Rike und Ruanda

Ein Listen- und Termintaktermensch in einer buhoro buhoro-Welt

Die Sache mit den Wörtern

Ich rede und denke gerne und viel, manchmal auch zur gleichen Zeit, dann wird’s etwas verwirrend. Ich schreibe auch gerne, nur meistens nimmt das dann -siehe Blogeinträge- nie ein schnelles Ende.


Schon in Deutschland habe ich immer viel geschrieben- wenn’s darum ging, Aktionen zu planen, Gedanken zu sortieren, Gedichtsanalysen  oder irgendeinen Mist zu schreiben, war ich immer eine der Ersten, die sofort zu Stift, Papier und Textmarkern gegriffen hat.

Erlebtes in Worte packen

Auch hier sieht das nicht anders aus: dadurch, dass man fast ständig mit anderen Perspektiven, Handlungsweisen und Kulturen konfrontiert wird, gibt es einiges, worüber ich nachdenken muss und möchte. Meistens bespreche ich das dann mit Emma oder schreibe es einfach auf. Und manchmal landet es auch hier im Blog. So, jetzt sind wir endlich beim heutigen Thema angelangt; meinem Blog.

Eigentlich wollte ich mir Cat Ballou zur Hilfe nehmen und diesen Beitrag „Et jitt kein Wood“ nennen, weil das in diesem Fall echt passt. Ich werde nämlich jetzt mal versuchen, meine Gedanken und Gefühle zum Thema „Gedanken und Gefühle im Blog ausdrücken“ zusammen zu sammeln und euch zu präsentieren. Und da weiß ich echt nicht, in was für Worte ich das fassen soll.

Das mit dem Titel habe ich dann aber doch mal gelassen, sonst denken alle direkt, ich haue hier was über Köln raus. (aber keine Sorge: zu Kölle hab ich auch noch ein paar Gedanken, die ich später vielleicht mal raushauen möchte! Vor allem durch den 1 ½ wöchigen Besuch der beiden Volos aus Bombo hier in Rango, unter denen sich auch ein Kölner befindet, ist da nochmal Einiges zur Sprache gekommen und macht sich in Form von Ohrwürmern in meinem Kopf breit ; ) )   )

Blogschreiben- aber wie???

Wie schon erwähnt, habe ich schon Früher viel und oft geschrieben. Doch mit diesem Blog kam eine neue Form der Ausdruckmöglichkeit hinzu, die ich erstmal näher kennen lernen musste. Was schreibt man in so einen Blog? Wie möchte ich ihn nutzen? Werde ich meinen Lesern (Hilfe, klingt das komisch) alles Erlebte unnötig haarklein schildern? Oder spreche ich nur bestimmte Themen an? Wie viel wollen Andere überhaupt von meinem Leben hier wissen und was möchte ich überhaupt Preis geben? Was darf ich überhaupt Preis geben und was sollte ich lieber nur mit mir selber ausmachen, anstatt es in ins große, weite Internet zu setzten? Inwiefern nutze ich meinen Blog, um mich und meine Gefühle aus zu drücken oder einfach nur Vermittler zwischen verschiedenen Kulturen zu spielen? Was heißt eigentlich „von Erlebnissen aus dem Freiwilligendienst berichten“? Wie oft möchte ich Leser mit meinen viel zu langen Blogeinträgen nerven? Wer liest sich das überhaupt durch?

Diese ganze Fragen waren schon zu Beginn meines Freiwilligendienstes präsent, nur irgendwie wurden sie in den letzten Wochen nochmal intensiver. Ich glaube, das lag vor allem an Weihnachten und Silvester, denn da habe ich richtig gemerkt, wie ich in Gedanken oft beim Blogschreiben war. Ich hatte das Gefühl, ich müsste was über mein Weihnachtsfest und Silvester schreiben, weil das so viele erwarten. Weil Andere gespannt darauf sind, wie ich die Weihnachtszeit denn dieses Jahr verbracht habe, was natürlich auch gerechtfertigt ist. Mir ging es ja genau so: ich hab mich auch gefragt, wie meine Familie, meine Freunde und die ganzen anderen Volos, die in der Welt verteilt sind, diese Festtage verbracht haben. Aber trotzdem hat mir das dann irgendwie Druck gemacht. Mir hat es nicht wirklich Spaß gemacht, zu schreiben (und das kommt eigentlich sehr selten vor).

Da hab ich gemerkt, dass es mir so schon bei einigen Beiträgen ging. Ich habe sie geschrieben, weil ich angenommen habe, dass die Anderen etwas über genau diesen Anlass lesen möchten. Meistens waren das auch echt neue Erfahrungen, die ich gerne mit euch teilen wollte, aber irgendwie fühlte es sich manchmal auch etwas gezwungen an. Nicht, dass ich überhaupt keinen Spaß am Blogschreiben habe, so ist es definitiv nicht! Ich glaube, ich muss nur noch meinen Rhythmus und meine Themen finden, über die ich mit euch sprechen möchte.

Mit Wörter richtig umzugehen, ist manchmal doch schwerer als gedacht

Was mich manchmal demotiviert, ist die Tatsache, dass man Vieles einfach nicht in Worte gefasst bekommt, was ich hier erlebe. Schon so oft habe ich einen Blogeintrag angefangen, drauf los geschrieben -voller Eifer und mit den Erfahrungen und meinen Gefühlen dabei noch deutlich im Kopf- und musste am Ende dann feststellen, dass das, was ich in dem Moment gefühlt habe, die Stimmung, die in dem Augenblick allgegenwärtig war, doch nicht so rüber kommt, wie ich es gerne hätt und wie es wirklich war. Da helfen dann auch Fotos nicht immer. Mit Wörtern umzugehen, ist manchmal doch schwerer als gedacht.

Wie kann man das Gefühl von Freude, Vertrauen in Gott, Ausgelassenheit und Glückseligkeit beschreiben, das aufkommt, wenn man im Gottesdienst in einer Menge an tanzenden, buntgekleideten, klatschenden, winkenden, vor Freude heulenden (damit meine ich eine sehr lebendige und lebensbejahende Mischung aus jauchzen und Wolfsgeheule) und grölenden Menschen steht, beschreiben?

Wie kann man Jemandem diese spezielle Gefühl an Vorfreude auf das bald kommende Volleyball- oder Basketballspiel, Zufriedenheit und Glück beschreiben, das bei mir aufkommt, wenn ich vor mir einige Kinder aus dem Oratorium sehe, die mit ihrem platten Ball auf dem mit Sägespänen bedeckten Boden der Schreinerei gespannt um diese coole Maschine des Ausbildungszentrums hocken, die auf wundersame Art und Weise auch Bälle aufpumpen kann?

Wie kann ich das Gefühl in Worte fassen, dass bei mir aufkommt, wenn jeder im Dunkeln nach der Abendandacht- in seine eigene Welt vertieft- von der Kapelle zum Salon schlufft, um dort gemeinsam zu essen?

Wie kann ich dieses Gefühl von unglaublichen Stolz und Motivation beschreiben, das aufkommt, wenn ich versuche mit Jemandem Kinyarwanda zu sprechen und wirklich ein paar Wort verstehe? Und wie kann ich euch andererseits diese krasse Demotivation und gefühlte Aussichtslosigkeit nahe bringen, die bei mir während genau des gleichen Gespräches aufkommt, wenn ich realisiere, wie viele Wörter es gibt, die ich davor noch kein einziges Mal gehört habe und die mir völlig fremd sind?

Wie kann ich diese Stimmung aus Geborgenheit, etwas Befremdlichem und Gemeinschaft rüberbringen, die aufkommt, wenn ich in der vom Kochen viel zu heißen Schulküche mit den Anderen stehe, das Essen für die Schüler vorbereite, wir währenddessen jeder nen noch heißen Maiskolben essen und irgendjemand spontan anfängt zu tanzen und zu singen?

Wie kann ich mit Worten dieser Gelassenheit und der Gastfreundlichkeit gerecht werden, die ich hier ständig erfahre?

Ich versuche mein Bestes, aber so was kann man im Nachhinein gar nicht richtig festhalten. Das tut mir natürlich leid für euch, weil ich euch das dann nicht so (oder gar nicht) berichten kann.

Andererseits bin ich aber auch irgendwie dankbar, dass ich so viele Sachen erfahre und fühle, die man gar nicht richtig beschreiben kann. Ich bin verdammt nochmal in Ruanda, auf einem anderen Kontinent als meine Familie und meine Freunde, in einer anderen Kultur, mit einer anderen  Sprache, anderen Begebenheiten und anderen Lebenseinstellungen. Da gibt es definitiv Einiges, was für mit neu, vielleicht sogar befremdlich und nicht beschreibbar ist. Und das ist gut so!

Ich kann mich so unendlich glücklich schätzen, dass ich in einer Situation bin, in der ich Momente voller Freude, Vertrauen und Offenheit erleben kann und diese so intensiv/ so einzigartig oder anders sind, dass ich diese dann eben nicht richtig beschreiben kann.

Murabeho und bis zum nächsten Mal

Rike

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  1. Katharina Theune

    Liebe Rike,

    was für ein toller Blogeintrag!
    Ich bin mir sicher, dass dich zumindest die Volos verstehen können, die gerade auf der Welt unterwegs sind und dass gerade diese Erfahrungen und Gefühle so ein riesiger Schatz sind, für den man so dankbar sein kann!
    Deine Worte haben mich wieder an ähnliche Emotionen zurückdenken lassen und dafür danke ich dir.

    Alles Liebe,

    Kathi

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