Heute will ich euch eine kleine Geschichte von einem Mädchen namens Aline (Name aus Datenschutzgründen geändert) aus dem Heim erzählen. Alles was ich hier über sie schreibe, hat sie mir erzählt bzw. hab ich über die zuständigen Erzieher erfahren. Mich hat ihre Geschichte total berührt, deshalb will ich sie mit euch teilen…
Aline ist 14 Jahre alt und wohnt hier im Heim auf dem Gelände der Schwestern. Ihre Mutter ist, genau wie ihr Bruder, bereits gestorben. Gemeinsam mit ihrer großen Schwester lebte sie bei ihrem Vater in Cotonou. – Bis letzten Januar! Dann ist sie von Zuhause weggelaufen. Die Polizei fand sie auf der Straße und brachte sie ins Heim zu den Schwestern.
Dort lebt sie jetzt schon fast ein halbes Jahr. Sie liebt es zu singen, summt mir ständig afrikanische Lieder vor und ist ein absolutes Talent im afrikanischen Tanzen. Wenn Aline einmal loslegt, ihren Oberkörper mit den Trommelrhythmen zu schwingen, bleibt mir einfach nur der Mund offen stehen. Sie hat einfach ein unglaubliches Körpergefühl.
Das Mädchen gehört zum sog. „kleinen Foyer“, indem versucht wird, die Kinder schon bald wieder in ihre ursprünglichen Familien zurück zu integrieren. Deshalb versuchen die Mitarbeiter vom Heim gerade, den Kontakt ihres Vaters ausfündig zu machen und wieder herzustellen. Die 14- Jährige hat ihn immerhin seit Januar nicht mehr gesehen!
Letzte Woche kam dann endlich der lang ersehnte Besuch ihres Papas im Heim…ein erster, kleiner Schritt der Re-Integration in ihre Familie.
Aline hat sich zum einen natürlich riesig gefreut ihn wieder zu sehen! Zum anderen ist sie sich unsicher, ob sie wirklich wieder bei ihm wohnen will. Er arbeitet Vollzeit als Taxifahrer und hat dadurch nicht viel Zeit, sich um seine Kinder zu kümmern. „Ich weiß nicht, ob ich zu meinem Vater zurück will!“ erklärte mir Aline weinend, „Er behandelt mich nicht wie ein Mädchen in meinem Alter, sondern wie eine schon vollständig erwachsene Frau, das bin ich aber doch noch gar nicht, oder Tata Vroni?“
Darüber muss sich Aline aber erstmal keine Sorgen machen. Bevor ihr Vater nicht die Bereitschaft zeigt, seine Tochter wieder aufzunehmen, bleibt Aline erstmal im Heim, denn wer ein halbes Jahr lang „keine Zeit“ hat sein eigenes Kind zu besuchen, ist er auch noch nicht bereit, es wieder aufzunehmen.
Dank dem Projekt der Don Bosco Schwestern, kann sie kostenlos im Heim wohnen, bekommt Essen und hat Alphabetisierungsunterricht. Bald kann sie hier auch eine Ausbildung beginnen.
Ich wollte wissen, was ihr größter Traum ist. Nach langem Überlegen platze es plötzlich aus ihr heraus: „Mein großer Traum ist es, hier in Cotonou meine eigene kleine Schneiderei aufzumachen, selbstständig zu sein, meine selbstgemachten Kleider zu verkaufen.“ Dabei fingen ihre Augen plötzlich zu Leuchten an.
„Kinder sind bekanntlich wie Edelsteine die auf der Straße liegen. Man muss sie nur aufheben und schon leuchten sie!“ Auf Aline passt dieses Zitat von Johannes Don Bosco einfach perfekt, finde ich.
Das hier ist nur eine von vielen Geschichten, die die Mädels aus dem Heim hier mitbringen. Mädels, die genauso mal fröhlich und mal traurig sind wie europäische Mädels, die auch gerne mal rumzicken, die genauso keine Lust haben, ihre Hausaufgaben zu machen, die genauso gerne Quatsch machen, die einfach nur Kind sein wollen.
Sommerlich heiße Grüße an die Heimat,
Vroni
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