8 Uhr morgens: Der Wecker klingelt und weckt mich, falls der Hahn, der morgens um 7 Uhr bereits in Hochform ist, oder die laute Musik aus dem Dorf das nicht schon erledigt haben. Die Fathers meinten, dass wir versuchen müssen, die Musik zu genießen. Anders sei gegen diesen Schwall an Tönen nicht anzukommen. Ich trabe noch etwas verschlafen ins Badezimmer in die Dusche. Danach werden noch schnell die Ergebnisse der Fußballspiele der vergangenen Nacht gecheckt, die ich aufgrund der Zeitverschiebung nicht live verfolgen konnte.

Dann geht es auch schon hinunter zum Frühstück. Mir fällt es immer noch etwas schwer bereits am frühen Morgen Reis mit Soße und Ei zu essen. Doch es wird von Tag zu Tag besser. Ich schaufele mir deshalb eine kleinere Portion auf meinen Teller, wohlwissend, dass danach noch ein leckerer Granatapfel auf mich wartet. Granatäpfel haben sich in der Liste meiner Lieblingsfrüchte weit oben etabliert. Da kann man auch mal über den komplizierten Schälvorgang hinwegsehen. Zudem sollen Granatäpfel sehr gesund sein, und sogar gegen Magenprobleme helfen. Optimal!

 

Mein neues Lieblingsobst!

Mein neues Lieblingsobst!

Nachdem jeder seinen eigenen Teller kurz abgespült hat (Besteck gibt es ja keines, weil man mit den Händen isst), geht es nochmal kurz hoch ins Zimmer.

Um 9:30 Uhr findet dann die „Assembly“ statt. Das ist nun ein guter Moment meine Haupttätigkeit einzuführen. Denn wider Erwarten unterrichten wir in den ersten Monaten nicht im „Don Bosco College of Arts and Science“, sondern kümmern uns um die Teilnehmer am „Spoken English Course“, welcher von erwachsenen Frauen (in der Regel von Ordensschwestern) besucht wird. Diese kommen für einen Monat nach Keela Eral, um ihr Englisch zu verbessern. Sie sind hier Projekt untergebracht und bekommen auch Verpflegung gemeinsam mit den Fathers, Brothers und uns Volontären. Ihr Tag ist von morgens um 6 Uhr („Morning Prayer“ und „Meditation“) bis abends zum Abendessen gut durchgetaktet, damit sie in dem Monat so viel lernen wie möglich. Wie der Name des Kurses bereits verrät, liegt besonderes Augenmerk auf dem Sprechen von Englisch. Mir persönlich gefällt diese Arbeit, da wir uns super mit den ersten vier Kursteilnehmerinnen verstehen. In Zukunft soll der Kurs auf mindestens 10 Teilnehmerinnen aufgestockt werden. Wir haben viel Spaß zusammen, machen Scherze, aber lernen auch viel gemeinsam. Inzwischen haben die Sisters uns schon zu ihrer Einrichtung eingeladen, damit wir die dortigen Sehenswürdigkeiten besuchen können. Hoffentlich können wir dieser Einladung an einem freien Wochenende einmal nachkommen.

Wo war ich stehen geblieben? Ja richtig die „Assembly“, zu Deutsch „Versammlung“. Hierbei ist es Aufgabe der Kursteilnehmerinnen etwas der Gruppe vorzustellen. Sie haben am Tag davor Zeit, dies vorzubereiten. Beispielsweise lesen sie eine Passage aus der Bibel vor, tragen einen auswendig gelernten Dialog vor oder halten eine „Morning Talk“ ab. Die „Assembly“ dauert ca. 20 Minuten.

In den ersten Tagen hatten Felix und ich in der Zeit danach oft viel Freizeit oder wir mussten organisatorische Sachen wie beispielsweise unsere Registrierung in Indien erledigen. Auch wenn das Ausfüllen des Onlineformulars und das lange Warten in Thoothukudi auf der Polizei-Station sehr zeitintensiv waren, waren wir froh, dass es bei uns relativ reibungslos ablief, was nicht alle Indienvolontäre von ihrer Registrierung behaupten können. Inzwischen haben wir auch eine indische Handynummer und den ein oder anderen indischen Snack aus dem Dorfladen bei uns im Zimmer. Gerne nutze ich die Zeit zwischen „Assembly“ und Mittagessen auch dafür, meinen Blog voranzubringen.

Um viertel nach 1 geht es dann schließlich hinunter zum Essen. Inzwischen essen wir die gleichen Sachen wie die Fathers und Brothers, auch wenn wir auf guten Rat von ihnen manchmal auf die ein oder andere scharfe Soße verzichten (Spicy!!!). Am liebsten esse ich Chapati (Fladen) mit Reis und Sambar (Gemüsesoße).

Das Essen zieht sich in der Regel bis 14 Uhr. Eine halbe Stunde später fängt dann unser „Unterricht“ an. Hierbei geht es viel ums Sprechen und Verstehen. Es werden Dialoge durchgesprochen, es werden Geschichte vorgelesen und zusammengefasst, es werden Vokabeln laut aufgesagt, es wird einfach ein bisschen Englisch geredet. Unterrichtet wird selbstverständlich in Hemd und langer Hose. Trotz den vielen Ventilatoren ist es meist etwas unangenehm warm. Außerdem müssen Felix und ich unbedingt noch einmal neue Hemden und Hosen einkaufen gehen, da wir in dieser Hinsicht etwas sparsam gepackt haben.

Die Unterrichtseinheit dauert in der Regel zwei Stunden. Anschließend wechseln wir unser Einsatzgebiet und unsere Klamotten. Kicken und Volleyballspielen steht jetzt auf dem Programm. Bis um viertel nach fünf treiben die Jungs aus dem Hostel in verschiedenster Weise Sport.

Anschließend geht es rein. Teatime! Der Tee schmeckt hier ausgezeichnet und macht wieder wach. Dazu gibt es leckeres, lokales Gebäck und manchmal einen zweiten Granatapfel.

Tee!!!

Tee!!!

Um viertel vor sechs steht „Reading Practice“ für die Jungs aus dem Hostel auf dem Programm. Ich bekommen inzwischen eine eigene Gruppe von ca. 25 Jungs zugeteilt, mit der ich dann Englischsprechen übe. Es hat etwas von einem Morgenappell beim Militär. Ich lese den englischen Satz laut vor, die Jungs antworten im Chor. Später lesen die Jungs abwechselnd die Sätze alleine vor. Die Einheit endet immer mit der eindringlichen Aufforderung an die Jungs untereinander mehr Englisch zu sprechen.

Etwas später treffen sich die Kinder aus dem Dorf an der Kirche fürs „Evening Study“. Die Sonne ist inzwischen schon längst untergegangen. Es wird ein bisschen für die Schule gelernt und anschließend noch eine ganze Weile gespielt. Ob Kabaddi, Fußball, Singspiele, Fangspiele oder anderes. Die Kinder sind einfach für alles zu haben. Besonders freuen sie sich, wenn man ihren Namen noch weiß. Dies zaubert ihnen ein verschmitztes Lächeln aufs Gesicht. Peinlicherweise muss ich gestehen, dass ich bei dieser Aufgabe regelmäßig versage und erneut nach den Namen fragen muss. Die vielen und vor allem unbekannten Namen stellen für mich momentan noch ein erhebliches Problem dar. Aber ich gelobe Besserung!

Um kurz vor 8 Uhr verschwinden dann die meisten Kinder Richtung Dorf und wir Richtung Zimmer. Schnell unter die Dusche und dann steht um halb 9 das Essen auch schon wieder auf dem Tisch. Abends esse ich in der Regel am meisten, da ich nach dem vielen Spielen auch sehr hungrig bin.

Sonnenuntergang von der Dachterrasse

Sonnenuntergang von der Dachterrasse

Nach dem Essen geht es hoch ins Zimmer. Es wird etwas im Internet gesurft oder ein bisschen geskyped. Gegen 11 Uhr schlafe ich auf der etwas harten Matratze dann ein und freue mich bereits auf den krähenden Hahn, der mich morgen früh dankenswerterweise auf meinen bald klingelnden Wecker vorbereitet.

Gute Nacht!