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Weihnachten ganz weit weg

Mein erstes Weihnachten tausende km weit weg von zu Hause. In einer anderen Kultur, zu einer anderen Jahreszeit. Einen Weihnachtsbaum gibt es hier in der Kirche auch, zwar keine Nordmanntanne und sehr zerrupft, doch an Weihnachten erinnert er trotzdem. Die fehlenden Zweige wurden durch Dekoration kaschiert. Während in meiner Gemeinde Mariä Himmelfahrt in Dresden der Weihnachtsbaum eher schlicht gehalten wird, quoll er hier fast über vor blinkenden Lichtern, Girlanden und Lametta. Und auch die Krippe hier blinkt fröhlich vor sich hin.

Doch obwohl ich bei der Dekoration des Baumes und der ganzen Kirche half und es mich dabei in zuvor unerkundete Höhen verschlug (meine Körpergröße und Klettervorliebe verhalf mir zur Aufgabe die Kirche unter dem Dach zu schmücken), wollte bei mir lange keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Auch die bei den Salesianern zur Tradition gewordene Rundfahrt mit Süßigkeiten durch den Ort, änderte daran nichts. Dabei verteilte ein als Father Christmas verkleideter Bruder von der Ladefläche unseres Pick-Ups her Süßes. Meine Aufgabe als Volontär bestand darin aufzupassen, dass kein Kind unter die Räder gerät oder versucht etwas zu stibitzen.

Und es dauerte nicht lange, bis ein großer Teil der Kinder Bombos Father Christmas und unserer Blaskapelle nachfolgte. Während wir lärmend durch die Straßen zogen und die Kinder mit lautem Rufen Süßes verlangten, fühlte besonders Tim sich ein wenig für den zu verpassenden Karneval entschädigt. Danach ging es in die Heiligabend-Messe, welche hier im Gegensatz zu Deutschland geringer besucht ist als eine normale Sonntagsmesse.

Nach einigen Liedern wie Jingle Bells, die bereits an Zuhause erinnerten, kam schlussendlich das Lied Stille Nacht. Vorher hatte ich Weihnachten kaum realisiert, doch in diesem Moment überkam es mich bei diesem Lied: Du bist fast 6000km weit entfernt von deiner Familie. Tim erging es ähnlich und schnell nach dem Ende der Messe begannen uns Kinder zu fragen, weshalb wir weinten. Worauf ich nur antworten konnte: „Vielleicht werdet ihr das auch verstehen, wenn ihr einmal weit weg von zuhause Weihnachten feiert“.

Dabei ist Weihnachten bei mir keinesfalls an einen Ort gebunden. Meine Familie wohnt so verstreut in Deutschland, dass ich Weihnachten schon bei den verschiedensten Familienmitgliedern in den unterschiedlichsten Ecken Deutschlands gefeiert habe. Doch eben noch nie ganz ohne meine Familie.

Ich weiß nicht, ob es jedem so ergeht, der sein erstes Weihnachten weit von seiner Familie entfernt ist und dabei realisiert, wie seine Familie in diesem Moment ohne ihn feiert. Zumindest kann ich dieses Gefühl nicht besser beschreiben, welches weder wirkliche Trauer noch klassisches Heimweh ist.

Hier wird Weihnachten jedenfalls anders gefeiert. Außerhalb der Familie gibt es z.B. keine Geschenke und der Fokus liegt vor allem auf dem Weihnachtsessen. Beim gemeinsamen Essen mit allen aus der Kommunität, wurde die Stimmung schnell ausgelassen. Aufgrund meiner gedrückten Stimmung beschloss auch ich an diesem Tag mehr zu trinken als üblich. Doch anstatt mir zu helfen, fügte ich damit meinen seelischen Problemen auch noch körperliche hinzu.

Es waren für mich wohl nicht die unbeschwertesten Weihnachten, doch was in jedem Fall bleibt, sind neue Erfahrungen!

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