Hallo ihr Lieben,

ich melde mich nach einer ereignisreichen Woche einmal wieder zu Wort. Ihr werdet aber wahrscheinlich vieles nicht als ereignisreich empfinden, wenn ich es euch genau aufschreibe, dafür entschuldige ich mich im Vor raus. Ich will aber diese Woche dennoch für mich und für euch festhalten, und das möglichst interessant für euch.

Darum dachte ich, ich schreibe euch die Ereignisse tageweise auf.

Samstag, 24.12.2016 Heiligabend:

Der Heilige Abend begann für mich erst einmal ziemlich unspektakulär. Ein ganz normaler Ferientag. Aufstehen, studytime, putzen und Hobby- und Spielezeiten.

Ein bisschen konnte man jedoch schon erahnen, dass Weihnachten ansteht. Im Laufe der vorherigen Woche wurde zu meiner Überraschung doch einiges an höchst kitschiger Weihnachtsdekoration angebracht. Lange Lamettaketten hingen von der Decke, eine große Krippe wurde im Innenhof aufgebaut und einen Plastik-Christbaum gab es auch. Parallel wurde in dieser Woche ein Kippenbau-Wettbewerb veranstaltet. Die Jungs im Snehalaya sind aus organisatorischen Gründen in 4 verschiedene Teams eingeteilt und jedes Team baute gemeinsam eine Krippe. Mit Hilfe von Steinen, Lehm, Knete, Kleister, alten Flaschen, Pappe und alten Eisstielen entstanden richtige Kunstwerke, die dann am Heiligen Abend noch mit Lichterketten verfeinert wurden.

Im vorneherein kamen auch schon einige Besucher aus der Stadt, die mit den Kindern Weihnachtsparties feierten. Denn Weihnachten wird hier eher weniger besinnlich, sondern eher als große Diskoparty gefeiert. So wurde auch die heilige Messe im Snehalaya am Heiligen Abend um 22:00 Uhr von den Diskomusikklängen der nachbarlichen Weihnachtsparty begleitet. Und auch danach wurde es nicht wirklich ruhig. Mit lautem Gebrüll wurden Gruppenfotos vor den jeweiligen Krippen gemacht, die nun endlich vollständig mit Jesuskind waren. Eine kleine Bescherung gab es für die Kinder auch. Sie bekamen jeweils ein T-Shirt. Jedes Team im Snehalaya auch seine eigene Tshirt Farbe. Danach wurde noch ein wenig getanzt und das Weihnachtsfest wurde auf den nächsten Tag verlegt.

Sonntag, 25.12.2016 1. Weihnachtsfeiertag:

Zahlreiche Wohltätigkeits-Gruppen und Familien der Stadt besuchten das Snehalaya. Sie brachten Essen, spielten und tanzten mit den Kindern. So gab es beispielsweise am Abend fast zu viele Angebote auf einmal. Es kamen drei Gruppen gleichzeitig. Eine tanzte mit den Kindern, die nächste spendierte das Abendessen mit Vorspeise, Hauptgang und Eis und die dritte Gruppe lieferte noch als finales Betthupferl einen Kuchen mit Eis und Schokosoße.

Dienstag, 27.12.2016

Der Dezember ist in Indien auch als Hochzeitssaison bekannt und ich hatte wieder das Glück zu einer Hochzeit eingeladen zu sein. Sie war quasi sogar im Familienkreis, denn die Schwester eines Mitarbeiters heiratete. Gemeinsam mit unserem Senior-Father fuhr ich morgens um 11 los, um pünktlich zur katholischen Hochzeitsmesse anwesend zu sein. 11.30 fand auch eine Hochzeitsmesse statt, allerding nicht jene, zu der ich eingeladen war. Denn in Gujarati ist es quasi Tradition, dass sich die Hochzeitsmesse um ein paar Stunden verschiebt. So hatte bereits diese erste Hochzeit um 11.30 zwei Stunden Verspätung. Nach der ungeplanten Anwesenheit einer Hochzeit zu der ich nicht eingeladen war, fuhren wir erst einmal zur Feierlocation der Brautfamilie. Die Familien von Braut und Bräutigam feiern in Gujarat nämlich nicht gemeinsam. Sie treffen  nur kurz in der Kirche zur Trauung auf einander. Schnell aß ich etwas, tanzte ein wenig, um dann als eine der wenigen zurück zu fahren und die Trauung um 14.30 dann zu verfolgen. Die meisten Gäste waren nämlich so hungrig, dass sie lieber aßen, als der Trauung zu folgen.

Die Trauung selbst war recht unspektakulär, denn eine katholische Trauung ist in Indien auch nicht anders als in Europa. Die Braut trägt seit einigen Jahren nicht einmal mehr einen roten Sari, sondern ebenfalls ein weißes Brautkleid.

Der Tag endete spät um 23.59. Denn es musste eine kleine Mitternachtsparty vorbereitet werde. Das heißt einen Thron aufbauen, Luftballons aufpusten und ein Gemisch aus Eiern und Milch herstellen und passende Musik aussuchen. Dies geschah mehr oder weniger heimlich und leise.

Mittwoch, 28.12.2016:

Dieser Tag begann für mich schon sehr früh. Father George hatte Geburtstag und da musste natürlich etwas Besonderes her. Eine Mitternachtsparty. Mit lauter Musik und einer Horde aufgedrehter Jungs wurde der Father um Mitternacht aus seinem wohlverdienten Schlaf gerissen. Er durfte sich auf einen Thron setzen und eine sehr personalisierte Torte anschneiden. Danach war es aber genug mit Nettigkeiten, denn eine Milch-Eier-Mischungs-Schlacht begann. Selten habe ich die Jungs, den Father und mich so ausgelassen erlebt. Eine Aktion, die mir für immer in bester Erinnerung bleiben wird und für mich eine Bestätigung des Freiwilligendienstes war.

Am Tag selbst wurde dann aber natürlich auch noch mit den Kleinen gefeiert, denn ein Großteil von ihnen verschlief erstaunlicherweise die lautstarke nächtliche Aktion.  Dem Father zu Ehren stellten die Jungs ein Programm auf die Beine welches sowohl emotional, als auch zum Schießen komisch war.

Beendet wurde der Tag dann mit hauseigenem Chicken Biryani . Eine echte Rarität im Snehalaya.

 

Samstag und Sonntag 31.12.2016/ 01.01.2017

Silvester begann für uns ähnlich wie der Heilige Abend mit einer Messe um 22:00. Diese wurde dann im Verlaufe des späten Abends durch eine Tanzparty Deluxe ersetzt. Bis kurz vor Jahreswechsel wurde unter einem, vom Father inszenierten, Süßigkeiten-Regen zu den neusten indischen Hits getanzt. Diese wurde nur um Mitternacht durch das Anzünden einer Strohpuppe unterbrochen. Denn anders als in Deutschland begrüßten wir nicht das neue Jahr mit Feuerwerken, sondern verbrannten das Schlechte und unsere Sünden des Vergangenen Jahres, um „rein“ ins neue Jahr zu starten.

Die Tanzparty und dieser gemeinsame Abend nahm mir wieder einmal jegliche Hemmung, mein wahres, etwas aufgedrehtes Ich zu zeigen und die Jungs tanzten ebenfalls ohne Hemmung. So etwas verbindet unglaublich und ich bin sehr dankbar für diese Momente. Diese haben meine Beziehung zu den Jungs und zu Brother und Father sehr verbessert und ich freue mich auf die kommende Zeit.

 

Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Einblick in meine Erlebnisse der vergangenen Woche geben. Ich gebe zu, dass es mir zur Zeit etwas schwer fällt regelmäßig Blogs zu schreiben, da so viel  Zwischenmenschliches passiert, dass ich wenig Zeit und Muße finde. Auch diesen Eintrag schiebe ich schon ein paar Tage vor mir her. Vielleicht hilft es mir zu erfahren, wie viele Leute und wer denn eigentlich meine Blogs bis zum Ende liest. Vielleicht könnt ihr mir ja einen kurzen Kommentar hier unten hinterlassen oder euch auch gerne in einem privaten Chat melden. Das würde mich sehr freuen.

Liebe Grüße Luise