Nun ist es soweit. Seit über einer Woche bin ich nun wieder in Deutschland. Ein Jahr – genauer gesagt 345 Tage – liegen hinter mir. Ein Jahr voller verschiedener Erfahrungen und Überraschungen. Im Nachhinein muss ich zugeben, dass ich mir relativ wenige Gedanken über meine alltägliche Arbeit oder das Leben in einer salesianischen Gemeinschaft gemacht habe. Doch vielleicht war gerade das genau richtig. Denn so habe ich meinen Freiwilligendienst nicht mit großen Erwartungen und Ansprüche angetreten. Im Allgemeinen muss ich sowieso feststellen, dass ich die wenigen Vorstellungen von Keela Eral und meiner Arbeit, die ich mir im Vorhinein gemacht habe, eher weniger angetroffen habe …
Vor Antritt des Freiwilligendienstes bekam ich beispielsweise die Information, dass ich im College unterrichten werde. Dies machte natürlich auch Sinn, da die Haupttätigkeit der „Don Bosco Mission Keela Eral“ das „Don Bosco College of Arts and Science“ ist. Im Endeffekt erledigte ich aber maximal kleine Arbeiten am Computer für das College – wie beispielsweise beim Kreieren von ID-Cards – und unterrichtete knapp zehn Tage Englisch während des Einführungskurses für die Erstsemesterstudenten.
Von September bis Dezember hatten wir drei „Spoken English“ – Kurse, die wir beim Lernen unterstützen. Ab Januar ging es dann in die Grundschule. Es war unsere eigene Entscheidung damals und eine richtige dazu. Ich bin unglaublich dankbar für die vielen Tage, die ich in der Grundschule in Bommaya Puram verbringen durfte. Der Spaß der Kinder bei den „Actionsongs“, der Ehrgeiz der Kinder vor den Examina und das stetige Interesse der Kinder an dir und deinem Unterricht sind Dinge, die ich nie vergessen werde und so zumindest auch nicht in Deutschland antreffen werde. Auch wenn nicht jede Schulstunde Spaß gemacht hat und der lange Weg mit dem Bus in das Dorf beschwerlich und mühsam war, so bleibt mir die Zeit mit den Kindern in bester Erinnerung. Ich habe sie alle tief in mein Herz geschlossen. Dementsprechend fiel mir auch der Abschied von den Kids sehr schwer. Während die Erst- und Zweitklässler noch zu jung waren, unseren Abschied als solchen wahrzunehmen, waren die Dritt-, Viert- und vor allem die Fünftklässler in Tränen aufgelöst. Ein sehr rührendes Bild, was uns an unserem letzten Tag in der Schule geboten wurde. Doch für sie wird das Leben wie zuvor weitergehen und genauso werden auch neue Freiwillige kommen, an denen die Kids viel Spaß haben werden. Für mich jedoch bricht mit meinem Studium in Tübingen schon wieder ein völlig neuer Lebensabschnitt an. Dies war eins der faden Gefühle, die den Abschied begleiteten. Während diese 12 Monate für mich eine Zeit fernab von gewohnter Normalität waren, wird das Leben für die Kinder und Erwachsene dort in Indien einfach weitergehen.
Dass wir im abendlichen Nachhilfezentrum die Kinder bei ihren Hausaufgaben unterstützen werden, war mir davor schon klar. Allerdings ging ich davon aus, mehr Zeit mit den Kindern für Spiel und Spaß zu haben. Jedoch blieb dafür lediglich eine Stunde am Samstagabend. So erstaunte mich dafür die nimmermüde und fleißige Einstellung vieler Kinder beim Lernen. Während einige wenige Schwächen beim konzentrierten Arbeiten hatten, war der Großteil der Kinder mit einem unglaublichen Ehrgeiz und Eifer bei der Sache. Und das in manchen Fällen im Alter von gerade mal 6 Jahren. Als ich in dem Alter war, erledigte ich meine Hausaufgaben in maximal 20 Minuten und war weit davon entfernt, mich abends für anderthalb Stunden dem Wiederholen und Üben zu widmen. Auch wenn ich selbst nicht zu 100% überzeugt von diesem Konzept bin, habe ich allergrößten Respekt vor dem Ehrgeiz und der Ausdauer meiner Freunde und Schüler!
Nachdem ich nun die Strapazen des langen Rückflugs inklusive 10 Stunden Aufenthalt in Mumbai hinter mir gelassen habe, habe ich Zeit das Jahr zu reflektieren. Das erste Wort, welches mir in den Sinn kommt, ist der Begriff „Dankbarkeit“. In jeder einzelnen Abschiedsrede ob im Hostel, im „Fathers House“, im „Tuition Center“ oder in der Grundschule, fiel das Adjektiv „grateful“. Dankbar für die vielen Erlebnisse, Erfahrungen und vor allem tollen Menschen, die ich in den vergangenen 12 Monaten kennen lernen durfte.
Ich habe sehr viel gelernt und auch neue Blickwinkel auf verschiedene Sachen erworben. Das wohl einfachste Beispiel ist Schule bzw. Unterricht aus der Lehrerperspektive. So ertappte ich mich dabei, mich über Verhalten von Schülern aufzuregen, welches ähnlich zu meinem und dem meiner Mitschüler in Deutschland war.
Ich bin zudem nicht nur dankbar für die vielen Erfahrungen, die ich in Keela Eral gemacht habe, sondern auch dankbar für die große Unterstützung, die ich aus Deutschland erfahren habe. Neben der finanziellen Unterstützung durch Spenden für das Projekt, hat mir besonders die ideelle Unterstützung sehr viel Kraft gegeben. Jede einzelne Rückmeldung zu meinen Blogbeiträgen hat mir einen neuen Schub an Motivation und Überzeugung verliehen. Die vielen guten Wünsche und die Anerkennung meiner Arbeit haben mir geholfen, mich weiterhin auf meine Aufgaben zu konzentrieren und nicht zuletzt auch meine Unterstützer und Freunde durch Blogbeiträge an meinem Freiwilligendienst teilhaben zu lassen. Ich habe es tatsächlich geschafft, mindestens einen Blogbeitrag pro Monat hochzuladen. Ich hoffe, meine Artikel waren informativ, lehrreich und nicht zu oberflächlich.
Ein großes Dankeschön an alle, die mich auf diesem unvergesslichen Weg begleitet haben!
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