Ein Jahr auf den Inseln

Dieser Alltag ist nicht alltäglich!

Lagebericht #9

Wenn die Hitze dem Regen weicht.

Es kommt einem doch ein wenig komisch vor, wenn man auf den Philippinen, einem Land, dass jedes Jahr von mehr als 20 Taifunen heimgesucht wird, Erdbeben in unterschiedlicher Stärke erlebt und von Überschwemmungen regelmäßig heimgesucht wird, mit einem besorgten Blick gefragt wird, wie das denn mit den Fluten in Deutschland sei.

Genau das ist mir (wenn auch nur einmal) passiert und war Grund für mich einmal mehr ein paar Worte auf diese Seite zu drücken. Natürlich ist man ein wenig in Sorge, wenn die die Worte „Höchstpegelstände“, „Evakuierung“ und „Dammbruch“ durch die Medienwelt des Internets geistern. Auf der anderen Seite macht es mir aber auch bewusst, wie sicher wir prinzipiell in unserem Europa, speziell in Deutschland vor den Mächten der Natur sind. Vorbeiziehende Taifune werden mir oft nur beiläufig erzählt (glücklicherweise liegt Cebu in einer eher sicheren Region der Philippinen), dass die Strasse in den nächsten Wochen überlaufen sein würde scheint hier erwartet zu werden. Angst, Vorbereitung? Keine Spur. Die Menschen haben die Launen der Natur hier seit Kindertagen als alltäglich erlebt. Es ist schon beeindruckend, dass sie diese Problematik zusätzlich zu den ohnehin schlechten Infrastrukturen einfach hinnehmen.
Der Sommer ist mehr oder weniger offiziell vorüber, jetzt beginnt die Hauptregen/Taifunzeit. Ich bin mal gespannt, wie sich das genau äußern wird. Bisher darin, dass hier mindestens einmal täglich einen heftigen Regenguss gibt. Da bin ich fast ein wenig froh, dass unser Zimmer im erste Stock liegt. Aber vielleicht sind hier alle so ruhig, weil eine wirklich Überschwemmung dann doch eher nicht so häufig vorkommt.

Ihr habt im übrigen richtig gelesen: „Unser Zimmer“.
Nach einer gefühlten Ewigkeiten und gezählten zweieinhalb Monaten ist der Umzug von dem österreichischem Volontär Fabian hier nach Lourdes gelungen. Wir haben ein kleines Zimmer mit zwei Doppelbetten bekommen, dass alles in allem einer kleinen Version einer Jugendherberge nahe kommt. Das mag für euch in Deutschland nach wenig klingen, fühlt sich hier aber wie eine Luxuswohnung an.

Da nach der Sommerpause (die für uns keine Pause, sondern Vollzeitbeschäftigung war) jetzt die Schule wieder begonnen hat, haben wir gerade ein paar ruhigere Tage. Das Feeding Center öffnet erst in 9 Tagen wieder und bisher waren auch die Kids von der Therapie nicht oft anwesend. Diese Ruhe haben wir genutzt und ein Workbook gebastelt, dass jetzt bereits gedruckt ist und nur noch gebunden werden muss. Ehrlich gesagt sind wir recht stolz darauf, da nicht zuletzt unser Engagement dafür wohl helfen wird, dass vor allem im Feeding Center frühkindliche Bildung mehr Gewicht bekommt. Da viele Kinder später in der Schule oft Probleme haben werden, weil sie zusätzlich noch Arbeit zu Hause haben und teilweise auch beim Geldverdienen helfen müssen, ist es absolut hilfreich, wenn zumindest der Einstieg in die Schule dank guter Vorbereitung funktioniert.

Ansonsten bleibt noch zu sagen, dass Fabian und ich uns jetzt allabendlich der sportlichen Herausforderung des Basketballs stellen. Ich bin ziemlich froh, dass er fast noch einen Kopf größer ist als ich, denn spielerisch haben wir wirklich nichts zu sagen gegen die Jungs hier. Trotzdem sind, je nach anwesender Menge, unsere Spiele oft jene, bei denen dann doch einige Vorbeikommende oder auch mal der Wärter sich an den Rand stellen, zu schauen und uns anfeuern. Da nimmt man gerne hin, dass deren Grinsen oft damit einhergeht, dass sie wissen, dass sie uns ganz schön in die Tasche stecken können. Ich bin jedenfalls froh, dass alle dabei einen großen Spaß haben und die Jungs abends hier sind und nicht draußen auf den Straßen. Zwar bekommen wir auch nach über 9 Monaten nicht viel von den einzelnen Fällen erzählt, doch reicht oft der gesunde Menschenverstand, um zu erkennen, dass Drogen und Perspektivlosigkeit nicht weit weg sein können.

Um die Lieblings-frage noch einmal klar zu beantworten: Mir geht es sehr gut hier. Ich bin  froh hier zu sein und genauso froh, dass ich auch wieder nach Hause kann. Einmal mehr sollten wir uns das bewusst machen, was für ein Glück wir da geerbt haben.

P.S. Rechtschreibfehler dürfen bemerkt und mir gezeigt werden, ich korrigiere dann.

Vorheriger Beitrag

Die Wahl haben

Nächster Beitrag

Lagebericht #10

  1. Benedict Steilmann

    Hey Bro,

    schön zu hören, dass es dir gut geht. Und Fabian ist da! Herzlichen Glückwunsch zu eurem ersten Buch!

    Und wie spannend, dass sich die Leute bei dir offenbar Sorgen um die Naturkatastrophe im fernen Deutschland machen. Das ist echt mal Rollentausch.

    Bis bald
    B

Schreibe einen Kommentar

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kommentarformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an info@donboscomission.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Läuft mit WordPress & Theme erstellt von Anders Norén