Über den Tag trete ich mit vielen verschiedene Menschen in Kontakt, demnach nehme ich auch viele verschiedene Rollen ein.

Auf dem Schulweg und in den Pausen bin ich wie eine große Schwester für die Grundschulkinder, ich quatsche, spiele und helfe ihnen. So heiße ich hier nicht nur Monika, sondern „Sister“ oder „Akkar“ (=große Schwester auf Tamil).

Sobald die Schulglocke läutet, verwandle ich mich zum Lehrer. Die Kindern, mit denen ich fünf Minuten zuvor die Welt auf den Kopf gestellt habe, muss ich im nächsten Moment unterrichten. Dieser plötzliche Wechsel zur Autoritätsperson ist sowohl für mich, als auch für die Kinder nicht immer einfach.

Für die Lehrer bin ich eine Kollegin, ich sitze mit ihnen im Lehrerzimmer und bereite den nächsten Unterricht vor. Dabei tauscht man sich aus, oder genießt einfach die freien Minuten ohne schreiende Kinder.

Da im Internat hauptsächlich Jungs von 12 bis 18 Jahren wohnen, bin ich dort ein Freund, ein Freund der in der Gamestime mit um den Basketball kämpft, oder in freien Minuten auf dumme Ideen kommt.

Für die Mädchen aus dem Mädchenhostel oder aus dem Nachbardorf bin ich eine Freundin, mit der man über Haare, Schmuck oder Lieblingsmusik quatschen kann.

Deutsche Freiwillige im Projekt zu haben, ist für das Image von großem Vorteil. Neben meiner eigentlichen Mithilfe in der Schule und dem Internat diene ich auch der Repräsentation. So werde ich stolz von den Fathers bei Meetings, Festen, förmliche Anlässe etc. vorgezeigt und vorgestellt.

Da mein Projekt in einer ländlichen und konservativen Gegend liegt, gibt es viel Einwohner, die noch nie in ihrem Leben eine weiße Person gesehen haben. Aus dem Grund bin ich für die Dorfbewohner wie ein Alien. Dementsprechend werde ich des öffteren mit offenem Mund beobachtet, nach Selfies gefragt oder muss erklären, ob meine Haut wegen einer speziellen Creme so weiß ist.

Ich bin also Schwester, Madam, Miss, Lehrerin, Kumpel, Moniiiiii (Grüße gehen raus an Frieda), Teamkamerad, Freundin, die Deutsch, das Alien und zugleich bin ich die gute alte Monika geblieben.