Vroni H. in Benin

Mit Don Bosco in Cotonou

Jeden Tag neue Pralinen

„Das Leben ist bekanntlich wie eine Pralinenschachtel, man weiß nie was man bekommt!“
Dieses Zitat bringt das Leben hier auf den Punkt. Hier in Benin erwartet mich jeden Tag eine andere, spannende „Pralinenschachtel“ mit unterschiedlichsten Inhalten. Mit jeder mache ich hier neue Erfahrungen, lerne neue Leute, Orte und Traditionen kennen und bekomme einen Einblick in das Leben in Cotonou. Je nachdem welche Praline man grad erwischt, erlebt man spannende Momente und macht neue Erfahrungen.
Oft kommen auch unerwartet Pralinen dazwischen.
Man will zum Beispiel einfach nur pünktlich in die Arbeit kommen, hier gelingt es mir allerdings nie! Entweder das Motoradtaxi ist kaputt, das Benzin reicht nicht, ich muss noch Geld wechseln oder Kinder halten mich auf der Straße auf, um stolz mit einer Weißen zu reden… irgendwas kommt echt immer dazwischen… manchmal auch das Wetter! Wenn es nämlich zum Beispiel regnet, warten alle ab, bis der Regen vorbei ist. Hier läuft keiner hektisch durchs Nasse, es wird geduldig gewartet. Ob im Kopierladen oder in einer Bar, ob unter einer Plane oder Zuhause, es wird ausgeharrt, bis der Regen vorbei ist. Dadurch entstehen neue Begegnungen, man wird kurzerhand zum Essen eingeladen, hilft „noch schnell“ einer Frau, Baumstämme durch die Gegend zu tragen, stellt dann fest, dass man schon 2 Stunden zu spät ist und bewegt sich dann Richtung Arbeit. Dass die Afrikaner unpünktlich sind, ist wirklich ein Klischee, es kommt hier nur immer irgendwas dazwischen, auch mir!

Bin ich dann endlich in der Arbeit, erwartet mich meist schon großes Halli-Galli!
„Das ist mein Stift!“, „Nein, mein Bauklotz!“, „Halt, du lügst.“, „Ich muss aufs Klo!“, „Die hat mir weh getan!“, „Kannst du mir helfen?“, „Ich find mein Heft nicht!“,  „Wie schreib ich nochmal meinen Namen?“, und, und, und! Mit gut 30 Kindern in einem Raum von 25 Quadratmeter ist in der Vorschule immer ganz schön was los. Letzte Woche hab ich mit den Kindern kleine Schachteln, Tüten und Kronen gebastelt. So spazierten sie alle wie kleine Könige und Prinzessinnen umher mit einem stolzen Lächeln im Gesicht, das ihnen keiner mehr nehmen konnte!
Untereinander sprechen die Vorschulkinder hier alle Fongbe, die hier stark verbreitete afrikanische Stammessprache, die für mich wie chinesisch klingt. Die Kleinen können noch gar kein Französisch, was die Kommunikation für mich natürlich deutlich erschwert. Deshalb versuchen mir die Kinder gerade ein wenig Fongbe beizubringen. Bisschen was kann ich schon: Oku= Hallo, Ej sande= bis später, A fon gan schia= Wie geht’s? und das wichtigste Wort hier: Dede= langsam/ ruhig (oder auf bayrisch: „Probiers moi mit Gmiatlichkeit“).
Langsam gewinn ich hier in Cotonou auch an Orientierung. Kurzzeitig hatte ich diese Woche zumindest das Gefühl, mich in den Straßen zurecht zu finden. Doch dieser Hochmut wurde in der Riesenstadt auch schon bald wieder zerschlagen, als ich mich irgendwo im Gedränge auf dem Markt wieder fand und keine Ahnung hatte, wo eigentlich vorne und hinten ist.
Dabei sind wir schon beim nächsten Thema, über das ich euch unbedingt was erzählen will:
der Markt im Zentrum der Stadt! Er gilt als einer der größten Märkte Westafrikas und ist ein absolutes Erlebnis. Die vielen verschiedenen Eindrücke, Gerüche, Waaren und all die Menschen, die mir „Weiße, Weiße“ hinterher rufen, überfordern meine Sinne jedes Mal aufs Neue.
Kaufen kann man dort wirklich alles, von lebenden Hühnern, Krabben und Fischen bis hin zu frisch geernteter Ananas, Mango und Papaya, bunten Stoffen aller Art, Handys, Unterwäsche, Reis, Zahnbürsten (man putzt sich hier mit einem kleinen geschälten Stück Ast die Zähne. Unglaublich aber wahr… das funktioniert scheinbar echt gut, der Großteil der Menschen hat blitzeblanke, weiße Zähne).
Man kann hier also wirklich alles kaufen, solange man die Kunst des Handelns besitzt. Grundsätzlich ist der Preis für Weiße hier oft ums Doppelte teurer. Trotzdem kann man hier immer noch nicht von teuer sprechen, wenn man eine Ananas für 10ct und 3 Meter Stoff für 4 € kauft.
So hab ich mir auch schon eine Hose und ein „Bomba“ (traditionelles Gewand für Frauen, sozusagen das „Beninsche Dirndl“) schneidern lassen. Noch ist es in der Scheiderei in Arbeit, ich bin schon total gespannt.
Nun zurück zum Markt…
Natürlich hat dieser auch seine Kehrseite. Die Verkäufer (unter anderem viele Kinder) schlafen auch nachts auf dem Markt. Oft haben sie nur ein Moskitonetz und ein Stück Stoff als Decke. Viele Kinder schlafen auf den Wellblechdächern. Es erklärt sich von selbst, dass es sich vor allem als junges Mädchen hier gefährlich lebt. Deshalb sind die Don Bosco Schwestern gerade dabei, ein neues Projekt aufzubauen:
Ein Schlafplatz auf dem Dachboden eines großen Gebäudes auf dem Markt für solche Mädchen, die tagsüber verkaufen müssen. Der Bereich soll abgeschlossen werden können und nur für junge Mädchen zugänglich sein. Die Planungen hierfür sind am laufen, die Genemigung von der Verwaltung Benins haben die Schwestern schon erhalten.

Was ich hier wirklich lerne, ist in eine fremde Kultur einzutauchen und teilzuhaben an einem ganz anderen Leben mit anderen Rieten und Traditionen. Die Offenheit und Lebensfreude von Groß und Klein ist hier einfach unglaublich! Man kann sich hier wirklich eine Scheibe abschneiden! Warum hab ich mich nochmal über unnötiges Zeug wie zu viel Hausaufgaben aufgeregt? Eigentlich kann ich froh sein, dass ich überhaupt die Möglichkeit hatte, in die Schule zu gehen und Abitur zu machen!

Vielen Dank an euch fleißigen Leser und vor allem an alle Spender!!! Je länger ich hier bin, desto mehr sehe ich, wie das Geld hier wirklich gebraucht werden kann!
Vielen, vielen Dank für eure Unterstützung!
Ich freu mich über eure Kommentare und Fragen, die werde ich dann im nächsten Blogeintrag beantworten. Außerdem möchte ich euch nächstes Mal eine Geschichte von einem Mädchen aus dem Heim erzählen, die mich selbst sehr berührt hat.

Vroni

PS: Bilder findet ihr in Zukunft in meiner Fotogallerie! 😉

 

 

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1 Kommentar

  1. Helma

    Liebe Vroni,
    jetzt hab ichs endlich mal wieder geschafft Deinen Blog zu lesen. Ich finde es toll was Du machst und wie Du es machst! Das sind alles Eindrücke und Erlebnisse, die Dir keiner nehmen kann. Schade, dass Du bei unserem nächsten Stammtisch nicht dabei bist. Ich wünsche Dir eine spannende, bereichernde Zeit und freu mich, wenn Du wieder da bist, vielleicht mit afrikanischer Musik im Gepäck.
    Liebe Grüße
    Helma

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