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Krankheit und Projekte

Drei Wochen krank in Afrika und ein sehr typisches Krankheitsbild für Malaria, sind nicht gerade der Traum eines Freiwilligen. Die Stärke der Symptome schwankte stark von Tag zu Tag, teils von Stunde zu Stunde. 4 Krankenhausbesuche und 4 negative Malariatests sorgten nicht gerade für Erleichterung bei mir. Zum Glück diagnostizierte der dritte der bei jedem Besuch wechselnden Mediziner vor 3 Wochen eine Darminfektion. Die Medikamente scheinen gewirkt zu haben, da ich mich nach einer knappen Woche wieder gut fühlte und beginnen konnte in einen normalen Tagesablauf zu starten.

Da ich nach der ersten Woche und meiner ersten vermeintlichen Genesung von meinem Körper unsanft zurück ins Bett befohlen wurde, blieb ich anschließend vorsichtig. Wer mich krank erlebt hat weiß, dass ich durch die Krankheit verändert wirke. Ich werde stiller und entspannter, brauche vor allem meine Ruhe und verbrachte daher viel Zeit im Bett und in Gedanken versunken. Ich befürchte, dass der Eindruck entstehen könnte, dass diese Wochen für mich eine Katastrophe oder Qual waren, doch im Grunde sehe ich es als eine weitere Erfahrung und hoffe mir nun einen wirklichen Fall von Malaria ersparen zu können. Doch ich möchte die Gelegenheit nutzen unter anderem darüber schreiben, was ich an Deutschland vermisse, da ich viel Zeit hatte auch darüber nachzudenken.

Was ich vermisse

Zum einen vermisse ich Kleinigkeiten, wie ein langes bequemes Bett und einen Teppich, oder auch ohne in permanenter Furcht vor Kakerlaken zu leben. Durch meine große und schlanke Statur hätten meine überall ungepolsterten Knochen diesen Komfort genossen. Und auch eine warme Dusche hätte mir gerade in der Zeit meiner Krankheit bestimmt das Leben erleichtert. Besonders deutsches Brot hat ein hier nicht füllbares Loch in meinem Magen hinterlassen, doch an dieser Lücke wird bereits gearbeitet. Der Plan unser eigenes Brot zu backen wurde durch meine Krankheit zwar behindert, doch inzwischen steht dies weit oben auf meiner persönlichen Prioritätenliste.

Neben diesen kleineren Unannehmlichkeiten gibt es jedoch auch Verhaltensweisen, die mich immer wieder ärgern. Ich habe es gehasst in Deutschland auf unpünktliche Menschen zu warten. Während man in Deutschland aber bereits ab 5 Minuten als zu spät gilt, sind 15 Minuten in Uganda noch pünktlich. Und obwohl ich zum Glück keinerlei Stress habe und eine halbe Stunde Warten meist keine schlimme Verspätung zur Folge hat, bringt mich die allgemeine Unpünktlichkeit innerlich immer wieder zum Kopfschütteln.

Die bessere Seite

Doch nichtsdestotrotz genieße ich die Zeit hier und sollte ich nur den kleinsten Moment zweifeln, brauche ich nur an die Temperaturen in Deutschland zu denken. Besonders seit nach meiner Krankheit der Berg an Aufgaben stetig wuchs und gerade die letzte Woche gefüllt war von verschiedensten Aktivitäten, genieße ich die Zeit hier immer mehr. So füllten Pizzabacken, unterrichten, verschiedene Gartenarbeiten und viele weitere Aktivitäten meine Vormittage.

Und es gibt auch größere Projekte, an deren Umsetzung Tim und ich gerade arbeiten. So gibt den Plan einen Pizzaofen für die ganze Schule bauen oder deutsches Brot für uns und die Salesianer zu backen. Die Nachmittage sind inzwischen ohnehin verplant, seit ich regelmäßig die praktischen Unterrichtsstunden der Solar- und Elektrizitätsklasse besuche. Daran anschließend folgen noch gute 2 Stunden Volleyball mit den Schülern und Studenten. Danach bleibt abends nicht mehr viel Zeit für andere Aktivitäten, auch da ich recht früh ins Bett gehe.

Meine Konklusion

Inzwischen denke ich, dass die zuvor von mir kritisierte Unpünktlichkeit vieler Menschen eine Folge der faszinierenden Gelassenheit ist, die hier allgegenwärtig ist. Ein Leben ohne konkrete Vorgaben, mit freier Entfaltungsmöglichkeit und einen stressfreien Alltag werde ich vermutlich hier zurücklassen müssen. Eine gewisse Ordnung und Organisation haben aber durchaus auch ihre Vorzüge. Gerade die Hauptstadt Kampala ist ein Warnzeichen, wie Chaos und die Abwesenheit von Organisation sich negativ zeigen. Von Kleinigkeiten, wie das systematisch anmutende Fehlen von Preisschildern im sonst fast europäischen Supermarkt, über Straßenverkäufer, die alle Wege verstopfen, bis zum totalen Verkehrsinfarkt mit Nebenwirkungen wie einer smogähnlichen „Luft“, hat Kampala alle Formen des Chaos zu bieten. Selbst ein Brother der Salesianer von hier bemerkte zu uns bereits bei unserem ersten Besuch: „Man, do you see all the confusion?“.

Doch wie so häufig gilt: „Die Dosis macht das Gift“ und Stress ist in meinen Augen eine unvermeidliche Begleiterscheinung von übertriebener Pünktlichkeit und Ordnung. Ich glaube an diesem Punkt bereits jetzt eine sehr wichtige Lektion meines Freiwilligendienstes gelernt zu haben, dass es nämlich darauf ankommt eine gute Balance von innerer Gelassenheit und äußerer Ordnung zu finden. Einen Teil der Gelassenheit, die ich hier kennenlernen darf, möchte ich auf jeden Fall mit nach Deutschland nehmen.