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Simon en Santiago

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Am Rio sin Plata

Endlich ein bisschen plata nach zwei Wochen!

„Plata“ ist spanisch und bedeutet ursprünglich Silber. Heute wird „plata“ hauptsächlich zur Bezeichnung von Geld verwendet. Das Silber jedoch ist verantwortlich für die Namensgebung des berühmten Rio de la Plata, denn dieser wertvolle Rohstoff wurde zu Zeiten der spanischen Kolonialherren beispielsweise in der bolivianischen Silberhauptstadt Potosí abgebaut und dann zu großen Teilen Richtung Europa verfrachtet, dabei war der Rio de la Plata (also der „Silberfluss“) ein zentraler Transportweg innerhalb Südamerikas und der Hafen von Buenos Aires der Ausgangspunkt für die lange Ozeanüberquerung.

Was hat das jetzt alles mit meinem Freiwilligendienst zu tun? Weder wohne ich in Buenos Aires noch in Potosí und Silber habe ich erst recht keines zur Verfügung…

Das Thema Geld ist jedoch etwas, das Martha und mich in den ersten beiden Wochen hier in Argentinien sehr intensiv beschäftigt hat und ein Hauptbestandteil unserer Konversationen war.

Normalerweise ist wohl eines der ersten Dingen, die man in Ländern mit Fremdwährung tut, sich etwas von jenem Geld zu besorgen. Wir hatten die ersten paar Tage Glück bzw. Pech in dieser Sache. Einerseits haben wir nicht wirklich Geld benötigt, da wir alles Lebensnotwendige von den Salesianern gestellt bekommen haben, andererseits hatten wir auch gar keinen Geldautomaten in der Nähe unserer Unterkunft in Córdoba. Der einzige Einkauf (ein Handtuch… wer denkt denn an sowas, wenn man ein Jahr weg geht… ^^) hat einwandfrei mit Kreditkarte funktioniert.

Dann angekommen in Santiago, erschien es uns dann doch mal sinnvoll sich n bissl Cash zu besorgen. Wir also total optimistisch mit unseren Visa / MasterCard Kreditkarten („kostenlos Geld abheben weltweit“), marschieren zur Santander-Bank mit entsprechendem Visa/Mastercard-Geldautomaten. Da dann die negative Überraschung… um die 10€ (!!!!) Abhebegebühren… Nun gut dann halt vielleicht n anderer Automat. Nachdem uns dieser andere Automat in unserer Nähe (der glaub ich auch um die 7€ Gebühren verlangt hat) überhaupt kein Geld geben wollte, haben wir dann mal unseren Freund und Helfer Google gefragt… Anscheinend erheben alle Banken in Argentinien aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Landes so hohe Gebühren für fremde Kreditkarten. Zusätzlich gibt es Limits, wie viel man abheben kann. So würde man dann schon mal locker 20% des abgehobenen Betrages an Gebühren zahlen. Zusammengefasst: ne ziemlich Kacksituation…

Auf der Suche nach Alternativen sind wir dann auf Geldtransferdienste wie Western Union gestoßen. Dort kann man sich Geld aus Deutschland schicken lassen und dann bei einer entsprechenden Filiale, die es unter anderem in unserem Stammsupermarkt gibt, abholen. Das ganze kostet dann 4,90€, was im Vergleich noch einigermaßen erträglich ist. Somit haben wir es nach 2 Wochen dann endlich geschafft Pesos in den Händen zu halten (wobei ich auch bei Western Union zwei Versuch gebraucht habe… der gute Herr an der Kasse wollte mir wegen nicht angegeben zweiten Vornamen kein Geld geben…wenn’s nicht läuft dann aber gleich richtig)

Doch nicht nur für uns „alemanos“ ist Geld ein Thema. Das merkst du spätestens dann, wenn dir 9-11 jährige Kinder Fragen wie „Wie ist denn die wirtschaftliche Lage in Deutschland?“ „Wie viel kostet ein Brot in Deutschland?“ oder „Wie ist das mit dem Geld in Deutschland?“ stellen. Da kann man sich schon vorstellen, wie oft die Kleinen zuhause hören: „Das können wir uns leider nicht leisten, weil die wirtschaftliche Lage so schlecht ist.“ Die Kinder, die hier im Oratorio vorbei kommen oder in der Residencia leben, sind Großteils aus der unteren Mittelschicht oder aus dem Armenviertel von Santiago. Ich glaub, das sind auch die Menschen, die so eine krasse Inflation am stärkten zu spüren bekommen, weil’s da dann halt echt irgendwann drauf ankommt, ob man sich essentielle Sachen wie diverse Kleidung, Hygieneprodukte oder ähnliches leisten kann und wie man zum Beispiel beim Essen jetzt möglichst viel Geld sparen kann.

Allgemein sind die Preise hier fast genau gleich wie in Deutschland, manches ist sogar teurer wie süßes Gebäck oder Kekse. Das einzige, bei dem wir relativ günstig weggekommen sind, war das Bier auf der Studentenparty für 1,80 und das Taxi (für den Heimweg zu viert 5€). Aber wenn man die Preise jetzt mit den Löhnen und der hohen Arbeitslosigkeit hier zusammendenkt, dann weiß man schon ziemlich genau, dass die Menschen hier nicht wirklich viel Geld zur Verfügung haben. Beim Geld holen in der Western Union Filiale ist uns zum Beispiel auch eine lange Menschenschlange aufgefallen, die wahrscheinlich das Vertrauen in den Peso verloren haben und ihr Erspartes in eine beständigere Fremdwährung transferieren wollen (erscheint mir zumindest die plausibelste Erklärung).

Selbst auf die Bildung hat die Inflation Auswirkungen. So hat mir Padre Silvio erklärt, dass die Regierung um Präsident Macri dem Internationalen Währungsfonds Zahlen vorweisen muss, wie gut die Bildung ist, um weiter finanzielle Unterstützung zu bekommen. Folge davon ist, dass die Anforderungen gesenkt werden, um gute Noten zu erhalten und damit die Durchfallquote sinkt. Die Absolventen der Schulen sind jedoch dadurch weniger gebildet und müssen an der Uni erstmal n Jahr den Stoff aufholen…

Wenn es nicht so viele negative Auswirkungen auf die Bevölkerung hätte, wäre es durchaus eine sehr spannende Angelegenheit ein Land in einer solchen Situation beobachten zu können. Im Oktober stehen hier jetzt dann die Präsidentschaftswahlen an, man könnte meinen eine Perspektive auf Besserung. Doch Padre Silvio meint, man kann hier im Prinzip nur zwischen Pech und Schwefel entscheiden. Die aussichtsreichsten Herausforderer Fernández/ Fernández de Kirchner seien auch nicht besser. Expräsidentin de Kirchner hat das Land mit ihrem sozialistisch-populistischen Regierungsstil erst in diese schwierige finanzielle Lage gebracht, die Argentinien nun schon kurz vor dem zweiten Staatsbankrott innerhalb von 20 Jahren (zuletzt 2002) stehen lässt.

Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es hier weitergeht und hoffe, dass aus dem Rio sin Plata wieder ein Rio de la Plata wird.

Hoffentlich könnt ihr diese etwas schwere Kost heute vertragen und nächstes Mal widme ich mich dann sicher etwas leichter Verständlichem.

Liebe Grüße und ein, für einen in einem spanischsprachigem Land lebenden Volontär obligatorisches, „Hasta luego“.

Euer Simon

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