Halbzeitpause

Es ist faszinierend, wie schnell ein halbes Jahr vergehen kann. Noch vor einigen Jahren konnte ich es nur sehr schwer nachvollziehen, wenn sich beispielsweise meine Mutter beklagte, wie „schnell die Jahre vorbeirasen“. Bis man einmal schaut, ist es schon wieder Silvester und man muss sich wieder einen neuen Kalender kaufen. Dann hat man Geburtstag und es ist wieder eine Kerze mehr auf dem Kuchen; dabei kann man sich an den letzten Geburtstag noch so gut erinnern, als wäre es vorgestern gewesen. Klar, den Großteil meiner Lebenszeit habe ich, so Gott will, hoffentlich noch vor mir, aber jetzt merke auch ich langsam, wie schnell  Zeit vergehen kann. Man schaut sich zusammen Fotos aus einem Familienalbum an und die Fotos sind nicht wie angenommen vor sechs Jahren, sondern schon vor acht Jahren entstanden. Aber mein Freiwilligendienst ist hier gerade das beste Beispiel: Früher als Kind kam einem ein Jahr unendlich lang vor, nun ist man gefühlt vor ein paar Wochen erst angekommen und schon ist wieder ein halbes Jahr vorüber. Für meine Familie zuhause werden die sechs Monate mit Sicherheit gefühlt langsamer vergangen sein als für mich, aber die fremde Umgebung und die neuen Eindrücke ließen die Zeit in Windeseile vergehen. Jedenfalls gab es eins mit Sicherheit im ersten Halbjahr und das war viel Arbeit. Und so freuten wir uns immer mehr auf Entspannung in Form

Stadtpanorama von Brașov – wie man sieht, war es hier noch recht kühluf Erholung in Form

unseres Zwischenseminars, das in Nordserbien stattfinden sollte.

Die Reiseplanung nahmen wir komplett selbst in die Hand, zum Glück konnten wir hier auf die Erfahrungen von Denis zählen, unserem

Vorgänger, der letztes Jahr um die gleiche Zeit dieselbe Reise angetreten hatte. Auch wenn die Strecke weit war (immerhin über 1000 Kilometer insgesamt), entschieden wir uns für den Bus, um möglichst günstig unterwegs zu sein. Um unserer Gesundheit etwas entgegen zu kommen, fuhren wir nicht direkt die 15 Stunden am Stück bis in die rumänische Stadt Timișoara, sondern legten einen Zwischenstopp in Brașov (ehem. Kronstadt) ein. Doch der Reihe nach: Nachdem wir, voll bepackt mit Rucksäcken, Ukulele und Proviant zum Busbahnhof gebracht wurden, machten wir Bekanntschaft mit unserem Reisebus, der vermutlich in Deutschland nicht mehr durch den TÜV gekommen wäre… 🙂 Aber solange der Motor funktioniert, sieht man hier auch großzügig über gesplitterte Windschutzscheibe und Scheinwerfer hinweg! Nach den ersten zwei Stunden Fahrt gab es dann die erste Zwangspause an der Grenze. Wenn man einmal das Prozedere einer ausführlichen EU-Einreisekontrolle durch rumänische Zöllner erlebt hat, ist man gleich doppelt so froh um offene Grenzen innerhalb Europas! 🙂

Einer von vielen Hinweisen auf die deutschsprachige Minderheit in Rumänien

Jenseits der Grenze konnte ich, der zum ersten Mal in Rumänien war, zunächst keine wirklichen Unterschiede zum moldauischen Landschaftsbild feststellen. Einzig die plötzlich vorhandenen LIDL- und Penny-Märkte sorgten bei mir für etwas Heimatgefühl. 🙂 Viel mehr gab es dann aber nach Einbruch der Dunkelheit auch nicht mehr zu sehen und so zuckelten wir auf rumänischen Landstraßen durch die Nacht, bis wir um cirka 0 Uhr an einer einsamen Bushaltestelle am Stadtrand von Brasov ausgesetzt wurden. Von hier aus navigierten wir uns mit Dr. Google zu unserem Hostel, dessen Rezeption glücklicherweise noch besetzt war. Wir hatten uns ein sehr modernes Jugendhostel ausgesucht, das eher wie eine WG gestaltet war. Hier verbrachten wir mit zwei Briten im Zimmer eine erholsame Nacht.

Am nächsten Tag machten wir uns nach einem entspannten Morgenkaffee auf, die Stadt zu erkunden. Hierbei kann ich jedem, der auch nur ansatzweise in die Gegend um Rumänien kommt, einen Besuch in Brașov wirklich wärmstens empfehlen. Die Stadt liegt in einer Senke zwischen den Bergen und hat eine sehenswerte Altstadt mit interessanter Geschichte. Die deutschen Einflüsse sind unverkennbar; die Architektur der Häuser erinnert an die Heimat und man entdeckt an jeder Ecke deutschsprachige Schilder und Einrichtungen. Von einer jungen und sehr kompetenten Stadtführerin haben wir uns in der Gruppe (auf Englisch) durch die Stadt führen lassen und genossen das wunderbare Wetter. Gegen Abend mussten wir uns leider schon wieder auf dem Weg zum Busbahnhof machen, um die nächste Etappe bis Timișoara anzutreten.

Die achtstündige Fahrt konnte ich glücklicherweise fast komplett durchschlafen, was vielleicht auch daran lag, dass ich meinen etwas „gemütlichen“ Sitznachbarn unbeabsichtigt als Kopfkissen missbraucht habe… 😀 Jedenfalls kamen wir um 04:20, fast 45 Minuten früher als geplant an und wanderten (bei Eiseskälte) in die Innenstadt. Eigentlich war es geplant, dass uns der Fahrer nach Belgr

Wunderschöne Abendstimmung an der Belgrader Festung

ad um halb 8 aufsammeln sollte, also wollten wir die Zeit bei einem amerikanischen Schnellrestaurant totschlagen. Das hatte leider noch nicht geöffnet und so verharrten wir draußen in der Kälte und warteten auf bessere Zeiten… 🙂 Urplötzlich kam der erlösende Anruf und der Fahrer teilte uns mit, dass er in 20 Minuten vor Ort sein könne. Neben uns sammelte der Fahrer auch noch drei weitere Männer ein, die nach Belgrad mussten und wir hatten eine

sehr nette, wenn auch rasante Fahrt.

In Belgrad angekommen, waren wir vorerst relativ orientierungslos. Ohne Sprachkenntnisse oder Orientierung in einer fremden Stadt kann man sich wirklich recht verloren fühlen. .. Gott sei Dank gab es in der Nähe wieder ein einschlägiges Schnellrestau

rant (wer hätte es gedacht… :)) und wir konnten dort per Internet den Weg zu unserem Hostel recherchieren, das zum Glück nur zwei

Straßen weiter lag. Wir hätten es fast nicht gefunden, war es doch sehr unauffällig in einem der vielen Mietshäuser im Zentrum gelegen. Die Buchung des Hostels hatten wir komplett Gregor überlassen; er hatte uns jedenfalls nicht enttäuscht! Wir hatten ein komplettes Appartement ganz für uns, mit allem, was dazugehörte. Andreas und ich waren die ersten beiden aus unserer Don Bosco-Gruppe, die anderen sollten wir ge

Gute Stimmung am Abend 🙂

gen Abend am Busbahnhof abholen. Zwei Etagen über uns waren Michelle und Johanna eingezogen, zwei Freiwillige aus einer anderen Organisation. Mit ihnen machten wir uns auf den Weg und erkundeten zusammen die Innenstadt und die alte Festung. Abends holten wir Flora ab, die mit dem Bus aus Montenegro angekommen war. Gregor und Bettina hätten eigentlich auch schon vor Ort sein sollen, aber aufgrund diverser Komplikationen bei der Reise verspäteten sie sich um einige Stunden. Spät am Abend gab es aber trotzdem ein großes Wiedersehen mit viel Nudeln und Wein und so fielen wir alle erschöpft ins Bett.

Der nächste Tag begann regnerisch, aber das konnte uns nicht davon abhalten, diesmal vollzählig die Stadt zu besichtigen. Neben der Festung besuchten wir unter anderem auch noch ein kleines orthodoxes Kloster und die prächtige Krypta des größten Doms im Land. Für mehr Besichtigungen unter freiem Himmel konnten wir uns nicht mehr durchringen, da das anfängliche Nieseln leider in einen Platzregen ausgeartet war. Zu Mittag aßen wir in einem typisch serbischen Restaurant, machten viele lustige Fotos und lernten Louisa kennen, die ebenfalls auf dem Weg zum Seminar aus Sofia, Bulgarien angereist war. Sie schloss sich uns auch noch an und zusammen ließen wir den Tag in einer der vielen (noch verrauchten) Kneipen mit Livemusik ausklingen.

Zusammen waren wir schon ungefähr die Hälfte aller Seminarteilehmer!

Ärgerlicherweise war das Wetter am dritten Tag, dem Tag unserer Weiterreise zum Seminar, wieder wunderbar, aber man kann ja nicht alles haben… 🙂 Da wir schon gegen Mittag am Bus sein mussten, blieb uns nur noch Zeit für…… RICHTIG, natürlich die Festung, denn Louisa hatte sie auch noch nicht besichtigt. Wenn man schon dreimal dort war, ist das ganze natürlich auch nicht mehr besonders interessant, aber im Allgemeinen ist die Besichtigung wirklich sehenswert. Neben einer fantastischen Aussicht über Save und Donau gibt es dort eine Ausstellung lebensgroßer Dinosaurier sowie eine Sammlung verschiedener Panzer und Haubitzen. Danach ging es auch schon schwer bepackt zum Busbahnhof, wo wir die cirka 2,5-stündige Busfahrt zum Zwischenseminar nach Mali Idos antraten. Alle Ereignisse des Zwischenseminars auch noch in diesen Beitrag zu schreiben, würde jedoch den Rahmen sprengen 🙂 Aber lange willich euch nicht auf die Folter spannen, Teil 2 kommt in Kürze!

Bis dahin wünscht euch liebe Grüße

Aaron

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