Von Weckern, Durak und anderen Geschichten – unsere Tagesroutine

Das „Gimnaziul Nr. 31“, die Schule für fast alle Kinder aus der Gegend

„Was treibst du hier eigentlich so die ganze Zeit?“ „Was sind deine Aufgaben?“ „Hast du viel zu tun oder gibt es zwischendurch auch Zeit zum Entspannen?“ – mit diesen Fragen wurde ich in letzter Zeit sehr häufig konfrontiert. Natürlich habe ich allen, die mich kontaktiert haben, einen Überblick über meinen Tagesablauf gegeben, aber so richtig ausführlich konnte ich über WhatsApp und Co. irgendwie auch nicht werden… Nachdem ich jetzt auch schon etwas über einen Monat hier vor Ort bin und bis auf das ein oder andere neue Erlebnis in der Tagesroutine angelangt bin, gebe ich euch einen ausführlichen Überblick über meinen normalen Wochenablauf und alles weitere. Ich hoffe, ihr verzeiht mir, wenn ich ab und zu ein wenig abschweife, aber ich will euch ja mit Details nicht verschonen… 🙂

Wie aus Schulzeiten gewöhnt, klingelt mein Wecker an normalen Wochentagen um 06:30 Uhr. Naja, „gewöhnt“ ist wohl etwas optimistisch, denn wie vermutlich die meisten meiner Volo-Kollegen habe ich in den Wochen nach den Abiturprüfungen meine freien Tage exzessiv benutzt, meine über all die Jahre verlorenen Stunden an Schlaf zu kompensieren… 😉 Jedenfalls erklingt jeden Morgen pünktlich der melodische Wecker von Andreas (mit „melodisch“ ist das Lied „International You Day“ von No Use For A Name gemeint, wen es interessiert… :)) und eine halbe Stunde später begeben wir uns durch die mittlerweile schon ziemlich kühle Morgenluft hinüber ins „Casa Familia“. Dort ist es seit cirka eineinhalb Wochen unsere Aufgabe, das Frühstück für die Jungs herzurichten, da die bisher dafür zuständige Studentin Maria nach Italien zurückgekehrt ist. Je nach Tagesplan bereiten wir dort Milch mit Müsli, Haferflockenbrei, Griesbrei oder Hirse mit Reis zu. Ergänzt wird dieses Basisgericht entweder mit Käsebroten oder Salamibrot. Zu trinken gibt es Tee. Wenn die Jungs dann alle aus den Federn gekommen sind, frühstücken wir gemeinsam. Der Älteste der Jungen frühstückt schon früher als alle anderen, da er nicht wie alle anderen die Schule in der Nachbarschaft besucht, sondern schon auf die Oberschule geht. Diese befindet sich in einem anderen Stadtteil und somit muss er das Haus früher als alle anderen verlassen.

Um 10 Minuten vor acht (so sollte es zumindest sein) begleiten wir die Jungs zur Schule. Der Weg ist nicht weit; das

Das Oratorium bei Nacht

„Gimnaziul Nr. 31“ befindet sich nur zehn Minuten vom Centrul Don Bosco entfernt. Das Gimnaziul hier ist nicht mit dem deutschen Gymnasium zu vergleichen; es ist eher eine Kombination aus Grund- und Sekundarschule, in der alle Kinder von der ersten bis zur neunten Klasse gemeinsam unterrichtet werden, ehe sie sich für ihre weitere Schul/-Berufswahl entscheiden. Wenn die Kinder in der Schule sind, haben wir den Vormittag über genug Zeit, um Rumänisch zu lernen, allgemeine Schreibarbeit zu erledigen oder uns auch noch mal ein bisschen hinzulegen… 😉 Um 12 Uhr essen wir bei den Salesianern zu Mittag, da die Kinder in der Schule verpflegt werden. Man merkt deutlich, dass wir uns in der italienischen Provinz der Salesianer befinden: die Spaghetti als Vorspeise stehen ausnahmslos jeden Tag auf dem Tisch! Ansonsten ist das Essen jedoch eher moldauisch; Gemüse und Fleisch (außer Freitags!) stehen häufig auf dem Speiseplan.

Nach dem Essen brechen wir zu unserem Rumänischunterricht auf, den wir dreimal die Woche nehmen. Den Unterricht gibt uns Olga, eine sehr nette Lehrerin, die Englisch, Rumänisch und Russisch spricht. Neben Grammatik und Wortschatz gibt sie uns gern auch mal die ein oder andere Anekdote über Land und Leute oder Geschichten aus ihrer Kindheit im äußersten Norden des Landes mit auf den Weg. Wir treffen uns immer an der Nationalbibliothek; das Wetter lässt es jedoch fast immer zu, dass wir uns auf den Vorplatz in die Sonne setzen. Falls wir keinen Unterricht haben, gehen wir um 15 Uhr Albert von der Schule abholen. Jedoch muss man sagen, dass wir dafür eher selten Zeit haben, denn an den unterrichtsfreien Tagen (Dienstag und Freitag) haben wir noch eine spezielle Aufgabe. Hierzu muss ich im Vorfeld erklären, dass auf dem Don-Bosco-Gelände eine gut ausgestattete Werkstatt liegt, in dem Lehrlinge ihre Ausbildung zum Schweißer absolvieren können. Da hier in Chișinău nur der praktische Teil der Ausbildung erfolgen kann, müssen wir zusammen mit Victor (wer das ist, erkläre ich noch genauer) die Lehrlinge aus zwei anderen Orten an der Berufsschule abholen und nach Chișinău fahren. Da heißt es sehr früh aufstehen, dass die Praxiseinheit rechtzeitig um 9 Uhr beginnen kann! Dabei legen wir beachtliche Wegstrecken zurück: die Strecke nach Hîncești (40 km) fahren wir dreimal und die nach Căușeni (knappe 80 km) zweimal hin und zurück. Zum Verkehr vor Ort plane ich jedoch noch einen zusätzlichen Beitrag… 😉

Nach dem Abendessen findet von 20 bis 21 Uhr das Oratorium statt. Das Oratorium gibt es in quasi jeder Don-Bosco-Einrichtung in irgendeiner Form; hier können alle Kinder und Jugendlichen die wollen in ungezwungener Atmosphäre zum Spielen kommen oder sich einfach nur austauschen. Zur Verfügung stehen uns ein großer Außenbereich mit Kunstrasen-Fußballplatz, Basketballfeld und Volleyballplatz. Des Weiteren gibt es einen Innenbereich mit vielen Kickern, Tischtennisplatten und einer großen Auswahl an Karten- und Brettspielen. Hier haben mir die Jungs schon „Durak“ (zu deutsch Dummkopf), ein populäres russisches Kartenspiel beigebracht. Das ist wirklich sehr lustig und im Gegensatz zum Schafkopfen kann man nicht sooo viel falsch machen… 😀

Typisch Jungs – normaler Fußball wäre ja langweilig 😀

Nach dem Oratorium gibt es noch von Don Tiziono oder von Don Andrei die altbekannte „Gute Nacht“. Das ist ein Don-Bosco-typisches Abendritual, in dem eine kleine Geschichte erzählt wird. Das kann eine Lebensweisheit sein oder einfach nur ein schöner Gedanke, den man mit ins Bett nimmt. Abschließend gibt es noch ein Ave-Maria/Vaterunser und dann geht’s ab ins Bett, um fit für den neuen Tag zu sein.

Am Wochenende ist der Tagesplan etwas entzerrt. Die Jungs können länger schlafen, allerdings steht am Samstagvormittag Zimmer-Putzen und Hausarbeit und am Sonntagvormittag der Gottesdienst auf dem Plan, der auch immer brav von allen besucht wird. Am Nachmittag hat das Oratorium geöffnet und es bleibt Zeit zum Computerspielen und für andere Aktivitäten. Am Sonntagabend haben Andreas und ich genauso wie am Donnerstagabend unsere Zeit zur freien Verfügung.

SO! Wer es bis hierhin durchgehalten hat – bravo! Ich weiß, ich erschlage euch mit Informationen, aber besser ausführlich als nie! 😉 Mein nächster Beitrag kommt mit Sicherheit bald und ich habe noch einiges zu erzählen… 🙂

Ich grüße euch alle, ob Mitvolontär oder ganz normaler Leser und wünsche euch noch schöne Oktobertage!

Bis bald/Pe curînd

Euer Aaron