…auf zum Abendessen

nachträgliche Geburtstagspfannkuchentorte

Stromausfall in der Ciudad Don Bosco – nächtliches Kino in der Turnhalle

Sancocho

Sonntagsgeländespiel

nächtliche chocolatada

Derecho a Soñar

 


Mir geht es sehr gut, morgen werde ich noch einen letzten Tag arbeiten und am Freitag nach Bolivien zum Zwischenseminar und in das zweite Halbjahr meines Volontariats aufbrechen. Bis dahin, Macht es gut.

Anton