emma in ruanda

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Gewöhnen

Teil eins

Ich hatte letzten Sonntag im Gottesdienst die Idee für diesen Blogeintrag. Der Beitrag wurde also begonnen, aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt (Yeah, schon wieder dieser Spruch, der für mich immer noch keinen Sinn macht. Für alle neuen, den hatten wir schon mal in einem älteren Beitrag und schon damals habe ich festgehalten, dass ich diese Aussage nicht verstehe. Hat sich nicht geändert…). Na ja, in jedem Fall wollte ich den Beitrag letzten Sonntag abends fertig schreiben, aber es hat mich danieder gestreckt (Gibt es diesen Ausdruck überhaupt? Klingt ein bisschen komisch, finde ich). Okay, also nochmal in einer Ausdrucksweise, die sicher existiert, ich wurde krank. Darum kommt der Beitrag mit einer Woche Verzögerung, denn das Thema bleibt ja aktuell.
Also viel Spaß beim Lesen wünscht euch die wieder genesene Emma! (Wad ne Ausdrucksweise heute! Ich hab nichts genommen, versprochen!)

Heute stelle ich mal ganz selbstsicher eine Hypothese auf, okay? Ich hoffe es, denn selbst wenn ihr es nicht in Ordnung findet, mache ich es. ÄTSCH!
Jetzt reicht’s aber. Ich möchte euch ja nicht verschrecken.
Meine Hypothese: Man kann sich an alles gewöhnen.
Folgend einige Beispiele, um sie zu belegen:

Alle Lichter auf die Weißen!

Beginnen wir mit dem Angeschaut werden, der Reaktion der Menschen auf uns.
Am Anfang fand ich es total unangenehm, immer angeschaut zu werden. Immer zu sehen, wie sich alle zu uns umdrehen, die Hälse recken, um uns anschauen zu können. Diese ständige Aufmerksamkeit und niemals ungesehen irgendwo hingehen zu können. Vor allem wenn wir morgens zum Gottesdienst gelaufen sind und dann alle uns angestarrt haben, ihre Handlungen gar unterbrochen haben, nur um uns zu beobachten. Ich hatte das Gefühl, ich MUSS ständig lächeln und winken, weil es sonst unhöflich wäre oder die Menschen denken könnten, ich wäre eingebildet.
Ja, auch jetzt noch schauen die Menschen uns an. Manchmal hören wir Kinder schon von Weitem „UMUZUNGU!“ schreien. Das heißt „Weiße*r“. Die Menschen bleiben auch jetzt noch stehen, um uns zuzuschauen. Aber ehrlich gesagt merke ich das meistens nicht mehr. Manchmal, wenn ich drauf achte, dann fällt es mir wieder auf. Aber ich habe nicht mehr das Gefühl, lächeln oder winken zu müssen. Ich fühle mich nicht mehr beobachtet. Rike und ich gehen mittlerweile entspannt quatschend zur Kirche. Meistens grüßen wir die Menschen, die uns entgegenkommen. Manchmal aber auch nicht. Wenn wir in Gedanken versunken sind, dann laufen wir auch mal schweigend den ganzen Weg entlang. Nicht anders als in Deutschland. Und wenn jetzt Kinder kommen, um uns zu drücken oder die Hand zu schütteln, dann ist das für mich schon selbstverständlich und überhaupt nicht mehr unangenehm.
Genauso wenn wir nach Geld, Schuhen oder sonst irgendwas gefragt werden, weiß ich, wie ich mich verhalten muss. Ich weiß, was ich sagen muss, in welchem Tonfall. Ich weiß auch, wie ich mich am besten verhalte, wenn man versucht, mir die Uhr abzunehmen oder die Spange aus den Haaren zu ziehen. Das merken auch die Straßenkinder. Letzte Woche Samstag war es so gut. Es war echt viel entspannter als die beiden Male zuvor. Einfach, weil wir entspannter sind und wissen, was auf uns zukommt, aber auch wie wir uns verhalten müssen.

Nicht die beste Qualität, aber ich denke, man erkennt, dass wir immer zu erkennen sind ; )

Körperfarbe & -geruch

Daran anknüpfend kann man sich auch daran gewöhnen, dass um einen herum eine andere Hautfarbe haben. Zu Beginn ist es mir immer aufgefallen. Es war ungewohnt, nicht von Menschen mit der gleichen Hautfarbe umgeben zu sein. Jetzt ist es normal. Ich frage mich, wie es wird, wenn wir wieder in Deutschland sind und da fast nur Menschen sind, die aussehen wie wir, also bezogen auf die Hautfarbe meine ich.
Mit Gerüchen war das auch so ein Ding. Also nicht nur Körpergerüche, die sind hier nebenbei bemerkt ziemlich anders als in Deutschland. Gerade bei den Straßenkindern merkt man das. Nein, auch das Essen riecht hier anders, die Küche, der Markt, die Läden. Sogar das Wasser.

Wasser

Womit wir schon zum nächsten Punkt kommen, an den wir uns gewöhnen mussten . Ja ja, das mit dem Wasser ist noch so eine Sache. Erst einmal ist es uns nicht möglich, mit dem Wasser aus dem Hahn Zähne zu putzen. Nein, wir müssen gefiltertes, abgekochtes Wasser aus Flaschen zum Trinken und Zähne putzen nehmen. Das ist richtig komisch gewesen, nicht den Wasserhahn aufdrehen zu können, um die Zahnbürste abzuspülen, sondern stattdessen die Wasserflasche aufzuschrauben. Und das Wasser schmeckt jedes Mal anders. Am Anfang hat immer einer von uns getestet, ob das Wasser lecker ist (also nach fast nichts schmeckt) oder ob es nicht so gut ist. Mittlerweile ist auch das eklige Wasser gar nicht mehr so ekelig. Lecker schmecken tut es nicht, aber dafür hat man ja Vitamintabletten mit Geschmack, die man im Wasser auflösen kann. Aber duschen und Gesicht waschen kann man mit dem Wasser aus der Wand. Ja, das Wasser ist manchmal am Anfang nicht ganz klar, also es hat ab und zu einen leichten bräunlichen Schimmer, der aber zum Glück schnell weg gespült ist. Danach ist das Wasser mehr oder weniger klar. Nicht wie in Deutschland, aber durchaus akzeptabel. Aber wir haben immerhin warmes Wasser in unseren Duschen! JA MAN! GEIL oder? Das man sich so sehr über warmes Wasser freuen kann, hätte ich nicht gedacht. Also, Rike und ich bekommen nicht zeitgleich warmes Wasser, aber nacheinander geht es. Da wir mit ausschließlich kaltem Wasser gerechnet haben, ist das echt eine tolle Überraschung gewesen.
Das heiße Wasser in der Küche wird auf dem Herd produziert. Also morgens wird der Herd, der mit Holz betrieben wird, angefeuert und irgendwann bekommt man dann heißes Wasser zum Abspülen. Ja ja, Teewasser dauert da auch ein bisschen : )

Das lerne ich hier auf jeden Fall zu schätzen, fließend Wasser, egal ob warm oder kalt, eine funktionierende Waschmaschine, dauerhaft Strom, funktionierendes WLAN, deutsche Einkaufläden, geregelter Verkehr ; ) Aber ich will mich nicht beschweren. Es ist auch einfach spannend, diese Erfahrungen zu machen, das könnte ich in Deutschland niemals erleben.

Nimm dir Zeit und üb‘ dich in Gelassenheit

Das ist ein Reim, aufgefallen? Ich werde noch richtig pötisch!
Ja Papa. Ein kleiner Pöt ist deine Tochter ; )

Und das Thema Zeit. Freunde, von dieser Gelassenheit können sich Deutsche gerne mal was abschneiden. Wenn du heute etwas nicht machst, ja mein Gott, dann machste’s halt morgen. Wo ist das Problem? Morgen ist doch auch noch ein wunderbarer Tag, an dem man Dinge erledigen kann. Gestresste Menschen wie man sie in Deutschland häufig sieht, Stereotyp mit Kaffeebecher in der einen, Handy in der anderen Hand, am besten noch Headset im Ohr, halb am gehen, halb am rennen, um noch pünktlich zum nächsten Termin zu kommen, der eigentlich viel zu knapp geplant und damit nicht zu schaffen ist, findet man hier selten. Solche Menschen sind mir hier noch nicht aufgefallen, was aber nicht heißen soll, dass es sie hier nicht auch gibt.
Trotzdem, gefühlt sind hier die Muttis auch entspannter im Umgang mit ihren Kindern. Die Kinder werden auf dem Rücken getragen, egal wo man hingeht, man sieht immer irgendwo eine stillende Frau. Ob mitten auf dem Markt, irgendwo an der Mauer sitzend, hier wird überall gestillt und das ist nichts Besonderes (sollte es auch eigentlich nicht sein, ist es in Deutschland aber leider oft). Und sonntags in der Kirche laufen die Kinder durch die Gegend. Die ganze Zeit. Die Kleinen mal alleine, mal mit ihren großen Geschwistern, die sich hier deutlich mehr um ihre kleinen Geschwisterkinder kümmern (müssen?). Häufig sieht man ältere Kinder mit kleinen Kindern an der Hand, auf dem Schoß, auf dem Rücken. Mir sind hier noch keine Helikoptermütter aufgefallen. Schon spannend, denn die Kinder werden hier auch irgendwie groß ; )

Sprache oder besser: Kommunikation

Die Kinder wollen immer gerne mit uns reden. Ist nur bisher noch ein bisschen schwierig, weil unser Kinyarwanda, na ja, sagen wir mal so, es ist noch ausbaufähig ; ) Darum sind wir mittlerweile ziemlich gut darin, mit Händen und Füßen zu kommunizieren und im schlimmsten Fall verständnislos zu gucken und mit den Schultern zu zucken. Wie lernten wir im Deutschunterricht: Man kann nicht nicht kommunizieren. Das hilft uns jetzt ungemein : ) Ansonsten versuchen wir es mit Französisch, Englisch und Wortfetzen Kinyarwanda. Ja ja, unsere Kommunikation ist schon spannend und reichlich abwechslungsreich. Da zeigt es sich mal wieder, wie praktisch es ist, eine Sprache zu sprechen. Aber wir lernen ja kinyarwanda. Also spätestens Ostern soll es fließen, meinen alle. Das kann ich ja noch nicht so ganz glauben. Aber wir werden sehen.

Die Kinder gerne ganz nah bei uns und immer am Albern : )

Essen und Wetter

Das Essen hat mir die ersten ein ein halb Wochen ein bisschen zu schaffen gemacht, heute ist es überhaupt kein Problem mehr. Das einzige, womit ich mich noch nicht so ganz angefreundet habe, ist, dass es hier zwei Mal am Tag warmes Essen und nur ein Mal Brot gibt. Und dass die warmen Mahlzeiten dann so nahrhaft sind. Aber es geht schon. Das ist einfach etwas, was ich von zu Hause überhaupt nicht kenne, also dass es zwei warme Mahlzeiten gibt, die wir in Deutschland zu mehreren Mahlzeiten aufsplitten würden. Folglich ein Mal Reis, ein Mal Kartoffeln, ein Mal Nudeln und dann der Rest dazu – nicht immer zwei der drei Sachen plus Kochbananen, Bohnen, Erbsen, Fleisch und Soße. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. So kann ich immer entscheiden, was ich essen mag. Definitiv ein Vorteil : )
Das Wetter finde ich übrigens sehr angenehm. Immer zwischen 20 und 25 Grad in der Regenzeit, die gerade läuft. Somit jeden Tag ein Schauer. Nachts aber selten unter 15 Grad. Daran kann man sich durchaus gewöhnen, oder?

Okay, da sind mir doch mehr Dinge eingefallen als ich gedacht hab. Ich habe aber auch ein paar Sachen, die meiner These widersprechen, die ich euch in meinem nächsten Beitrag näherbringen werde. Wir machen quasi einen Zweiteiler ; ) draus. Heute Teil eins und Sonntag Teil zwei.
„Boah, eine Serie mit Teil zwei in weniger als zwei Tagen?! Wad ’ne krasse Autorin!“
„Danke, aber ohne Euch, meine treuen Leser, wäre das alles nicht möglich. Danke an dieser Stelle an Euch!
Autogrammwünsche bitte an meine Managerin und eine der besten Schwestern, die man sich vorstellen kann. Wendet Euch bitte vertrauensvoll an Hanna.“

Da geht’s schon wieder durch mit mir. Die ganzen Danksagungen, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Manchmal überkommt es mich einfach.
In jedem Fall hoffe ich, euch hat der Beitrag gefallen und ihr schaltet zum zweiten Teil meiner kleinen Serie am Sonntag wieder ein.

Liebe Grüße und bis dahin
Emma

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