Teil III der Titelserie „Messi-Mate-Merienda“

Nachdem wir den ein oder anderen Reisetag hinter uns gebracht haben und jetzt auch schon zwei andere, mit Volontären aus unserer Don-Bosco-Gruppe besetzte, Projekte besucht haben, sind Martha und ich mittlerweile wieder in unserer argentinischen Heimat in Santiago angekommen. Dort ist es zurzeit ziemlich ruhig, der Großteil der Bevölkerung versteckt sich fast den ganzen Tag vor der gerade enormen Hitze (es hat fast jeden Tag 40° oder mehr … queeeee calooooooooor). Somit haben Martha und ich nun ganz gut Zeit uns mental auf die Sommerfreizeit im Oratorio – die „colonia de verano“- einzustellen oder die Salesianer zu bekochen. Und damit wären wir auch schon beim Thema für heute.

Denn dieser Blogeintrag soll sich ums Essen drehen. Wer meinen Blog schon ein wenig verfolgt hat, dem ist höchstwahrscheinlich schon bekannt, was eine Merienda ist. Für alle, die noch nicht erleuchtet worden sind: Merienda bezeichnet in Argentinien eine Zwischenmahlzeit, die irgendwann in der langen Pause zwischen Mittagessen (ca. 12:00 oder 13:00) und Abendessen (ca. 22:00) eingenommen wird. Im Oratorio besteht diese Mahlzeit aus Weißbrot (oder wenn es gut läuft und etwas gespendet wurde, aus süßen Gebäckteilchen), Trinkjoghurt und Mate cocido (also die Beutelversion von Mate). Wenn man sich jetzt in ein Café setzt und sich dort eine Merienda gönnte, kann das ganze natürlich noch etwas reichhaltiger ausfallen, zum Beispiel durch verschiedene Aufstriche (wie dem argentinischen Favoriten: dulce de leche), einen Fruchtsaft oder ähnliches.

eine kleine Merienda

Da ich jetzt aber nicht einen ganzen Blogeintrag nur über Weißbrot und dulce de leche palabern will, werde ich das ganze allgemein auf Essen ausweiten.

Die vier verschiedenen Mahlzeiten in Argentinien

Grundsätzlich gibt es an einem argentinischen Tag 4-mal etwas zu Essen. Dabei sind sich jeweils zwei Mahlzeiten immer sehr ähnlich bzw. fast gleich. So besteht desayuno (Frühstück) und merienda zu 95% aus den gleichen Lebensmitteln und almuerzo (Mittagessen) und cena (Abendessen) umfasst ein beliebig austauschbares warmes Mahl.

Mittlerweile komme ich ganz gut zurecht mit diesem Essensrhythmus, anfangs war es jedoch etwas gewöhnungsbedürftig. So hatte ich gegen 18:00 / 19:00 ordentlich Hunger, und ein Stückchen Weißbrot und ein Schluck Trinkjoghurt schien mir dafür schon etwas lächerlich, und gleichzeitig war um 22:00 zur Abendessenszeit der Appetit schon wieder sehr eingeschränkt. Dem ernährungsbewussten deutschen Durchschnittsbürger wird es wahrscheinlich sowieso nicht eingehen, warum man soooo spät abends noch so viele Kohlenhydrate in sich hinein schaufelt, aber wenn man gleichzeitig genügend Fußball spielt oder ins Gym geht, geht das schon klar und ich hab jetzt gefühlsmäßig auch nicht mehr übergewichtige Menschen in Argentinien als in Deutschland gesehen.

Land des Fleisches

„Was du gehst nach Argentinien?“

„Jaaa ich freu mich schon voll.“

„Wie cool, da wirst du kulinarisch verwöhnt werden, da gibt’s doch die besten Steaks…“

Diese Konversation habe ich vor meiner Abreise so oder in einer etwas abgeänderten Art einige Male geführt. Und somit war ich schon echt gespannt, was Fleisch für eine Rolle in der argentinischen Essenskultur spielt. Vorneweg muss ich betonen, dass ich in meinen fast schon 5 Monaten hier noch kein einziges Rumpsteak bestellt habe. Gleichzeitig muss ich aber zugeben, dass ich schon unzählbar viele verschiedene Stücke Fleisch, von Kotelett über Milanesas (Schnitzel) oder Pollo (Hühnchen) bis zu Asado (argentinische Grillerei), zu mir genommen habe.

Ein Essen – drei verschiedene Fleischgerichte

Rückblickend kann ich bis jetzt sagen, dass in gut 80% meiner bisherigen argentinischen Mittag- und Abendessen Fleisch enthalten war. Eine der wenigen Ausnahmen bildet hier die argentinische Pizza, die im Oratorio standardmäßig, und auch an vielen anderen Orten zum großen Teile vegetarisch gehalten wird. Als wir Padre Silvio fragten, was man denn hier von einem Essen ohne Fleisch hielte, meinte er, dass das schon ziemlich ungewöhnlich und für viele auch unvorstellbar sei. Gleichzeitig fällt am Tisch schon des Öfteren mal ein Witz über Vegetarier oder Veganer.

Man muss aber ebenso betonen, dass man hier meist wirklich gutes Fleisch vorgesetzt bekommt. Ich bin jetzt in dem Metier nicht so der Experte, aber mir erschien das Fleisch schon oft sehr hochwertig. Was allerdings auch wichtig für die Qualität des Essens ist, besonders wenn die Beilage manchmal sehr knapp ausfällt und es so gut wie nie Soße gibt (dafür iiiiiiimer Mayonnaise).

Wenn es mal gar keine Beilage gibt, haben wir den Spezialauftrag Fertig-Kartoffelbrei anzurühren ^^

Auch auffällig ist, dass meist einfach ganze Tiere verarbeitet werden und es nicht, wie es in Deutschland oft der Fall ist, einfach für jeden einzelnen Putenbrust gibt. Erscheint mir grundsätzlich auch sinnvoller, weil es, glaub ich, die Abfallprodukte etwas verringert. Trotzdem fällt schon öfter mal was für Negro, Pigüi oder Esperanza – unsere drei Hunde – ab.

Fast Food – aber homemade

Worauf wir jetzt besonders auf Reisen nochmal aufmerksam geworden sind, ist, dass im südwestlichen Teil Südamerikas Fast Food schon ein ganz großes Ding ist. Jedoch sei auch gesagt, dass ich hier in meiner bisherigen Zeit vielleicht geschätzt 2 McDonalds, 1 Burger King und keinen einzigen Subway entdeckt habe. Hier stellt man sein Fast Food entweder selbst her oder ein kleiner Stand oder Kiosk an der Straßenecke übernimmt das. Die Auswahl ist auch relativ breit. Von verschiedensten Sandwiches (de Pollo, de Milanesa, …) über Pancho (Hot Dog… gibts auch in unterschiedlichsten Varianten) und Lomito (ganz dünnes Stück Rinderlende mit Salat, Tomate, Spiegelei, Käse, viel Mayonnaise [Zutaten können beliebig ergänzt werden] im Brot) bis zum allgemeinen Liebling Empanada (gefüllte Teigtasche) ist alles mit dabei. In den verschiedenen Regionen gibts dann beim Fast Food auch noch kleine Unterschiede. So wird in Chile einfach überall Avocado (und davon ganz schön viel) zugefügt. In Santa Cruz in Bolivien wiederum gibts einfach alles mit Pollo… zu wählen ist hier dann nur noch die Menge von Pollo, die man gerne hätte.

Riesiger chilenischer Burger mit unendlich viel Avocado (auch wenn man’s hier nicht so ganz erkennt)
Pollo oder Pollo oder vielleicht Pollo? – Essen in Santa Cruz

Exotische Früchte – Fehlanzeige

Erste Assoziation von einem Land, das von Deutschland aus unglaublich weit im Süden liegt und in dem es in der Weihnachtszeit 45° hat: „Da muss es doch voll die geilen Früchte geben!!!“ – Aber nix da, hier in Santiago gibts grundsätzlich die gleichen Früchte wie beim Rewe von nebenan. Meistens ist die Auswahl sogar noch geringer, weil man einfach nicht so viel importiert. Was essen wir dann normal so an Obst? Äpfel, Birnen, Bananen, Trauben oder Orangen. Jetzt mittlerweile gewinnen die Honigmelonen auch etwas an Geschmack und kommen öfter auf den Tisch. Aber warum gibt es hier keine Mangos, Papayas oder Maracujas? Weil es im Winter (also Juni, Juli, August) auch ziemlich kalt sein kann und es durchaus normal ist, dass es dann unter 10°C hat. Zusätzlich ist es unglaublich trocken hier. Da überleben tropische Früchte dann einfach nicht. Was mir sehr gut gefällt, ist dass man sein Obst und Gemüse nicht im Supermarkt kauft, sondern beim Obst- und Gemüsehändler – hat irgendwie seinen eigenen Charme.

Was trinkt man denn so in Argentinien?

Kann der Unterschied bei Getränken so groß sein? Ich glaube, so mega riesig ist er nicht, aber ein bisschen einen Unterschied habe ich aber schon festgestellt. Der größte Punkt dabei ist natürlich der Mate, aber dazu gibts ja schon einen eigenen Artikel. Ansonsten trinkt man hier zum Essen für meine Verhältnisse relativ wenig Wasser. Hier steht eigentlich immer eine Gaseosa (also eine Limo – Vorsicht verwirrend: limonada ist in Argentinien nämlich immer ein Getränk ohne Kohlensäure) bereit. Santiago hat auch seine eigene Gaseosa-Marke: Secco, und die wird auch fleißig getrunken. Traditionell ist die meist gekaufteste Variante die Apfel-Limonade, doch es gibt noch viele weitere Varianten von Limón über Guaraná bis Naranja.

Im alkoholischen Bereich setzt man viel auf Bier, es gibt (auch dank vieler deutscher Einwanderer) etliche Brauereien und selbst für den verwöhnten bayrischen Biertrinker ganz gute Biere. Ganz groß ist auch der Trend in Bars und Restaurants cervezas artesanales anzubieten, also“hausgemachtes Bier“. In Deutschland würde man das in den Sektor Craft-Beer einordnen. Ob Indian Pale Ale oder Honigbier, sagen mir auch diese Varianten durchaus zu.

Das traditionelle Freitagsbier (hier von Quilmes – Argentiniens größter Brauerei)

Natürlich gibts auch Wein, besonders in der weltbekannten Weinregion Mendoza. So wie die deutschen Einwanderer Brauereien gegründet haben, so gründeten eben die Italiener Weingüter. So ist es kaum verwunderlich, dass ganz viele Mendozinos italienische Nachnamen tragen. Die Stadt, die wunderschön am Fuße der Anden gelegen ist, ist umgeben von zahlreichen Bodegas (Weinkellern), die großteils ihre Tore für Führungen und Verkostungen geöffnet haben. [Auch Don Bosco besitzt ein ziemlich große Bodega mit Landwirtschaftsschule]

Darf man hier nicht unter den Tisch fallen lassen… Argentiniens bevorzugtes Mischgetränk: Fernet-Cola

Gasthof zum pfeifenden Spatzen

So weit ist es nun noch nicht ganz, dass wir aus dem Oratorio ein Wirtshaus gemacht haben, aber die deutsche/bayrische Küche ist mittlerweile schon etwas bekannter geworden hier und hat auch schon den ein oder anderen Anhänger gefunden. Nachdem wir gleich zu Beginn des Freiwilligendienstes Fleischpflanzerl mit Kartoffelsalat und als Nachspeise, den hier sehr verehrten, Apfelstrudel aufgetischt hatten, folgten einige Brezenbackaktionen, eine davon auch im Panaderia-Workshop mit den Jugendlichen. Dann eines Tages haben wir im VEA-Supermarkt im Stadtzentrum eine ganz tolle Entdeckung gemacht: echte SPECHT-Gewürzgurken aus Unterhaching mit Original-deutschem-Ettiket.

<3

Nachdem wir das erste Glas pur weggesnackt hatten, wurde jetzt das zweite Glas dazu genutzt, um einen wunderbaren Schweizer Wurstsalat zu fabrizieren. Da der gemeine Argentinier aber beim Mittagessen etwas warmes gewöhnt ist, haben wir zusätzlich noch Reiberdatschi mit Apfelmus gekocht.

Ich könnte hier noch Stunden weiter schreiben, aber das hat auch keinen Sinn, ich hoffe einfach, ich habe euch damit jetzt nicht zu viel Hunger gemacht und wenn doch, dann verabschiede ich mich heute entsprechend:

Buen provecho und bis bald

Euer Simon