Für diesen Blogeintrag habe ich von jedem Werktag der vergangenen Woche ein Element gesammelt, von dem ich euch hier erzählen möchte. Weil das alles Alltagssituationen sind, gibt es diesmal leider keine Fotos, aber dafür umso mehr Worte:

Montag

Seit das Maison du Soleil ins Foyer umgezogen haben die Babys/Kleinkinder nicht nur mehr Platz und gehen regelmäßig raus, sondern es sind auch ständig Menschen um sie herum, die begeistert von ihnen sind. Soweit zumindest einmal die Vorteile des Umzugs. (Einer ist auch, dass ich die Babys/Kleinkinder nun wesentlich öfters sehe, da das Foyer ja auf dem Gelände hier ist.) Letzen Montagvormittag bei meiner Maison-du-Soleil-Schicht kam es dann dennoch zu der Situation, dass ich für eine knappe Stunde mit sechs, und dann schließlich sieben der Kleinen alleine war. Und das Ganze in einer absoluten Aktivphase der Babys/Kleinkinder. Wie kann man sich diese Situation nun vorstellen? Während zwei, oft auch drei, der Kleinen die ganze Zeit geweint haben, haben mindestens zwei weitere immer irgendeinen Schmarrn angestellt: Radio einschalten, das Jesuskreuz vom Altar klauen, den Blumenständer umreißen,… Die Bande durch kleine Singsänge zu beruhigen hat kaum funktioniert. Und so lief ich zu einem Kind, dass gerade am Vorhang zerrte, zwei Sekunden später war ich bei einem weinenden Kind, dass ich kurz in den Arm nahm und zu beruhigen versuchte. Wenn es aufgehört hatte zu weinen, ging es zum nächsten Kind, das mit einem Kabel in der Steckdose spielte. „Nein, mach das nicht. Spiel lieber mit der Flasche!“ Währenddessen weinte das Kind, welches ich eben beruhigt hatte, natürlich schon wieder im Chor mit zwei weiteren. Puh. Meine Hose war nach kurzer Zeit nass vom eigenen Schweiß. Ich schaffte es mich ein bisschen zu beruhigen, indem ich anfing mit den Kindern und mir selbst auf Deutsch zu reden. Weil ich bemerkt hatte, wie einige von ihnen sich amüsierten, wenn ich eines der anderen in der Luft herumwirbelte, um die Tränen zumindest für einen kleinen Moment in Lächeln umzuwandeln, hatte ich eine Idee. Ich begann ganz komische Geräusche von mir zu geben: Arrrrrgogogogoblülülü – irgendeine wirre Aneinanderreihung von Buchstaben. Dazu lief ich vom einen Raumende zum anderen, immer wieder in die Luft springend, machte Hampelmänner und Pirouetten. Hätte mich jemand gesehen, hätte die Person mich wohl für komplett verrückt gehalten. Aber mein Plan ging auf: Die Kleinen waren so verdutzt, dass sie ganz vergaßen, dass sie eben noch Unfug gemacht oder geweint hatten. Ein paar lachten oder versuchten sogar mitzumachen. Zumindest für ein paar Minuten. Dann fiel ihnen wieder ein, dass sie ja eigentlich gerade traurig waren, aber die Minuten hatten sich definitiv schon gelohnt. Ungefähr eine Stunde später befand ich mich übrigens wieder in derselben Ausgangssituation: 7 Kleinkinder, selber Raum. Jedoch ein großer Unterschied, denn diesmal sprechen wir nicht von der Aktivphase: Die Kinder waren gewickelt, satt und schliefen. Und so konnte auch ich mich einfach inmitten der Kleinen legen und mich ausruhen.

Dienstag

Dienstagnacht hatte ich einen intensiven Traum: Nach zwei Monaten hier müssen Valerie und ich abrupt aufbrechen und wieder zurück nach Deutschland fliegen. Vor meinem inneren Auge sah ich all die Kinder und Eindrücke, die ich hier sammeln konnte, und der Herzschmerz war tief. Dann wachte ich auf und war absolut dankbar hier noch neun Monate bleiben zu dürfen. Hoffentlich, falls uns keine Pandemie oder dergleichen einen Strich durch die Rechnung macht 😉 . Ich träume ziemlich häufig und sehr intensiv und so gab es auch schon gegenteilige Träume: Bei diesen bin ich aufgewacht und dachte ich wäre in unserem Familienhaus in Passau in meinem Bett. Dann musste ich erst einmal drauf klarkommen, dass ich hier in Benin bin, 7.000 Kilometer von meinem vertrauten zu Hause weg und alles ein bisschen anders… Der Traum vom Dienstagmorgen allerdings, hat mich all das, was ich hier erleben darf, nochmal mehr genießen lassen. Und v.a. wurde mir wieder einmal bewusst, dass es keine Selbstverständlichkeit ist. Ich hoffe, dass ich mich noch lange an dieses Gefühl nach dem Aufwachen am Dienstagmorgen erinnern kann!

Mittwoch

Fächervögel: Das war das Bastelprojekt, dass ich mir für den Mittwochnachmittag in der Baracke überlegt hatte. Weil das Beispielbasteln und Ausschneiden von Flügeln, Schnäbeln und Augen länger gedauert hatte, als erwartet, kam ich eine halbe Stunde zu spät in die Baracke. Nach einer weiteren halben Stunde war der Sensibilisierungskurs vorbei und das Bastelprojekt konnte beginnen. Die Marktmädchen haben wirklich jede Menge toller Eigenschaften an sich. Geduld würde ich bei den meisten allerdings nicht unbedingt dazuzählen. Und da ich mittwochnachmittags ohne Valerie in der Baracke bin, war es relativ stressig, da ich keine vier Arme und zwei Köpfe habe: Sachen austeilen, erklären wie die Mädchen vorgehen müssen und bei der Umsetzung helfen war nun angesagt. Kleber ist stets mein größter Feind beim Basteln: Oft halten kleine Teilchen (hier: Auge, Flügel, Schnabel) nur schlecht und die Hände sind nach kurzer Zeit voll mit dem Klebezeugs. Irgendwann hatten es aber alle der diesmal knapp 20 Mädchen geschafft, ein hübsches Vögelchen zu basteln. Kurz darauf fing Mädchen A. an, Mädchen B. ein Klatschspiel zu zeigen, dass ich vor ca. drei Wochen schon einmal von Mädchen C. gelernt hatte. Durch Mädchen A. konnte ich das Klatschspiel nochmal eben auffrischen und plötzlich standen die Mädchen Schlange. Ok nein, so geordnet ging es nicht zu, ihr wisst, Geduld und so… Alle wollten dieses eine Klatschspiel von Mädchen A. und mir lernen oder sich darin verbessern. Das war zwar recht anstrengend, weil man die Arme sehr schnell bewegen, dazu das Sprüchlein aufsagen und zwischendurch immer wieder verhandeln muss, wer als nächstes darf, aber es war extrem spaßig und das Adrenalin hat gekickt. Zwischendurch warf ich noch „Empampi“ und „Beim Müller hat´s gebrannt“ ein, weil diese Klatschspiele etwas entspannter und v.a. für die Jüngeren leichter sind. Als ich nach fast einer Stunde einen ruhigen Moment fand, begann ich die Vögel an der Decke aufzuhängen, wozu mir dankenswerterweise sofort ein paar der Mädchen zu Hilfe eilten. Nachdem die Baracke anschließend durchgekehrt wurde, half ich noch zwei Mädchen ihre schwere Ware auf den Kopf zu heben. Auf meinem Weg zur Straße begleiteten mich ein paar der Mädchen. An der Straße stehend spielten wir noch die letzten Klatschspiele des Tages (Jap, die Mädchen diesmal mit den großen Körben auf den Köpfen. Einfach nur beeindruckend!) Nachdem der erste Zemfahrer „Zogbo – Don Bosco“ nicht kannte und ich mit dem zweiten preislich nicht auf einen Nenner kam, stieg ich schließlich auf das dritte auf, winkte den Mädchen zu und brauste durch das bunte Benin.

Donnerstag

Am Donnerstagmorgen haben Valerie und ich Stress, jedes Mal! Das ganze Thema Zeitorganisation und v.a. morgens aus dem Bett kommen ist gar nicht so einfach. Der Donnerstag ist der einzige Tag, an dem wir (um Punkt 7:15 Uhr) mit einer der Schwestern mit dem Auto fahren: Zum Maison de l´Espérance. Da seit Neuestem wegen des Umzugs aber auch noch sämtliche Mütter mitfahren, wird es ganz schön kuschelig in dem kleinen Bus. Die Tür lässt sich oft nicht ganz schließen, und Gurte? Fehlanzeige. Sobald man sich dann auf den Straßen befindet wird gebetet. Manchmal sogar die ganze Fahrt lang. Valeries und mein Mund allerdings bleibt meist geschlossen, schon alleine, weil wir die Texte nicht kennen. Mein Resultat: Auto fahren ist ganz ok, aber gegen Zemfahrten kommt es nicht an. Das einziges Argument ist, dass man nicht zahlen muss!

Freitag

Tatsächlich kannte hier in Benin noch niemand mit dem wir darüber gesprochen haben Adventskalender. Wir wollten trotzdem gerne welche aus Papier mit den Kindern basteln. Zumindest ein Türchen für jeden Adventssonntag. Begonnen hat das Bastelprojekt also am Freitagvormittag in der École alternative damit, dass die Kinder erstmal ein Weihnachtsbild auf die eine Papierseite malen sollten. Nachdem die Kinder nach einer ganzen Weile allerdings noch immer ratlos vor ihren weißen Blättern saßen, begriffen Valerie und ich, dass die Aufgabe wohl für die meisten Kinder schwerer war, als gedacht. Mit der Zeit schafften wir es mit den Kindern Ideen zu sammeln und ihnen zu zeigen, wie man einen Weihnachtsbaum oder einen Stapel Geschenke malt. Ein Junge wollte einen Schneemann zeichnen, woraufhin ich ihm Schritt für Schritt die Vorgehensweise zeigte. Ich musste ein bisschen schmunzeln, als mir bewusst wurde, dass er wohl gar nicht weiß, warum man die Nase so eckig (Karotte) und die Hände eines Schneemanns so dünn (Äste) malt. Als er dann beim Ausmalen ganz selbstbewusst zu einem gelben Stift griff, überlegte ich einen kleinen Moment, ob ich ihn unterbrechen und erklären sollte, dass man einen Schneemann meist hellblau malt. Aber ich entschied mich dagegen, so genau muss man es dann auch nicht nehmen. Die beiden anderen Kugeln wurden rot und grün gefärbt. Bewusst die Farben der beninischen Flagge? 😉
Wenn ich ehrlich bin war der Rest der Basteleinheit noch etwas chaotisch, weil das Bastelprojekt summa summarum wohl anspruchsvoller war, als eingeschätzt. Am Ende jedoch konnten sich die meisten Kinder über einen kleinen Adventskalender freuen!

LG und genießt den Schnee, den es wie mir zugeflüstert wurde in Passau bereits gibt! Falls jemand von euch einen kleinen Schneemann baut, gerne her mit den Fotos 🙂

Eure Teresa