In einem Jahr Freiwilligendienst begegnen einem eine Menge Dinge, die man nicht ändern kann,  die man einfach so hinnehmen muss wie sie sind, ja gegen die man einfach machtlos ist.

 Die Sichtweise des Weißen.

Ich bin weiß und deshalb besser. Das ist ein Gefühl, was ich fast immer habe, sobald ich mich außerhalb meines Projektes bewege. Ich werde bevorzugt, weil ich weiß bin. Ich werde mit Respekt behandelt, weil ich weiß bin. Ich bin weiß und deshalb reich. Ich bin weiß und deshalb was besonderes. Und gegen dieses Bild, gegen diese Sichtweise bin ich einfach Machtlos.

Ein kurzes Beispiel. Im Dezember brauchte ich ein ärztliches Gutachten für mein Visum. Eine Schwester fuhr mich zur Arztpraxis, vor dessen Eingang 20-30 Frauen mit ihren Babys auf die Behandlung warteten. Und ich als Weiße wurde sofort behandelt. Ich habe mich damals richtig unwohl in meiner Haut gefühlt und habe auch geäußert, dass ich warten kann, aber das kam für den Arzt nicht in Frage.

Solche Situationen begegnen einem am laufenden Band.

„Muzungu, muzungu“ (übersetzt: Weißer, Weißer). So wird mir und den anderen Freiwilligen in der Stadt häufig hinterhergerufen. Und auf dem Markt bekommt man häufig „Muzungu Preise“, das heißt du sollst mehr bezahlen als anderen, denn du bist weiß und damit reich. Dann geht das Verhandeln los und die Leute merken schnell, dass du schon mehr Ahnung von ihrer Kultur hast, als der normale Tourist.

Aber warum ist das so? Warum steht weiß führ Wohlstand und Reichtum? Warum haben hier so viele Leute gleich einen unglaublichen Respekt vor Weißen?

Natürlich hat das alles ganz viel mit der Geschichte zu tun, Sklaverei, Kolonialzeit. Aber auch heute glaube noch viele, dass wir Weißen intelligenter sind, mehr wissen und einen besseren Lebensstandard haben. All dies hat sich bis heute in den Köpfen der Menschen festgesetzt und lässt sich nur schwer vertreiben, dagegen ist man einfach machtlos.

Ich bin weiß, aber ich bin genauso viel wert wie jeder andere Mensch auf dieser Welt. Ich bin nichts Besseres wegen meiner Hautfarbe.

 

Machtlos im Projekt.

Bei meiner Arbeit in der City of Hope begegnen mir immer wieder Situationen, bei denen ich mit aller Kraft versuche, etwas zu ändern oder Neues aufzubauen. Allerdings muss ich leider oft irgendwann einsehen, dass es Dinge gibt, die man als Freiwilliger nicht ändern kann, oder zumindest nicht in ein paar Wochen oder Monaten.

Unsere Mädels haben zum Beispiel einen sehr durchgeplanten Tag. In den letzten Jahren gab es am Nachmittag viel Sport und Bastelprogramme, aber leider nicht dieses Jahr. Ich versuche immer wieder das Gespräch mit der zuständigen Schwester zu suchen, um den Alltag der Mädchen etwas aufzulockern. Am Wochenende mal Volleyball zu spielen, ist kein Problem, aber in der Woche ein Plan zu machen, bei dem die Mädchen nicht jeden Tag waschen oder auf dem Feld stehen müssen, gestaltet sich als sehr schwierig und kräfteraubend. Das Problem dabei ist vor allem die schwierige Kommunikation mit einigen Schwestern, denn in meinen Augen sind die Mädchen immer noch Kinder, die auch mal Spaß haben und spielen dürfen.

Ich erkenne dann wieder, dass es gut ist, es zu versuchen aber man am Ende doch machtlos ist, vor allem alleine.

 

„Auch ein Kämpferherz hat irgendwann keine Kraft mehr“

– Stumble Reddit

 

Machtlos. Dinge hinnehmen, die man nicht versteht oder nicht hinnehmen möchte. Aufstehen und weiter machen. Kopfheben und einen neuen Versuch wagen. Sich immer wieder vor Augen führen, für wen man es versucht. Die Kinder sind mir dankbar und das ist ein gutes Gefühl. Ich liebe die City of Hope und die Mädels und egal wie schwierig es zwischendurch war und immer noch ist, ich bin unendlich dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe. Ich bin dankbar für die Arbeit, die ich hier machen darf.

Schöne Grüße aus Lusaka

Eure Laura