laurainsambia

Ein Jahr in Lusaka

Die City of Hope und ihre Veränderungen

Erstmal möchte ich mich riesig entschuldigen, dass ihr so lange nichts von mir gehört habt. Manchmal ist es sehr schwierig, regelmäßig zu berichten, was ich hier erlebe. Als ich dann anfangen wollte, von meinen letzten Wochen zu erzählen, ist mir aufgefallen, dass ich noch ein paar Informationen schuldig bin. Zum einen habe ich euch versprochen, zu erzählen, wie sich meine Arbeit und mein Leben hier verändert haben seitdem die anderen beiden Freiwilligen abgereist sind. Zum anderen ist mir aufgefallen, dass ich euch noch nie so viel über das Projekt selber erzählt habe. Das ist einfach ein bisschen unter gegangen. Also nun ein etwas längerer Blogbeitrag mit allem was ich euch noch schuldig bin.

 

Die City of Hope:

In der City of Hope leben neun Schwestern und unzählige Arbeiter und Arbeiterinnen, die die Einrichtung sauber halten, kochen, alle möglichen Dinge reparieren und die Arbeit der Schwestern unterstützten. Es gibt vier „Mummies“, die die Mädchen, die hier leben, erziehen, für sie kochen und als Ansprechpersonen dienen.

Die Einrichtung besteht aus vier Teilen. Ein großer Teil besteht aus der Schule. Sie ist aufgeteilt in Primary (Grundschule 1.-7. Klasse) und Secondary School (Oberschule 8.-12. Klasse). Circa 1200 Schüler gehen auf diese Schule. Seit Anfang Januar haben wir auch eine Preschool mit zwei Klassen. Diese ist wie eine Vorschule, in der die Kinder auf die richtige Schule vorbereitet werden.

 

Das Herzstück der City of Hope ist das GART (Girls at risk trust). Hier leben rund 34 junge Mädchen, die alle unterschiedliche Hintergründe haben. Viele kommen aus schwierigen Verhältnisse, haben ein oder beide Elternteile verloren und manche wurden in ihren Familien vernachlässigt oder misshandelt. Die Mädchen sind im Alter von 9 bis 20. Wenn sie die Schule beendet haben, bewerben sie sich auf einen Job oder ein Studium und müssen die City of Hope verlassen.

Der dritte große Bereich ist das Auxilium. Dort haben Jugendliche oder junge Erwachsene die Möglichkeit unterschiedliche Kurse zu besuche, die sie auf das Berufsleben vorbereiten. Es werden Kurse für Gastronomie, Computer und Schneiderei angeboten.

Der letzte Bereich ist das Oratory. Jeden Samstag kommen hier die Mädchen aus dem GART und Kinder und Jugendliche von außerhalb zusammen und spielen Spiele oder treiben Sport.

 

Mein Tagesablauf:

Mein Tag beginnt immer um 7:15Uhr in der Schule. Dort helfe ich den Lehrerinnen beim korrigieren der Aufgaben oder helfe einigen Schülern, die Probleme mit dem Unterrichtsstoff haben. Ich bin der vierten Klasse zugeteilt. Von 9:30 bis 10 Uhr ist Pause, die ich nutze, um zu Hause etwas zu trinken oder mich kurz zu stärken. Die nächste Unterrichtseinheit geht bis 12 Uhr. Die Kinder aus dem Vormittagsunterricht haben dann Schulschluss und es folgt sofort ein fliegender Wechsel zu den Nachmittagskindern. Ich gehe meistens mit einigen Kindern der Vormittagsklasse noch eine halbe Stunde in die Bibliothek, wo sich jedes Kind ein Buch ausleihen darf. Auch wenn es manchmal anstrengend ist, alle Schüler ruhig zu halten finde ich diese Zeit sehr wichtig, da einige Kinder große Probleme mit dem Lesen und auch Zuhause keine Bücher haben, um dies zu üben.

 

Um 12:30 Uhr bekommen die Freiwilligen von den Mummys Mittagessen. In den ersten Monaten konnte ich mich hier gut mit den anderen Freiwilligen über den Unterricht  austauschen oder einige Dinge für den Nachmittag besprechen. Seit Ende Februar sind die anderen beiden Freiwilligen weg, weswegen ich jetzt mittags alleine esse. Im ersten halben Jahr ging es nach dem Mittagessen wieder in die Schule zum Nachmittagsunterricht. Dies konnte ich zum Glück ändern, sodass ich jetzt mittags eine Stunde Pause habe, die mir auch sehr gut tut. Von 14-15 Uhr lerne ich mit den drei kleinsten Mädchen aus dem GART, die zu dieser Zeit schon Schulschluss haben. Ich bin sehr froh darüber, denn so kann ich mich noch intensiver mit den Mädchen beschäftigen und mehr Zeit mit ihnen verbringen. Anschließend habe ich von 15-16 Uhr nochmal Pause, die ich sehr gut nutzen kann um einige Dinge vorzubereiten.

Am Nachmittag gibt es verschiedene Aktivitäten. Durch die zwei neu gewonnenen Stunden Pause am Mittag habe ich beim Nachmittagsprogramm wieder neue Kraft und Motivation getankt, sodass ich voller Energie in die zweite Hälfte des Tages starten kann. Die einzelnen Aktivitäten sind unter anderem Sport, Production (Basteln), Musik, Waschen, Feldarbeit oder ähnliches, was von 16-17 Uhr oder manchmal auch bis 17:30 Uhr stattfindet. Alles was am Nachmittag stattfindet ist nur für die Mädchen die Im GART wohnen.

Das Nachmittagsprogramm mit den Mädels war jedoch in den letzten Wochen nicht besonders erfolgreich.  Oft fanden die Aktivitäten wie Musik, Spiele und Basteln nicht statt. Stattdessen mussten die Mädchen eine Zeit lang fast jeden Tag auf dem Feld arbeiten und oftmals über die Programmzeit hinaus bis es dunkel war. Das hatte zur Folge, dass abends alle müde waren und die meisten, ohne ihre Hausaufgaben gemacht zu haben, ins Bett gingen. Ab und zu fand noch Sport statt, aber immer an einem anderen Tag, sodass es für mich schwer war herauszufinden, welches Programm am jeweiligen Tag stattfand.

Der tägliche Rosenkranz findet ab 17:30 Uhr statt. In dieser Zeit kann ich gut zur Ruhe kommen und einige Ereignisse des Tages reflektieren. Wenn die Mädchen anfangen zu singen, bekomme ich jedes Mal eine Gänsehaut und ich genieße es, ihnen dabei zuzuhören.

Direkt im Anschluss geht es weiter mit der Study-time. Dort helfen wir Volontäre den Mädchen bei ihren Hausaufgaben oder üben mit den kleineren Lesen. Mir gefällt die Study-time immer noch ganz gut, weil ich dort (leider immer nur einzelnen) Mädchen helfen kann und das ist ein gutes Gefühl.  Dies  ist jeden Tag der letzte Programmpunkt, der um 19:30Uhr endet. Ich wünsche den Mädchen eine gute Nacht und habe den Abend dann frei, um Abendbrot zu essen oder einige Dinge für die nächsten Tage vorzubereiten. Manchmal kommt einer der Nachbarsjungen abends noch vorbei, wenn er auch Hilfe bei den Hausaufgaben braucht. Das heißt, dass manchmal mein Tag erst kurz nach 21 Uhr endet.

Freitagnachmittags habe ich frei, um ein bisschen für die nächste Woche einzukaufen. Der Abend ist für eine gemeinsame Zeit mit den Mädchen gedacht, wo getanzt werden kann oder wir gemeinsam einen Film schauen.

Jeden Samstag findet von 14-16 Uhr das Oratory statt. Das Oratoryteam, was aus eine Handvoll Brothers und ein paar der älteren Mädchen besteht, denkt sich für jeden Samstag etwas Neues aus. Es werde Basketball, Volleyball oder Netball gespielt, eine Talenteshow veranstaltet, Gruppenspiel oder Bibelquiz gemacht oder ähnliches. Das Oratory findet für unsere Mädchen und die Kinder und Jugendliche von außerhalb statt.

Sonntags ist um 7:30 Uhr Messe, die in der Regel zwei Stunden dauert. Anschließend habe ich eigentlich frei, aber wenn ich nicht gerade Wäsche machen oder putzen muss, verbringe ich doch oft den Tag mit den Girls.

 

Ich bin in einem der beiden Volontärhäuser am Rand der Einrichtung untergebracht. In den beiden Häusern wohnen immer jeweils zwei Freiwillige. Da wir im ersten halben Jahr zu dritt waren, wohne ich also seit Mitte Oktober alleine. Das Frühstück und Abendbrot bereite ich selber vor. Unter der Woche wird für mich das Mittagessen gekocht. Am Samstag versorgen ich mich komplett selbst und am Sonntag essen ich mit den Mädchen aus dem Gart und den Schwestern zusammen. Dies ist der einzige Tag in dem die ganze Community zusammen isst.

 

Neue Aufgaben:

Seit Mitte März haben wir eine ganz neue Flötengruppe. Die Blockflöten waren ein Spende, von einem Kurzzeitvolunteer, der seine Rentenzeit damit verbringt, einmal im Jahr die CoH zu besuchen. Diese Flötengruppe habe ich seit Anfang April übernommen und führe diese nun selbstständig. Es macht riesigen Spaß den Kindern die Musik näher zu bringen und ein eigenes Projekt zu habne, bei dem man nicht von den Schwestern oder Mummys abhängig ist. Leider können nie alle Mädchen immer am Flötenunterricht teilnehmen, da einige in der Zeit andere Arbeiten erledigen müssen.

Seit Mitte Mai, also noch ganz frisch, habe ich handsignierte Volleybälle von den Zweiten Heeren aus meinem Volleyballverein dem TSV Giesen Grizzlys bekommen. Die Freude darüber ist bei mir und den Mädchen riesig. Jetzt müssen wir endlich nicht mehr mit Fußbällen Volleyball spielen. Seit dem kamen die Bälle oft zum Einsatz und wer weiß, vielleicht schaffe ich es noch, in den letzten Wochen ein regelmäßiges Training einzuführen.

Allgemeine Veränderungen:

Wie schon erwähnt, bin ich seit Ende Februar alleine im Projekt. Ende Februar sind die anderen beiden Freiwilligen abgereist und seitdem sind leider auch keine neuen Freiwillige gekommen. Das heißt, dass ich nun seit 2,5 Monaten absolut auf mich allein gestellt bin. Ich muss zugeben, dass mich das in ein ganz schönes Tief geworfen hatte. An das alleine essen und wohnen hatte ich mich ja schon gewöhnt, aber nun auch keine Person mehr zum Austauschen zu haben oder um auch mal aus der City of Hope rauszukommen, ist wirklich hart. Probleme, schwierige Tage oder Ereignisse mache ich also seitdem mit mir alleine aus, weil es keine Person gibt, an die ich mich wenden kann. Die Mädels haben zwar immer ein offenes Ohr für mich und merken auch schnell wenn es mir mal nicht gut geht, aber es ist pädagogisch gesehen nicht immer klug denn Mädels alles anzuvertrauen und zu erzählen. So fühle ich mich doch oft sehr sehr einsam, was die Arbeit nicht Erleichert.

Was mich sehr traurig macht, ist die Tatsache, dass die Schwestern kein großes Interesse daran zeigen, wie es mir geht. Ob ich arbeite, wie ich arbeite, wie es mir gesundheitlich geht oder wie ich mit der derzeitigen Situation zurechtkomme, scheint den Schwestern egal zu sei, bzw. kommen keinerlei Nachfragen oder Erkundigungen.

Dadurch dass ich die einzige Freiwillige im Projekt bin, habe ich ein engeres Verhältnis zu den Mädchen bekommen, was ich sehr schön finde. Sie vertrauen sich mir an und auch die älteren der Mädchen, mit denen man am Anfang nicht so viel zu tun hatte, fangen langsam an, sich zu öffnen. Allerdings ist es auch sehr anstrengend, da die Mädchen jetzt nur noch auf mich zukommen können und alleine für über 30 Mädchen Zeit zu finden und allen gerecht zu werden ist nicht immer leicht.

Ich liebe die Arbeit mir den Mädchen noch immer, aber es zerrt an den Nerven ganz allein ohne andere Freiwillige hier zu sein. Die Kommunikation hier im Projekt ist alles andere als gut, sodass die Arbeit unfassbar anstrengend ist, weil man nie irgendwelche Informationen über Programmpunkte bekommt. Auch eigene Ideen umzusetzen scheitert oft an der mangelnden Kommunikation. Dennoch bin ich froh, hier zu sein und freue mich auf die nächsten Monate.

 

Schöne Grüße

Eure Laura

P.S. In ein paar Tagen gibt es etwas über die sambische Kultur zu lesen, also seit gespannt 😉

 

 

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  1. Hey Laura!
    Vielleicht kannst du dich vom 2.Seminar an mich erinnern. Ich bin Martin und derzeit in der Elfenbeinküste.
    Ein bisschen kann ich Deine Probleme verstehen, auch ich bin ganz alleine und habe hier niemand zum Austausch. Es scheint außerdem schon fast ein afrikaniches Problem zu sein, dass Kommunikation oft schwer, bzw. unmöglich scheint.
    Ich wünsche Dir auf alle Fälle viel Kraft in den verbleibenden Wochen.
    Genieße die Zeit trotzdem und nimm Dir nicht alles zu sehr zu Herzen. Ich bin sicher du leistest einen wunderbaren und unheimlich wertvollen Dienst. Danke für Deinen tollen Artikel.

    Gott segne und begleite Dich.
    Viele Grüße aus der EBK, Martin

    • laura steinmann

      Lieber Martin
      Vielen lieben Dank für die aufmunternden und schönen Worte. Ja ich versuche jeden Tag zu genießen, so gut ich kann. Ich wünsche dir auch noch eine schöne und aufregende Zeit. Wir sehen uns dann wieder in Deutschland. Schöne Grüße aus Sambia.

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