„Wie kann man jemand sooo krass vermissen, wie ich dich in diesem scheiß Augenblick?“ (Juju feat. Henning May)

Möglicherweise habt ihr meine Blogartikel in letzter Zeit vermisst… vielleicht auch nicht. Heute geht es aber tatsächlich um …. tam tam… Vermissen.

So hör ich doch recht oft: „Extrañas tu familia?“ (Vermisst du deine Familie?), „Na Simon vermisst du Deutschland schon?“, „Was vermisst du am meisten?“, „Vermisst du die U-Bar?“ oder „Vermisst du uns überhaupt oder bleibst du gleich drüben?“

Nun für alle, die finden, dass ihre Fragen nicht ausreichend beantwortet wurden, hier kommt die ultimative Antwort!

Erstmal, natürlich vermisse ich meine Heimat, jetzt wo ich schon über ein halbes Jahr nicht mehr daheim war. Vor allem vermisse ich, glaube ich die Menschen. Aber ich will jetzt ja auch keine Rangliste machen, wen ich hier am meisten vermisse, und mich dann am Ende auch noch rechtfertigen müssen, warum ich die Tante Gerda aus Hinterdupfing dann doch nicht so sehr vermisse. Deswegen konzentriere ich mich mehr auf Dinge. So habe ich nämlich in den letzten Wochen eine kleine Liste angelegt, was mir hier in Argentinien so abgeht. Und damit starte ich jetzt einfach mal durch.

Deutsche Bahn

„Alter ey schon wieder 10 Minuten Verspätung, Kack Bahn Digger!“. Wie kann man nur die Deutsche Bahn !?!?! vermissen… Grundsätzlich bin ich immer schon gern Bahn gefahren, wobei ich mich vielleicht auch ab und zu wie der Großteil der Deutschen schon auch über verspätete Ankunftszeiten aufgeregt habe. In Argentinien wartet man gerne auch mal 2 Stunden auf seinen colectivo (Fernbus), aber irgendwie stört mich das gar nicht so krass und das ist auch nicht der Grund warum ich die DB so vermisse. Mein Vermissen ist hier glaub ich eher ein weniger reflektertiertes. Ich würd mir einfach gern mal wieder ein Bayernticket am Automaten ziehen, dann mit dem Zug sanft durch die Landschaft gleiten, darauf warten, dass der Schaffner einen kontrolliert und am Hauptbahnhof München hektisch in die S-Bahn, U-Bahn oder die Werdenfelsbahn Richtung Benediktbeuern umsteigen.

Fahrrad fahren

Ich bin auch noch kein einziges Mal in Argentinien Rad gefahren, und es ist an vielen Orten hier auch nicht zu empfehlen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man von einem Auto oder Bus abgeräumt wird, ist dann doch ziemlich hoch. So ein deutscher Fahrradweg ist schon ein ziemliches Paradies. Auch freu ich mich, wenn ich durch mein Fahrrad einfach wieder unabhängig bin und zu jeder Zeit an jeden beliebigen Ort fahren kann. Und genauso fehlen mir die Momente, wenn man nachts nach einen Bierchen (sicher nicht mehr – ich bin ja immer verkehrssicher unterwegs ^^) durch die schlafende Stadt und manche spärlich beleuchtete Straße nach Hause radelt… das sind für mich oft ganz besondere Augenblicke.

deutsche Bürokratie in Ämtern

Wer mich kennt, weiß, dass ich grundsätzlich ein sehr in mir ruhender Mensch bin, und man mich nur selten dazu bringt, dass ich mich richtig aufrege. Wenn mich in Argentinien allerdings irgendwas aus der Fassung bringt, dann hängt es meist mit irgendwelchen Ämtern, offiziellen Stellen (gutes Beispiel: die Post) oder ähnlichem zusammen. Erstmal geht man natürlich immer mit argentinischer Gemütlichkeit ran, was wenn es dann funktionieren würde, ja kein Stress wäre, aber oft hat halt keiner irgendeine Ahnung und schlussendlich wartet man einfach unendlich lang, dafür, dass am Schluss nix funktioniert hat. In diesem Sinne: Ich liebe die deutsche Organisation und dass man sich da so wenig Sorgen machen muss, dass man bekommt, was man braucht.

Warme Leberkassemmel

…ist einfach verdammt lecker und kein Pancho (argentinischer Hot Dog) kann da ansatzweise mithalten… und dann noch der Senf… <3

U-Bar

Die U-Bar hätte natürlich einen eigenen Artikel verdient. Sie ist einfach wundervoll. Versteckt im Untergrund der von Kneipen gesäumten Regensburger Innenstadt wird sie von vielen wegen ihrem Schmuddel-Flair auch absichtlich übersehen. Für mich und meine Kumpels ist sie jedoch ein Garant für einen verdammt guten Abend. Der ein oder andere Tripledecker gepaart mit den besten 90er-Hits und die Reisegruppe Oberhansl ist nicht mehr zu halten. Grüße gehen raus an Thomas, Merti, Johnny alias Upchub, Marcel, Matthias, Tobi und Diermi… <3

Fuchsberger

Argentinisches Bier ist mega nice. Da gibt es nicht viel auszusetzen. Von Quilmes über Andes bis zu Patagonia hat man echt gute Brauereien hier. Und auch das cerveza artesanal (selbstgemachtes Craftbier) überzeugt, so bin ich schon zu nem echten IPA-Liebhaber geworden. Aber es geht halt doch nichts über so n schönes Kistl Fuchsberger.

Oberpfälzer Seenlandschaft

Hier in Santiago ist es ziemlich trocken… und es ist eben. Es gibt einen schönen Fluss und einen Wald, der zwar riesig ist, aber nicht sehr dicht und die Bäume sind auch nicht hoch. Da ist so ein oberpfälzer Wald schon was anderes, zusammen mit wunderschönen Seen dazwischen, umgeben von sanften Hügeln… da hat man da einfach einen fantastischen Ort um Fahrrad zu fahren, spazieren oder ne Runde laufen zu gehen. An alle nicht Oberpfälzer: es sei euch die Tourismusregion Wackersdorf empfohlen!!!

Regensburgs Kulturangebot

Regensburg hat (wie möglicherweise viele andere Studentenstädte auch) ein verdammt geiles Kulturangebot, in das ich mich in den letzten Jahren echt verliebt habe. Es gibt wunderbare kleine Indie-Konzerte in der Mälze oder in der Heimat, es gibt Poetry Slams, es gibt die Altstadt-Kinos, die Popkulturwoche, und und und… Für dieses Jahr begnüge ich mich jedoch mit Folklore (Chacarera), Hip-Hop-Battles und vielleicht schaff ich’s auch noch mal in ein santiagueñisches Kino. Umso mehr freu ich mich dann darauf mit Fabi, Ruth, Jil und Co. wieder Regensburger Kleinkunst zu genießen oder vielleicht sogar zu einem Bukahara Konzert zu gehen ^^

ebene Gehwege

Es muss ein Genie gewesen sein, wer sich ausgedacht hat, dass Bürgersteige in Deutschland einheitlich von der Gemeinde oder Stadt gebaut werden. Der Gehkomfort wird so wahnsinnig erhöht. Die Flickenteppiche hier in Argentinien sind oft echt eine Zumutung und ich bin wirklich schon unzählige Male gestolpert, was mich jedes Mal wieder auf die Palme bringt. Gefährlich wirds dann, wenn man laufen geht und das Stolpern zu einem unsanften Ganzkörperkontakt mit dem hiesigen Trottoir führt. Aber zumindest lerne ich hier somit jetzt nicht mehr so zu „schloifen“, sondern meine Füße auch wirklich anzuheben.

Pfandflaschen

Props gehen auch raus an den Erfinder des Pfandsystems. Man kann Flaschen wieder befüllen, statt sie immer gleich nach einer einzigen Verwendung wegzuschmeißen und zu zerstören… kraaaaasss. Aber kein Vorwurf an Argentinien, wenn nicht mal unsere Nachbarn aus Österreich das auf die Kette bekommen. Allgemein gibt es hier neben Plastikflaschen auch viel anderen Müll, aber ich bin sehr froh, dass unser Oratorio hier eine Pionierrolle in Sachen Mülltrennung und bewusster Umgang mit unserer Umwelt einnimmt.

Mein Bett

Guuut durch die vielen Studentenzimmer, die ich in letzter Zeit bewohnt habe, bin ich eigentlich kleinere Betten schon gewohnt. Aber so ein 1,40 x 2,20 Bett hat schon was… besonders als ich beim letzten Jugendtreffen einige Nächte auf dem blanken Boden geschlafen habe, hab ich sehnsüchtig an mein großes Bett daheim in Wackersdorf zurückgedacht.

Italienische Pizza

Argentinier feiern Pizza und essen ganz viel davon. Jedoch machen sie sie etwas anders als die Italiener. Es gibt einen sehr dicken, fluffigen Boden, Tomatensauce wird fast komplett weggelassen, dann folgt der Cremoso-Käse, der mir manchmal auch etwas komisch vorkommt und schlussendlich kommt ganz oben der Belag wie zum Beispiel Salami, Tomaten oder ähnliches drauf. Ist schon lecker, aber halt nicht die Pizza wie man sie so kennt.

Apfelschorle – Johannisbeerschorle

„Misch dir doch deine Apfelschorle, kann ja wohl nicht so schwer sein, Apfelsaft und Mineralwasser zu kaufen!“ Tja doch ist es… Es gibt zwar Apfelsaft, aber Saft hier und Saft in Deutschland sind unterschiedlich. Hier gibt es keinen Direktsaft oder auch keinen Saft aus Konzentrat mit 100% Fruchtgehalt. Meistens liegt dieser bei so 50% oder etwas höher und dann kommen halt noch irgendwelche Zusatzstoffe mit rein. Sehr kommun ist auch Saftpulver, besonders hier in Santiago, weils einfach günstiger ist. Und Johannisbeersaft ist schon mal sowieso nicht vorhanden, insofern muss ich auf meine Schorle wohl noch etwas warten und weiter fleißig Gaseosa (Limo) trinken.

Altstädte

Ich will einfach keine Quadrate mehr zäääääählen. Argentinische Städte sind nach amerikanischem Muster schön geordnet quadratisch aufgebaut. Um einem den Weg zu beschreiben nutzt man somit einfach die Anzahl der „cuadras“ bis man abbiegen muss. In großen Städten sieht dann oft auch noch alles ziemlich gleich aus und man verirrt sich recht leicht. Das Zentrum einer südamerikanischen Stadt ist somit auch meist recht ähnlich. Ein quadratischer Platz, der einem Park ähnelt. An den Kanten des Quadrates findet sich meist die Kathedrale und das Rathaus und an jeder Ecke des Quadrats strömen zwei Straßen aus in die Tiefe der Stadt. Joa die Ecken sehen, wie soll es auch anders sein, auch sehr gleich aus… wo gehts denn hier nach Haaaaausseeee? Ich freu mich deswegen mega auf schiefe, enge, kurvige Wege und Gässchen zwischen gotischen Kirchen und barocken Theatern.

Skifahren

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen das Skifahren mit meinem Freiwilligenjahr an den Nagel zu hängen. Umwelttechnisch macht das schon nicht so viel Sinn und der Schnee wird eh weniger. Aber es macht einfach so verdammt viel Spaß und wie viele tolle Bilder ich diesen Winter wieder in den Insta-Storys gesehen hab… da entsteht schon eine Sehnsucht… und Schiiifoan is oanfach des leiwandste!!! Insofern vielleicht sehen mich das Lizum, das Kühtai oder das Brauneck doch noch mal wieder.

Deutsches Brot

In Santa Cruz in Bolivien müsste man leben, wo die Volos direkt im Projekt eine Bäckerei haben, die original deutsches Brot herstellt. Hier bei uns hat man nur die Auswahl zwischen „pan arabe“ (Art Fladenbrot), „pan frances“ (Art Baguette) und ganz vielen anderen Weißbrotsorten. Es is einfach alles aus Weizen. Da glänzt so ein Bauernbrot oder ein Vollkornbrot dagegen schon ziemlich. Und auch in Argentinien weiß man um das besondere „pan alemán“ und wer schon mal in Deutschland war, schwärmt davon.

Nein ihr müsst mir jetzt keine Pakete schicken!

Also auch wenn das in der Ansammlung der Sachen, die ich vermisse, vielleicht so klingen mag, als würd ich traurig in der Ecke sitzen und Deutschland nachtrauern, so ist es nicht ^^ Und ihr müsst mir nun auch keinen Leberkäs oder Fuchsbergerbier rüber schicken. Während dem Schreiben, habe ich auch daran gedacht, wie viele Sachen aus Argentinien ich in Deutschland vermissen werde. Insofern vielleicht gibts dann gegen Ende meiner Zeit hier dann das selbe noch mal anders herum.

Und ich bin weiterhin auf der Suche nach Spenden für das Projekt also sprecht eure Eltern, Verwandten, Geschwister, Freunde an, ob sie nicht ein paar Euro übrig haben. Auch ganz viele kleine Spenden können echt nen Unterschied machen. Das Spendenkonto findet ihr direkt hier im Blog unter dem Menüpunkt Spenden. Und ein riesiges Danke an alle, die schon gespendet haben. Ihr seid einfach genial 😊

Un gran abrazo

Simon