P1130243

Hallo ihr Lieben, ich wollte mich nach einer Weile Funkstille wieder mal melden.

Erste Botschaft voraus: „Ja, mein Gepäck hat es mittlerweile auch in den fernen Osten geschafft!“ Es wurde mir sogar persönlich bis vor die Haustür gebracht. (da hatte wohl jemand ein schlechtes Gewissen?!) Allerdings sind meine Gastgeschenke, Kekse sehr in Mitleidenschaft gezogen worden und haben wohl den einen oder anderen Schlag zu viel nicht überstanden. Das heißt, im nächsten Packet aus Deutschland startet es ein zweiter Versuch. Auch meine Shampooflasche wollte scheinbar ihre unverhofft lange Freiheit ausgiebig nutzen und entleerte sich einmal komplett und das hieß für mich nach dem Auspacken erstmal den Rucksack komplett unter die Dusche zu stellen.

Sonst geht es mir immer besser und es gibt immer mehr Momente in denen ich denke: „Darum bist du hier, das hast du dir von dieser langen Reise erhofft.“

Momente:

  1. Da ich mich aufgrund meines Arbeitsvisums noch einmal persönlich bei der örtlichen Polizei melden muss, fuhr ich am Montag mit eine sehr jungen Mitarbeiterin des Snehalayas in die Stadt.  Wir waren angekündigt, mussten aber dennoch eine Stunde warten, um dann später zu erfahren, dass wir heute doch nicht drankommen würden. Die vertrödelte Stunde nutze die Mitarbeiterin aber, um mir auf den Zahn zu fühlen. Ich schien in ihren Augen nicht gerne in Indien zu sein. Für mich schienen da alle Banden zu brechen und ich erzählte ihr, wie mich fühlte. Ich fühlte mich wenig gebraucht, nicht ausgelastet und fast eher wie ein zusätzliches Kind, welches zusätzliche Arbeit machte. Die Mitarbeiterin beruhigte mich aber. Sie meinte, dass alle wüssten, dass ich Zeit zum Ankommen bräuchte und dass sie auch keine Erwartungen an mich hatten. (Ich wusste immer nicht, wie ich mit meiner Vorgängerin mithalten sollte J) Am Ende traute ich mich dann auch sie zu fragen, ob sie mir nicht etwas Unterricht in Hindi geben könnte. Sehr erfreut nahm sie sich dieser Bitte an. Und so gehe ich jetzt jeden Tag nach dem Mittagessen, wenn die Jungs das Haus kehren zu ihr, lerne Hindi oder ich rede über neu Erlebtes. Eine Stunde am Tag die ich nun sinnvoll für alle Seiten nutzen kann.
  2. Seit einiger Zeit ist es mir auch ans Herz gewachsen, bei den Kindern zu sitzen, wenn sie essen. Obwohl ich nicht mit ihnen gemeinsam esse, gelingt es mir vor allem am Mittag Gespräche mit den Kindern zu führen. Schließlich haben sie da wirklich Zeit und müssen nicht zum Basketball oder basteln eilen. Beispielsweise führte ich gestern ein sehr langes Gespräch mit sechs Jungen, indem wir unsere beiden Kulturen verglichen. (ihr hättet ihre Mienen sehen sollen, als sie hörten, dass es in Deutschland ganz normal ist Kuh und Schwein zu essen 😉 ) Sie schnatterten alle gleichzeitig auf mich ein, und ich versuchte immer heraus zu finden, wem ich den jetzt gerechterweise zuhören sollte. Es kommt außerdem hinzu, dass ich ihre Englisch-Versionen nicht immer verstehe und dann hundertmal nachfragen muss, was sie denn meinen. Gott sei Dank helfen sie sich immer gegenseitig aus und am Ende weiß jeder worum es geht. Ich denke, dass das für die Jungs selbst auch seine Vorteile hat mit mir diese Gespräche zu führen, zwar werden sie auf Englisch unterrichtet, wenden bei mir aber die Sprache auch einmal aktiv an.
  3. Was mir bis jetzt aber noch fehlte waren Aufgaben am Nachmittag außerhalb des Unterrichtens. Vor allem in der Hobby-time lief ich noch oft ziellos umher, auf der Suche nach einer Beschäftigung. So fand ich gestern auf meiner „Wanderung“ einen schon etwas älteren Jungen der Gitarre übte. Ich setzte mich interessiert dazu, studierte seine Übungsmaterialien. Schließlich drückte er mir die Gitarre in die Hand und fragte ob ich auch Gitarre spielen könne. Ich verneinte, er nahm sich jedoch die Zeit und zeigt mir erste Griffe. Wer mich besser kennt, weiß vielleicht, dass ich mir schon seit einiger Zeit vorgenommen habe Gitarre spielen zu lernen. Und so freute ich mich besonders, als der Junge mich dann fragte, ob ich nicht täglich zu ihm kommen möchte. Gerne werde ich dieser Bitte nachkommen, einerseits für mich selbst, weil ich dann in der Hobby-time eine Aufgabe haben würde, die sogar einem Punkt meiner ewigen To-do-Liste entsprich, andererseits aber auch für ihn, denn es passiert nicht oft, dass die Jungs mich wirklich um etwas Bitten und ich denke, wenn sie es machen, wollen sie das wirklich.
  4. Zu guter Letzt bin ich seit gestern auch die „Krankenschwester“ des Heims. Ich wurde beauftragt, die Medizin eines Jungen aufzubewahren und sie ihm dann in regelmäßigen Abständen zu geben. Klingt jetzt nicht sonderlich spektakulär, aber es ist eine weitere Aufgabe, die meinen Tag füllt und mir einmal mehr das Gefühl gibt, gebraucht zu werden.

Puh das war dann doch ein echt langer Post, aber dafür gab es ja auch länger keinen. Ich hoffe euch Lesern geht es ähnlich gut.

Liebe Grüße Luise

 

P.S. Das Mückenproblem habe ich mit so einem Mückenstecker und Antibrumm übrigens weitestgehend gelöst.