Lotta in Mumbai

Mein Jahr in Indien

Didi! Time’s up!

Ungefähr 4 Tage habe ich jetzt schon im Shelter gearbeitet und Zeit mit den ca. 55 Jungs verbracht. Wir wurden total begeistert aufgenommen und von allen Seiten mit größtem Interesse bestürmt. Hauptsächlich werden wir mit „Didi“ angesprochen, was süßerweise „Schwester“ auf Hindi bedeutet.

Jaaaa, die Sprache. Auf Englisch können die meisten Jungs die Grundvokabeln. Ein paar etwas mehr und andere nur Hindi und Marathi. Deshalb bleibt die Verständigung abenteuerlich und vieles läuft anhand von Gesten ab. Aber wir werden ja bald so richtig mit Hindi-Unterricht starten.

Bisher bestehen meine drei Hauptaufgaben aus: Uno und Carrom spielen, lernen helfen und „loud reading“.

Loud reading geschieht direkt nach unserer Ankunft. Jeder Junge, der gerade nicht in der Schule ist, schnappt sich irgendein Buch auf Englisch (von Donald Duck bis zu Spionagetechniken im 1. Weltkrieg). Und liest es laut vor. Mit laut meine ich laut, jeder brüllt das, was er liest in die Welt hinaus. Wir gehen ein bisschen rum und helfen. Manchen muss man jedes Wort vorsprechen und andere lesen so schnell, dass man kaum hinterher kommt.

Didi! Time’s up! Die Zeit ist um!

Was jetzt? Assembly, Morgenversammlung! Hier wird gebetet und sehr inbrünstig und laut ein Lied auf Hindi gesungen. Das ist wirklich schrecklich süß anzuhören. Ich werde versuchen, das bald mal aufzunehmen.

Didi! Time’s up!

Jetzt kommt study time. Mehr oder weniger.

Weniger: warten, dass ein Junge fertig gebadet hat. Oder immer und immer wieder Geburtstagstorten und „Happy Birthday, Brother Selvin“ auf selbstgebastelte Karten malen. Einer der Brothers (sozusagen ein Azubi-Salesianer) aus dem Shelter hat nämlich bald Geburtstag.

Mehr: ich bin mal eben so mit einem 8. Klässler sämtliche Zellorganellen und deren Funktion durchgegangen. Auf Englisch. Das ist Stoff, den man in Deutschland auf dem Gymnasium in der 10. Klasse lernt. Und den ich für mein Abi im Bio-LK gebraucht hab (zum Glück, sonst hätte ich hier nicht mithalten können). Dass mich Bio lernen für meinen Freiwilligendienst in Indien vorbereitet, hätte ich vor kurzem auch noch nicht erwartet.

Ach und dann natürlich das alltägliche Fragen nach der Entstehung des Universums und der Aufforderung den Urknall zu erklären.

Didi! Time’s up!

Play, Didi? Jetzt ist Spielzeit.

Der absolute Renner ist Carrom. Kurz, ein viereckiges Brett mit je einem Loch pro Ecke, in die man mit einem runden Stein andere Steine schießen muss. Hier ist Leidenschaft angesagt und selbst die Kleinen sind Profis. Es wird nur schwer ertragen, dass wir das (noch!) nicht sind. „Oh nooo, Didi!“ oder auch „Yaaayyy, Didi!“, je nachdem wie gut es gerade bei uns läuft. Alle freuen sich aber ganz schrecklich, wenn man gewinnt und zeigen einem vor jedem Schuss, wo man den Stein jetzt am besten hinlegt und wie man schießt.

Didi! Time’s up!

Anschließend haben wir Mittagspause und gehen zum Essen zurück ins Provincial House. Am Nachmittag wiederholt sich das Ganze mehr oder weniger. Wenn wir hier wirklich drin sind, werden wir auch anfangen, spezielle Aktivitäten zu machen, zum Beispiel Klavier oder Akrobatik.

Weg zum Shelter mit ein paar Hürden;)

Viele von den Jungs hab ich jetzt schon total lieb und ich freue mich auf die nächste Zeit!

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Profi

  1. Friederike Feithen

    Ui, Lotta, das klingt ja cool! 🙂 (Bis auf das mit dem Biozeug, da bin ich froh, dass ich das hier nicht brauche…)
    Ganz viel Spaß und schnelles Lernen was das Carrom angeht! 😉

    • Charlotte Urbanek

      Danke❤️ (und heute sind wir auch zu Gedichtsanalysen gekommen, das ist ja eher deins)

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