Ich melde mich mal wieder und möchte gerne über meine vergangene Woche berichten. Diese schien vorerst ganz normal zu verlaufen. Der Father kam nach eine etwas längeren Geschäftsreise zurück und ich hatte mir in seiner Abwesenheit, die natürlich immer etwas ausgenutzt wird, vorgenommen mich sehr stark auf die Arbeit zu konzentrieren und härter zu arbeiten denn je.

Zuvor hatte er mir nämlich etwas unfreundlich erklärt, dass meine inzwischen sehr liebgewonnene Küche nicht mein Arbeitsplatz sei und ich mir doch etwas „sinnvolleres suchen soll. So viel zum Theme „feel free“.  Also unterrichte ich nun einen neu dazugekommenen Jungen, der erst im nächsten Jahr zur Schule gehen kann. Er ist schon etwas älter und lernt sehr schnell. So ist es ein etwas anderes Unterrichten, dass aber auch erst gelernt werden muss, denn dieser Bengel steht den Kleinen in Frechheit und Taubheit dem Lehrer gegenüber nichts nach. Allerdings kann man ihn mit eine Runde Mensch-ärgere-dich-nicht am Ende ganz gut locken.

Etwas weiteres Neues steht auch auf meinem Tagesplan. Nachdem ich in den Ferien beim Vorlesen und improvisierten Sessions über das Sonnensystem oder ähnlichem gemerkt habe, wie interessiert die Juniors in allgemeinbildende Themen sind, zeige ich ihnen jeden Tag eine halbe Stunde lang Bilder von Tieren, Städten etc. und erzähle ihnen einiges Wissenwertes dazu. Es ist wirklich ein tolles Gefühl, wenn die Süßen noch beim Gutenachtsagen über die Sprünge von Delfinen staunen.

Wie es vielleicht schon angeklungen ist, endete diese Woche aber sehr ungewöhnlich. Ich wollte gerade zu meiner abendlichen studytime laufen, als ein Jeep vorfuhr. Es stiegen der Provincial und ein sehr netter salesianischer Father aus. Ich wollte nur schnell grüßen, doch aus einem kurzen smal-talk wurde kurzer Hand eine Einladung zu einem kurzen Ausflug durch alle salesianischen Einrichtungen in Gujarat. Innerhalb von 10min packte ich meine sieben Sachen für 2 Tage und ergriff die Chance endlich einmal das indische Land zu sehen.

Über den Trip lässt sich hauptsächlich sagen, dass es schon ein wenig stressig war, 8 Don-Bosco-Häuser innerhalb von 2 Tagen zu sehen, allerdings war es wieder einmal sehr ergreifend wie weit sich der Gedanke Don Boscos ausgebreitet hat. Es ist schön zu sehen, wie viele Männer und Frauen es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, jungen Menschen ein Zuhause, Geborgenheit, Versorgung und Spiel und Spaß zu geben. Umso erstaunlicher für mich, dass ich als Volontär ohne ein spezielles zu tun in diese Gemeinschaft aufgenommen wurde. Überall bekomme ich einen Schlafplatz, gutes Essen und ein paar liebe Worte. Das erstaunt mich immer wieder und erfüllt mich mit Dankbarkeit.

Aber das indische Land darf ich auch nicht außeracht lassen. Ich hatte wirklich das Gefühl, das wahre Indien kennen zu lernen. Am Straßenrand ließen sich immer wieder kleine Ansiedlungen wahrnehmen. Es handelte sich zumeist um kleine Hütten aus Lehm und Wellblech, es gab aber auch richtige Ziegelsteinhäuser mit Rindern, die vor dem Haus angebunden waren. Frauen holten mit Töpfen auf den Köpfen Wasser, Kinder mit oft verfilzten Haaren spielten barfuß in der Wiese. Die Zeit schien keine Rolle zu spielen. Ich bewundere diese Menschen sehr, die so einsam auf dem Land leben können und sich mit einem Dach über dem Kopf und einer Familie um sich herum zufriedengeben. Gleichzeitig merkte ich aber auch, wie sehr ich die Stadt, Straßenbeleuchtung und Nachbarschaft gewohnt bin. Für mich ist es eine sehr angsteinflößende Vorstellung in kompletter Dunkelheit mit Leoparden in der Umgebung in einer unverschlossenen Hütte zu schlafen und auch diese tiefe Ruhe bereitete mir etwas Unbehagen. Schließlich lebe ich seit 4 Monaten mitten in einer indischen Stadt die niemals schläft.

Wieder zuhause stand auch schon das nächste Event an. Nämlich das Drachenfestival. Zwei Tage lang standen die Inder in Gujarat auf ihren Dächern und ließen bei lauter Musik hunderte von Drachen steigen. Auch wenn es nicht allzu viel Wind gab, bewiesen sie eine Engelsgeduld und schafften es tatsächlich die Drachen in die Lüfte steigen zu lassen. Vor allem die Großen stellten sich dabei echt gut an, während ich fast den ganzen Tag beschäftigt war, den Kleinen die Drachen in die Luft zu werfen. Parallel wurden in Zucker gebackene Sesamkekse gegessen. Ich genoss dieses Fest wieder einmal sehr. Es herrschte den ganzen Tag eine ausgelassene Stimmung und ich habe wieder einige tolle Momente, die mich für immer mit meinen Snehalaya-Jungs verbinden.

 

Liebe Grüße Luise