Wir schreiben  den 15.03.2019

Naja, eigentlich schreiben wir August aber stellt euch einfach vor, es wäre noch März. Ein Tag, wie es jeder andere sein könnte. Es ist heiß, die Sonne scheint, die Luft ist staubig. Ein Tag, um euch von meinem Alltag zu erzählen! Abgesehen vom Abend…

Liebes Tagebuch,

Heute wurde ich mal wieder ins kalte Sprachwasser geworfen.

Aber vorher war erstmal wie immer ein langer Arbeitstag. 7.45 Uhr nach einem hastigen Frühstück, geplante Abfahrt vor dem Haus. Mein derzeitiger Mototaxifahrer Karl* kam erstmal zu spät, also ich zu spät zur Arbeit. Nicht weiter schlimm. War hier noch als pünktlich bezeichnebar. Vormittag mit den Kindern und Mittagessen (es gab schon wieder Maisbrei) rumgekriegt und dann weiter zum Schneider. Die Jacke sollte schon vor 10 Tagen fertig sein, aber das ist ja immer so eine Sache mit der Zeitkalkulation bei den Schneidern. Naja. Jedenfalls war sie am Freitagnachmittag dann fast fertig. „Fast“, dass soll heißen, dass ich mich dort für gut 1,5h aufs Sofa gesetzt habe, dem kleinen Jungen, der dort immer unterwegs ist, versucht habe, die Angst vor dem „Yovo“-Mädchen (weißen Mädchen) zu nehmen, und schließlich zur Arbeit musste.

…erstmal anprobieren bevor es zum anpassen nochmal unter die Nadel geht.

Immernoch ohne Jacke. Nach dem freitäglichen, vorösterlichen Kreuzweg im „Foyer Laura Vicuna“, dem Mädchenheim auf dem Gelände der Schwestern, war dann auch schon wieder kurz vor 19.00 Uhr. Zeit für eine Entscheidung. Eine junge Schwester, Soeur Adéline*, hatte uns am Vorabend noch angefragt für einen Termin um 19.00.

Eigentlich hatte ich echt Lust auf Pause, aber wie man dann so ist, will man doch  so viel wie möglich mitnehmen. Also von der Mitvolontärin Johanna überreden lassen, mitzugehen.

Als runden Tische hatte man uns die Veranstaltung vorgestellt. Als eine Diskussion zu Themen der Jugend. Kann man sich ja mal anhören, dachten wir uns.

Also hetzen wir beide noch kurz in unsere WG und dann direkt weiter. Stapften über den sandigen Schulhof und schon auf dem Basketballplatz kam uns Soeur Adéline entgegen, erfreut uns unterwegs zur Veranstaltung zu sehen. Naja, Genau genommen, kam sie mir entgegen: „Ah, hallo, die Volontärinnen. Das ist gut, ich habe Arbeit für euch! Ah nein, ich habe Arbeit für dich, Annika“  Ohje. Nach einem anstrengenden Tag, hatte ich auf einen entspannten Abend gehofft, aber ich ahnte anderes. Wenn jemand konkret auf mich hier mit Arbeit zu kommt, dann hat das nicht selten etwas mit dem Gebiet „sprechen, erklären, vorstellen“ zu tun. Neben dem Punkt, dass Johanna noch ein wenig angeschlagen ist, habe ich durch mein längeres Schulleben mit Französisch am meisten Routine im „drauf los reden“ von unserer Dreiergruppe. So wunderte es mich gar nicht, dass Soeur Adéline mir einen Zettel in die Hand drückte mit Themen des Abends und mit der Aufforderung, mich doch vorne mit an den Gesprächstisch zu setzen. Na toll. Wird bestimmt ein sehr entspannter Abend.

Rausreden war nicht drin, und so begab ich mich wenig später unter dem kleinen, schadenfrohen Grinsen Johannas, nach vorne. So durfte ich mit ganz nah am Geschehen sein. Mitreden über Familie, Schule, Freundschaft, Freizeit, Kirche im Leben der Jugend und Probleme der jungen Generation.

Als jüngstes und einziges nichtbeninisches Mitglied am Tisch konnte ich einige Erfahrungen aus Deutschland mit einbringen und habe mich zum Ende, dann doch finde ich, gar nicht mal so schlecht geschlagen. Bei Fragen wie Familie habe ich so zu anderen mit 30 geschwistern und Halbgeschwistern einen hohen Kontrast gesetzt und auch was Schule und Studium, Freundschaft und Kirche im Leben der Jugend angeht gab es oft große Differenzen zwischen meinem und den Beiträgen anderer Teilnehmer.

So ist heute mal wieder eine ganz eigene Herausforderung bewältigt worden und nach einigen Schulterklopfern und Snacks ging es dann auch ohne Umwege ins Bett.