Vor 346 Tagen stieg ich aufgeregt und neugierig in den Flieger, gespannt was mich in Albanien erwarten wird. Ich habe viel Neues gesehen, viele Leute getroffen, viele Geschichten gehört, die mich immer wieder tief getroffen haben. Das Ganze soll also nun morgen vorbei gehen, denn morgen werde ich dann wohl wieder zurück nach Deutschland fliegen.
Wie es mir geht? Die wohl schwierigste Frage, die mir in den letzten Tagen so zahlreich gestellt wurde. – Keine Ahnung, klar freue ich mich auf zu Hause, auf Familie und Freunde, die man solange nicht mehr gesehen hat, an ein paar Dinge, die man während des Jahres einfach vermisst hat, aber natürlich habe ich den Ort hier sehr ins Herz geschlossen.
Was ich wohl vermissen werde
Die Pater
Ich wohne nun seit fast einem Jahr hier, habe mich so gut eingelebt, kann schon an den Geräuschen auf der Treppe sagen, wer den gerade die Treppe hochläuft, wer welche Dinge mag, das ich Don Rudi, dem ältesten Pater (er ist 95 und fast schon ein Heiliger) sein Glas Wasser nur halb voll einschenken muss. Das Ganze hat sich vor allem jetzt in den Sommermonaten noch mehr ausgeprägt, seit die Schule vorbei ist und auch die Summergames, ist es relativ ruhig im Haus, bis 11. August war noch das Oratori geöffnet, welches nun auch eine 2-wöchige Pause macht. Wir sind oft ans Meer gefahren an den Nachmittagen vor dem Oratori oder haben mit kleineren Gruppen Kinder verschiedenste Ausflüge gemacht.
Die Kinder und Jugendlichen, mit denen ich gearbeitet habe
Dazu gehören die Jungs mit denen ich 9 Monate zusammengelebt habe, die zu meinen Brüdern wurden, die ich aber leider seit Mai nicht mehr gesehen habe, das Oratori, in dem ich nun 12 Monate jeden Tag war, die Kinder, die Tag für Tag kamen, vor allem die Kleinen, die es gar nicht immer so leicht hatten sich gegenüber den Großen zu behaupten und trotzdem so gerne kamen, vor allem da ich von einigen auch die familiären Hintergründe wie große Armut, schwierige, strenge Eltern, kenne. Deren einzige Freude ist jeden Tag rausgehen zu können und im Oratori zu spielen.
Die Animatoren, die das Oratori zu einem schönen Ort gestalten und die mich gestern total überrascht haben, als sie alle draußen auf dem Balkon mit Ballons und Musik gewartet haben, um sich von mir zu verabschieden. Die mir stets zur Seite standen und halfen, beim Übersetzen oder einfach alltägliche Dinge, bei denen ich vielleicht Hilfe brauchte, da es anders ist als in Deutschland.
An dieser Stelle würde ich auch gerne die Frauen aufzählen, die jeden Tag in der Kirche sind und sich als Eltern und Freiwillige engagieren. Die mir einfach jeden Tag ein Lächeln, ein Guten Morgen etc. schenken.
Die Herzlichkeit
Das warme Gemüt, das viele Lachen, dieses Geborgensein, das ich hier immer habe, da die Menschen einen so gut aufnehmen, das werde ich wohl am meisten vermissen. Diese positive Ausstrahlung, die trotz häufiger, großer Not, gegeben wird. Das ist etwas wovon wir Deutschen uns eine Scheibe abschneiden könnten, wir haben alles was wir zum Leben brauchen und trotzdem beschwert man sich. Im Vergleich dazu, auch wenn ein Albaner nichts hat würde er dir als Gast trotzdem das letzte Essen anbieten. Das in den Arm nehmen, einfach diese Offenheit und das herzliche Entgegenkommen
Die Stadt Shkodra
Als drittgrößte Stadt Albaniens ist sie zwar trotzdem recht klein aber ich habe mich ab der ersten Sekunde wohlgefühlt. Ich mag den Charme, den sie ausstrahlt. Die Stadt stellt den Mittelpunkt des Christentums Albaniens dar, gleichzeitig leben auch viele Moslems hier und man hört abwechselnd die Kirchenglocken klingen und den Muezzin singen, aber es zeigt irgendwie wieder wie schön und friedlich die Religionen hier zusammenleben können. Die Fußgängerzone genannt ,,Pedonale“, die ich so viele Male abgegangen bin, in der sich das Hauptleben der Stadt abspielt, auf der ich immer wieder den ein oder anderen treffe und einen kurzen Tratsch halte, während ich auf dem Weg zu meinem Stammcafe bin, das mir seit geraumer Zeit auf Instagram folgt und die Besitzer und Mitarbeiter mich stets grüßen, wenn ich ihnen auf der Straße begegne.
Das einfache Hineinleben in den Tag
Man weiß eigentlich nie was der neue Tag mit sich bringt, es passieren stets so viele Überraschungen und Abwechslungen ich glaube eher selten habe ich mir in dem Jahr gedacht, es ist langweilig. Immer wieder kam spontan Besuch, Ausflüge usw. Man schaut einfach was der Tag mit sich bringt. Vor allem ich als Volontär würde meinen Freiwilligendienst nicht als hartes Arbeitsleben sehen, sondern irgendwie war die ,,Arbeit“ ja eher Spaß, umso schwerer wird das Zurückkommen ins stressige Deutschland, schon jetzt graut es mir vor den Arztbesuchen, die ich vor mir habe und Terminen für die Universität, die anstehen.
Die Musik
Da eigentlich immer laut Musik im Oratori und auch bei jeglichen Autofahrten lief, bin ich zumindest unter den albanischen Charts bestens informiert, was gerade beliebt ist. Ich mag die albanische Musik wirklich gerne, die Musik ist sehr lebhaft und hat mir auch geholfen etwas besser albanisch zu lernen. Allerdings werde ich weiterhin albanische Lieder hören, da diese mich auch einfach an mein Jahr hier erinnern und sie mir sehr gut gefallen.
Das Essen
Ja auch das Essen hier finde ich sehr gut. Ich muss nicht lange überlegen, wenn mich Leute fragen, was ich am liebsten esse in Albanien: ganz klar Byrek, in etwa Blätterteig mit verschiedenen Zutaten gefüllt wie Fleisch, albanischem Joghurt, Käse oder Spinat. Auch das wird das Essen sein, das ich am allermeisten vermissen werde. Aber auch sonst bietet die albanische Küche einiges, gutes Fleisch, vor allem viel und guten Fisch, der selbst mich als eher abgeneigter Fischesser sehr überzeugt hat. Zudem gibt es immer viel frisches Gemüse und Obst, welches man geschmacklich nicht mit deutschem vergleichen kann. Natürlich habe ich hier auch im Luxus gelebt, ich wurde mindestens 2 mal täglich frisch von den Köchinnen bekocht, auch das wird eine Umstellung, sobald das Unileben beginnt, wenn ich mich aufeinmal selbst verpflegen muss.
Albanien mit Land und Leuten und allen seinen Facetten
Morgen um diese Zeit sitze ich im Flieger und lasse Albanien und damit einen Teil meines Herzens zurück. Das war auf keinen Fall mein letzter Albanienaufenthalt, es liegt nur eineinhalb Flugstunden entfernt und ich weiß ich werde wieder zurückkommen, aber trotzdem wird es nie mehr dasselbe sein.
Hiermit will ich auch aufhören, ich muss noch fertigpacken und mich von allen Menschen, die ich das Jahr über kennenlernen durfte, verabschieden.
Vielen Dank, dass ihr meinen Blog und meine Berichte das Jahr über verfolgt habt.
Bis in Deutschland
Liebe Grüße
Emilia
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