Aufgrund einer Halsentzündung hatte ich etwas mehr Zeit in den letzten Tagen, um einen neuen Blogeintrag zu verfassen, der mir schon wieder seit mindestens einem Monat im Kopf herumschwirrt.

Und zwar möchte ich einmal auf die albanische Kultur und was denn so ,,typisch albanisch“ ist, eingehen. Natürlich sind alles nur die Eindrücke, die ich den mittlerweile 10 Monaten hier gesammelt haben und die selbstverständlich nicht auf alle Albaner zu übertragen, aber einfach Dinge, die mir aufgefallen sind.

Direktheit

Die Albaner sind immer direkt, so bekommt man häufig zu hören: ,,Oh dein Outfit ist aber schön.“ ,,Du siehst heute so schön aus.“ ,,Du bist so süß.“ ,,Du bist so fleißig und hilfst immer so gut.“ Mindestens genauso oft hört man dann aber auch wieder ,,Bist du krank? Du siehst heute echt schlecht aus“ – Was soll ich sagen? Ich war natürlich nicht krank… 😀 Oder man macht Witze über die Akne, die Figur oder über diejenigen, die etwas bräunere Haut haben. Auch meine 2 Freunde, Volontäre aus der Schweiz und Deutschland haben nicht schlecht gestaunt, als ihnen ihre Mitarbeiter gesagt habe, dass sie fett geworden seien. Die Albaner sind einfach direkt und nehmen kein Blatt vor den Mund. Meiner Meinung gleicht sich das ganze gut aus, da man viele Komplimente bekommt und mit der Zeit nimmt das Ganze auch nicht mehr so ernst, denn wenn es etwas, dass alle gerne tun, dann ist das übertreiben.

Lästern – das beliebteste Hobby

Noch lieber als jemandem ins Gesicht zu sagen, ist das Ganze hinter dem Rücken zu machen. So wird oft beim stundenlangen Kaffeetrinken über das neueste Outfit jemandes geredet, denn alle kennen oder vielleicht über die etwas fragwürdige Frisur eines völlig unbekanntem Passanten. Oft wird mir gesagt ,,Ach es wäre schön in einem anderen Land zu leben, wo man einfach tun kann, was man will.“ Hier wird einfach immer darüber geredet und man möchte ja sich und seine Familie nicht schlecht hinstellen. Auch in Deutschland wird über andere geredet und der neueste Tratsch ausgetauscht, ich denke das liegt in der menschlichen Natur, dadurch, dass hier einiges noch traditioneller ist und etwas anders abläuft in Deutschland, wird zum Beispiel auch unter den Nachbarn getratscht, wen man denn nach Hause bringt, dennoch finde ich es hier etwas ausgeprägter.

Kaffeekultur

Das Kaffeetrinken gehört hier einfach zum Leben, schließlich macht man eigentlich fast nichts anderes als in ein Café zu gehen, wenn man sich mit Freunden trifft. Dabei wird starker türkischer Kaffee getrunken. Das Kaffeetrinken wurde zu einem wirklich ausgeprägtem Hobby für mich, fast täglich treffe ich mich dazu mit Freunden, man bleibt gerne stundenlang sitzen und redet (oder tauscht sich über den nächsten Tratsch aus, wie bereits erwähnt.) Warum das Kaffeetrinken hier so populär ist? Es gibt hier einfach nicht so viele Möglichkeiten etwas zu machen, der Kaffee mit 50 Cent pro Tasse ist wenigstens preisgünstig. Auch trifft man sich nicht unbedingt zu Hause bei anderen, man bringt niemand Fremdes nach Hause, außerdem sind die Wohnungen häufig sehr klein, die Zimmer werden sich immer unter den Kindern geteilt, teilweise auch mit Großeltern etc.

Gesundheitssystem

Aufgrund meiner mittlerweile vergangenen Krankheit, hatte ich auch die Möglichkeit in das Gesundheitssystem einblicken zu können. Natürlich war es nicht schön so krank zu sein, dennoch finde ich, dies war eine bereichernde Erfahrung, als ich nämlich entdeckt habe, dass sich in meinem wirklich sehr geschwollenem Hals mittlerweile auch Eiter gebildet hat, wusste ich es handele sich leider nicht mehr um harmlose Halsschmerzen und das ich mich vielleicht doch zum Arzt begeben sollte. Deswegen habe ich dann dem wohlgemerkt ,,besten“ Krankenhaus der Stadt abgestattet. Naja vom Aussehen schien es mir schon sehr unterschiedlich zu Deutschland, aber die Schwestern und die Ärztin waren supernett, haben sich ganz lieb um mich gekümmert und die ganze Behandlung war umsonst. Natürlich wäre das kein Problem für mich und ich bin in meinem Freiwilligendienst auch versichert, aber ich finde es gut zu wissen, dass die Menschen dorthin gehen können, auch wenn sie kein Geld haben, denn das ganze finanziert der Staat. Die Medikamente musste ich dann schon bezahlen. Also ich persönlich habe keine schlechten Erfahrungen gemacht, ich habe allerdings schon Geschichten von Fahrrädern im OP-Saal gehört, denn draußen wird es ja gestohlen…

Religion

Wie schon oft erwähnt ist der Glaube hier so wichtig für viele Menschen. Sonntags geht man in die Kirche egal welchen Alters. Aber was ich am schönsten hier finde, dass es Christen und Muslime sich hier so gut tolerieren. Auch ins Oratori kommen täglich viele Muslime, wir beten dort oft zusammen, aber das wird von den muslimischen Kindern toleriert, genauso wurde gestern aufgrund des Bayrams (Ende des Ramadans) ein freier Tag der Summergames, die mittlerweile begonnen haben, eingelegt.

Herzlichkeit

Auch die Herzlichkeit habe ich schon in vielen vorangegangen Blogeinträgen erwähnt, möchte sie nun aber noch einmal aufgreifen, da sie einfache zum ,,typischen“ Albanerdasein dazugehört. Man erkundigt sich immer freundlich wie es den anderen geht, auch die zahlreiche Küsschenverteilung, spricht meiner Meinung nach dafür. Man wird überall mit offenen Armen empfangen und vor allem als Ausländer wird man häufig eingeladen, auch wenn die Menschen vielleicht nicht so viel Geld haben, aber man kann sie nicht davon abbringen.

Tradition

Die Albaner sind sehr traditionsbewusst, zum Einen der albanischen Kultur mit den Tänzen, der Musik, aber auch beispielsweise beim Essen bleiben sie traditionell. Es gibt hier ein Sushi Restaurant in Shkodra, als ich dort zusammen mit einer Freundin war, wurden wir tagelang ausgefragt, wie es denn war und das Ganze wurde kritisch begutachtet. Genauso ergeht es mir jedesmal, wenn ich sage, dass ich Kontaktlinsen trage. Diese Dinge sind ,,moderner“ und sind nicht seit Jahrzehnten in Gebrauch, deswegen fehlt das Vertrauen darin. Auch beispielsweise Tampons werden aus diesem und aus religiösen Gründen nicht gebraucht hier. Zur Tradition gehört es auch, früh zu heiraten, die Familie steht an oberster Stelle. Die Frau wird nach der Hochzeit eine typische Hausfrau, kocht, kümmert sich um die Kinder und putzt das Haus. Aus diesem Grund finde ich es sehr wichtig, dass die Jungs hier im Haus auch mithelfen müssen, beim Teller abtrocknen, zusammenkehren etc.

Viele verbinden Albanien mit Kriminalität und der Mafia, dies sind Gerüchte oder Stereotypen, so wie die deutsche Pünktlichkeit oder dass alle Deutschen Bier lieben. Es gibt für alle Länder diese Stereotypen, die es aber gilt zu durchschauen. Dies sind nun meine Eindrücke aus meiner Sicht und meinem Umfeld.

 

Des Weiteren haben mittlerweile die Sommerferien und somit die Sommerspiele begonnen. Im Haus ist es ruhig, bis auf ein paar Ausnahmen sind alle Jungs zu Hause und kommen erst wieder im September, was für mich schon den endgültigen Abschied für sie heißt. Langweilig wird mir aber erstmal nicht dank der Sommerspiele, die einigen Schwung in das Oratori bringt. Bald folgt ein Eintrag darüber.

Hier noch ein paar Eindrücke von einem Ausflug, den ich zusammen mit den Animatoren des Oratoris gemacht habe. Dabei hatte ich das Vergnügen den Süden Albaniens erkunden zu können, der wahre Schatz Albaniens. Ich war wirklich begeistert von den Orten, die wir besucht haben, vor allem von den schönen Stränden und dem Meer.