Hallo allerseits!

Wahrscheinlich kann sich jeder von euch denken, das ein Freiwilligendienst nicht nur aus Friede, Freude, Eierkuchen besteht. Auch wenn ich meiner Meinung nach ein großes Los gezogen habe und auch sehr zufrieden bin, gibt es wie in jeder anderen Lebenssituation auch ein paar Aspekte und Gedanken, die einem nicht so leicht fallen. Und von denen erzähle ich euch heute:

Lebensrealitäten

Das Leben der meisten Leute hier in Benin unterscheidet sich schon sehr deutlich von dem Leben, das mein Hauptumfeld und ich in Deutschland leben. Was mir dabei immer wieder auffällt ist die Eintönigkeit in beninischen Lebensweisen. Während mir die Decke schon auf den Kopf fällt, wenn ich einige oder gar einen einzigen Tag nicht wirklich rauskomme, ist das der Alltag der Wohnheimmädchen. Ihre ganze Frei-und Lernzeit verbringen sie im Wohnheim auf dem Gelände und auch die Schulen und Ausbildungen, die die meisten von ihnen besuchen, befinden sich ebenfalls auf dem Don-Bosco-Gelände. Und somit ist das einzige Mal in der Woche, dass sie das Gelände verlassen, der sonntägliche Spaziergang zur nahegelegenen Kirche – falls dieser nicht ausfällt. Ok, das mag jetzt ein Extrembeispiel sein, aber Eintönigkeit dominiert hier das Leben vieler Menschen. Bspw. bei den Marktfrauen, die Tag ein Tag aus auf dem gleichen Stuhl sitzen und darauf warten ihre Ware zu verkaufen. In den Urlaub zu fahren wäre für die meisten alleine aus finanziellen Gründen ziemlich absurd. Die meisten waren selten in anderen Städten Benins und kaum in Nachbarländern. Und wir in Deutschland? Ständig trifft man sich mit Freunden, geht ins Schwimmbad/Theater/Kino…, fährt regelmäßig in andere Städte und Länder, etc. (Wobei ich hier kurz anfügen will, dass das natürlich auch nicht das Leben aller Deutscher widerspiegelt. Dort findet man natürlich auch jede Menge Armut, harte Arbeit und Eintönigkeit.) Aber ich weiß, dass das meine europäische Sichtweise ist, die den Beninern nicht gerecht wird. Denn zumindest diese andere Art der Freizeitgestaltung liegt nicht nur an finanziellen Gründen, sondern auch an einem kulturellen Unterschied. Und so bemühe ich mich, das Land und die Leute durch beninische Augen zu sehen. Die Leute wachsen hier ganz anders auf, lernen den Alltag ganz anders kennen und finden andere Wege als Konsum, um glücklich zu sein.

Unerfüllte Träume

Hungerlöhne, fehlende Chancen und dazu noch ein verzerrtes Bild von Europa: Fast alle haben hier den großen Traum von Europa. Mal werde ich eher scherzhaft von jemandem gefragt, ob ich die jeweilige Person nicht einfach mitnehmen kann, mal ganz ernsthaft. Und das oft mehrmals die Woche… Und irgendwie kann ich die Leute natürlich verstehen. Es ist ja auch ganz schön ungerecht, dass jedes vierte Kind unter 14 Jahren in Benin arbeiten muss und oftmals nicht in die (kostenpflichtige) Schule gehen kann. Es ist ja auch ganz schön ungerecht, dass ich schwupps di wupps innerhalb von einem Tag mein Beninvisum erhalten habe und es andersrum für die meisten Beniner nahezu unmöglich wäre, an ein deutsches Visum zu kommen. Es ist ja auch ganz schön ungerecht, dass ich einfach studieren kann, was ich will und sich viele Menschen in Benin noch nicht einmal einen Ausbildungsplatz leisten können – der kostet hier nämlich und Geld verdient man dabei keines. Und trotzdem versuche ich, in diesen Gesprächen die Vorzüge von Benin darzustellen. Manchmal erkläre ich aber auch ganz direkt das Visum- und Arbeitsrechtproblem oder versuche das Gespräch scherzhaft zu lösen: „Na klar, dann falte ich dich einfach ganz klein und stecke dich in meinen Koffer rein!“

Zwei Welten

Generell fühlt es sich für mich manchmal komisch an zwischen diesen Welten zu stehen. Zusammen mit den Kindern fühle ich mich schon eher beninisch. Wenn ich in meinem Zimmer sitze fühle ich mich eher deutsch. Ich konsumiere deutsche Medien, lese deutsche Bücher oder schreibe mit deutschen Freunden/Familie. Wenn ich mit anderen Volontären unterwegs bin, ist es ein Mix: Dann spreche ich deutsch, unterhalte mich aber sowohl über Deutschland als auch über Benin und mache ggf. beninische Sachen, wie handeln, beninisch Essen etc. Auch durch jeden „Yovo“-Ruf wird mir vor Augen geführt, dass ich hier nicht direkt heimisch bin, weswegen ich fast jedem Rufenden auf die Nase binde: „Hallo, wie geht´s? Aber nenne mich nicht Yovo, sondern lieber Tata.“ Andererseits nennen sie mich durchaus oft bewusst Beninerin, wenn ich die beninische Kleidung trage: „Ah la béninoise“. Auf Reisen und in meiner Freizeit – je nachdem was ich mache – fühle ich mich zwar relativ schnell touristisch, ein Gefühl, das ich gar nicht mag. Aber bei der Arbeit und im Alltag sehe ich mich als beinahe gleichwertige Beninerin, oder zumindest nicht als Fremde, an.

Krankheiten

Während Valerie bisher mehr mit inneren Krankheiten (Bauchweh, Malaria, etc.) zu kämpfen hatte, war es bei mir eher das Äußere. ( <- Diesen Satz hatte ich schon vor einer ganzen Weile geschrieben, mittlerweile muss ich ihn revidieren. Genau in diesem Moment, wo ich den Eintrag nochmal überlese, sitzt Valerie beim Dermatologen ;)). Da unser Viertel Zogbo an einem See gelegen ist, wimmelt es neben den üblichen Moskito auch von kleinen Fliegen, die ihre juckenden, roten Stiche sorgfältig auf unserer Haut verteilen. Und ich bin leider wirklich keine Meisterin darin, den Juckreiz zu unterdrücken, sodass bei mir schnell Wunden entstehen. 2023 war es damit auch gegessen: Stich ->Wunde -> Narbe. Aber seit 2024 musste ich noch ein paar andere Erfahrungen machen: Mitte Januar kam die erste Infektion, besonders schlimm traf es meinen linken Fuß, der ganz dick wurde und beim Auftreten schmerzte. Und so wurde mir vom Arzt Antibiotikum verschrieben. Dieses hat zum Glück gut gewirkt und der kleine Schreck war vorbei. Mitte Februar kam dann erneut eine Infektion. Diesmal tat es zwar nicht weh, aber sämtliche Wunden wurden rot und von Tag zu Tag größer. Betroffen war hier hauptsächlich mein rechter Unterarm und meine Unterschenkel. Während des Zwischenseminars, ließ ich mir in einer Apotheke zum zweiten Mal Antibiotikum geben, was auch bedingt wirkte. Nachdem ich es allerdings beendet hatte, waren die Wunden immer noch nicht ganz weg und fingen erneut an zu wachsen. Diesmal versuchte ich es mit sämtlichen Cremes und Verbänden. Obwohl ich längst nur noch lange Hosen und meinen bodenlangen Rock trug, um niemandem diesen Anblick zuzumuten und unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen, die ich trotzdem die ganze Zeit gestellt bekam, drückte ich mich aus gewissen Gründen vor dem Arztbesuch. Und das obwohl ich merkte, wie die Wunden auch meiner Psyche zusetzten. Doch irgendwann Mitte März musste ich einsehen, dass es wohl die einzige Lösung sei, der Dermatologie einen Besuch abzustatten. Es war ein ziemlich lustiger Arztbesuch und ich fühlte mich in guten Händen. Und tadaaa: Von da an sah ich dank der vom Arzt verschriebenen Produkte überglücklich Tag für Tag wie die Wunden schrumpften und schließlich verschwanden. Endlich fühlte ich mich wieder wohl in meiner Haut und kann seit dem meine Freude an den beninischen Outfits wieder ausleben!

Vielleicht noch ein paar Sätze zu dem Gesundheitssystem für die Beniner: Rein theoretisch gibt es zwar Krankenversicherungen, diese übernehmen aber nur Teile der anfallenden Kosten und sind lediglich unter den Reichen verbreitet. Es gibt öffentliche Erstversorgungskrankenhäuser, für die einfachere Bevölkerung, die nicht all zu teuer sind. Und zu dem gibt es wenige Hilfsprojekte, die z.B. kostenlose HIV-Tests und die darauffolgenden Medikamentenkosten bei positiven Ergebnissen übernehmen. Tatsächlich war es für mich anfangs etwas ungewöhnlich, dass man hier nicht wirklich zum Hausarzt, sondern immer direkt in eines der zahlreichen kleinen Krankenhäuser geht. Der Begriff „kleines Krankenhaus“ passt allerdings nicht zum Krankenhaus CNHU (Centre National Hospitalier Universitaire), welches das größte Krankenhaus Benins und eine Universitätsklinik ist. Das ist das Krankenhaus, wo ich die Dermatologie besucht habe und ich musste eine halbe Stunde über das Krankenhausgelände laufen, nur um diese zu finden.

So ich hoffe ihr seid jetzt nicht trüb gestimmt nach diesem etwas negativeren Blogeintrag. Ich bin es jedenfalls nicht! Ich glaube nur, dass es relativ wichtig ist alle Seiten zu beleuchten, sowohl Schatten- als auch Lichtseiten und freue mich deswegen diesen Blog nun doch hochgeladen zu haben, auch wenn er relativ lange in meinen Entwürfen lag.

Liebe Grüße und schönen Tag!

Teresa