Mahatma Ausreise, Mahatma keine!

Mein Jahr als Freiwillige in bisher nicht Indien

Elli in the house oder Praktikum in Würzburg Teil 1

Die ersten Praxiserfahrungen im Rahmen des Freiwilligendienstes habe ich im Caritas-Don Bosco Werk in Würzburg gesammelt. Dort wurden wir drei Volos Annika, Lina und ich sehr herzlich in die Gemeinschaft der Würzburger Salesianer aufgenommen. Direkt nach unserer Ankunft in Würzburg am 04.10. wurden wir von den Salesianern eingeladen, am Good Night im Live-Stream teilzunehmen. Mit Mikrofon vor der Nase und einem Buch voller uns überwiegend unbekannter Lieder in der Hand wurden wir ohne große Umschweife in den Alltag der Salesianer einbezogen. So dauerte es nicht lange, bis sich unsere Würzburger Wohngemeinschaft wie eine zweite Familie anfühlte: Mit Opa Xaver, Papa Hatto, Mama Johannes, Onkel Leonard, Cousin Anthony, Cousin Alessandro und Cousin Moritz.

Am  Montag nach unserer Ankunft bekamen wir erst eine Führung durch das Werk und suchten uns dann aus, in welchem Teil der Einrichtung wir für unser Praktikum gehen wollten. Zur Auswahl standen der Kindergarten, die Mutter-Kind-Einrichtung, die Jugendhilfe und das Internat. Ich wählte das Internat und begann am Nachmittag mein Praktikum in der HG8, einer Mädchenwohngruppe mit zwölf Teilnehmerinnen und zwei Betreuern.

Woche 1 – Ankommen

In der ersten Woche arbeitete ich von 16:00-22:00. Als ich zuerst die Betreuer der Gruppe kennenlernte und gefragt wurde, ob ich einen Spitznamen habe, da nahm das Schicksal seinen Lauf und ich wurde zum ersten Mal seit meiner Grundschulzeit wieder konsequent Elli genannt – etwas ungewohnt anfangs, doch dadurch fühlte sich das Verhältnis zur Wohngruppe schnell vertraut an. Als die Mädels nach ihrem Ausbildungstag oder der Ausbildungsvorbereitung heim kamen, teilte ich ihnen frische Masken aus – auf der Gruppe musste permanent Maske getragen werden – und ich war sehr beschäftigt damit, mir schnellstmöglich die Namen zu zwölf Gesichtern zu merken. Während die Mädels eintrudelten, ergaben sich zwischen Tür und Angel erste interessante Gespräche, die mir sehr halfen, die Bewohnerinnen kennenzulernen. Anschließend begleitete ich den Küchendienst beim Wocheneinkauf und half bei der Vorbereitung des Abendessens. Dieses war zweimal wöchentlich warm und an zwei Tagen gab es kalte Platte. Aufgrund der Corona-Maßnahmen musste das Abendessen in zwei Schichten stattfinden. Ich aß zumeist in der erste Gruppe mit und nahm mir meine halbe Stunde Pause, während die zweite Gruppe aß.

Nach dem Abendessen hatten die Mädels Freizeit, in der die Salesianer dienstags und donnerstags anboten, den Abend gesellig mit allerlei Spielen im Clubraum zu verbringen. So verbrachte ich an zwei Tagen der Woche den Abend dort, was mir ermöglichte, auch einige Teilnehmer anderer Wohngruppen kennenzulernen. Mittwochs wurde auf der HG8 immer der Gruppenabend veranstaltet, der sich eher bescheidener Beliebtheit erfreute. Der Donnerstag unterschied sich dadurch von den anderen Wochentagen, dass die Teilnehmerinnen am Donnerstagnachmittag die Aufgabe hatten, ihre Zimmer zu reinigen.  Auch hierbei ergaben sich spannende Unterhaltungen, die hoffentlich nicht zu sehr vom Reinigen ablenkten.

Die Freitage unterschieden sich grundlegend von den anderen Wochentagen. Nicht nur, dass sich meine Arbeitszeiten änderten – freitags arbeitete ich von 13:00-21:00 – auch mein Arbeitsumfeld war ein anderes. Da viele der Teilnehmer übers Wochenende nach Hause fuhren und nur wenige im Internat blieben, waren die Freitage deutlich ruhiger. An den Freitagen arbeitete ich mit einem Betreuer im Verbund aus HG8, HG4 und dem Appartement, wo die Teilnehmerinnen etwas selbstständiger lebten. Im Verbund blieben meistens um die sechs Teilnehmer übers Wochenende. Ich begleitete den Wochenendeinkauf oder setzte mich zu den Teilnehmern vor den Fernseher. Teils gingen die Teilnehmer aber auch selbst in die Innenstadt shoppen, sodass es vorübergehend nicht wirklich etwas für mich zu tun gab. Zum Abendessen kamen alle Anwesenden aus dem Verbund zusammen und danach bot ich noch ein Angebot an. Mal ging ich mit einigen in den Clubraum, mal machten wir uns einen gemütlichen Filmabend. Letzterer bedeutete für mich immer Überstunden, doch die nahm ich gerne in Kauf, um das Ende des Films sehen zu können.

Das entscheidendste was ich in der ersten Woche feststellte, war, wie sehr sich meine Selbstwahrnehmung von der Fremdwahrnehmung unterschied. Ich dachte, es wäre schlecht, dass ich zeitweise keine konkrete Beschäftigung hatte und die Zeit damit verbrachte, mit den Mädels zu schwatzen. Ich befürchtete, ich würde eher im Weg rum stehen, als eine Unterstützung für die Gruppe zu sein, aber weit gefehlt. Am dritten Praktikumstag, kurz vor Feierabend, sagten mit die Betreuer, dass sie beeindruckt wären, wie schnell ich eine Verbindung zu den Teilnehmerinnen aufbaue. Es habe schon Salesianer gegeben, denen das weniger gut gelungen sei. Diese Rückmeldung hat mich sehr überrascht und gleichermaßen gefreut. Dank dieser bestärkenden Worte konnte ich fortan motivierter und entspannter auf die HG8 kommen.

Woche 2 – die eigentlich Halbzeit

Beginnend mit der zweiten Woche fing mein Arbeitstag eine Stunde früher an als gehabt. Wenn ich um 15:00 auf die Gruppe kam machte ich zuerst einen Rundgang, um alle Türklinken zu desinfizieren und einmal durchzulüften. Corona lässt grüßen! Ab der zweiten Woche durfte ich die Mädels dann auch bei der Lernzeit unterstützen, die für alle anderen stattfand, während der Küchendienst das Abendessen herrichtete. Die Lernzeit war eine fest eingeplante Stunde, in der die Mädels nachmittags ihre Hausaufgaben erledigen oder lernen sollten. Ich stand ihnen so gut ich konnte mit Rat und Tat zur Seite und fragte sie zum Beispiel beim Lernen ab, erarbeitete mir mit ihnen das schriftliche Lösen der Grundrechenarten und korrigierte einige Texte der Mädels. Insbesondere die Wiederholung des schriftlichen Rechnens stellte dabei auch für mich eine fachliche Bereicherung dar, da diese Vorgehensweisen bei mir nach der Grundschule nur noch wenig genutzt wurden. Während ich die Teilnehmerinnen bei ihren Aufgaben unterstützte, lernte ich sie immer besser kennen und fühlte mich bald weniger fremd in der Gruppe.

Die Abende der zweiten Woche glichen im Wesentlichen dem Abendprogramm von Woche eins. Am Dienstag und Donnerstag luden die Salesianer in den Clubraum ein, wobei inzwischen einer der Salesianer an der Tür aufpassen musste, dass nicht zu viele Menschen in den Clubraum kamen. Die Infektionszahlen in Würzburg stiegen stetig… Am mittwöchlichen Gruppenabend bastelten wir gemeinsam Deko für die Halloween-Party des Verbunds. Dafür durfte ich die Materialien im Lager zusammensuchen und auf dem Weg zwischen Wohngruppe und Materiallager konnte ich meine Kenntnis des Kellerlabyrinths unter dem Werk ausbauen. Auf der Gruppe falteten wir allerlei Skeletthände, bastelten Spinnennetze und gestalteten Papierfledermäuse. Die Halloween-Party sollte eigentlich mit allen drei Wohngruppen des Verbunds gemeinsam gefeiert werden und eigentlich wäre ich zum Zeitpunkt der Party nicht mehr im Praktikum gewesen. Doch es kam einiges anders…

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  1. Christiane

    Liebe Elisabeth, wie lange soll ich mich bis zum dritten Teil Deiner Würzburg-Memories gedulden? Nach wie vor lese ich Deine Erinnerungen und Erlebnisse gern und merke auch, dass noch allerlei unerzählt geblieben ist trotz Deiner Urlaubswoche bei uns. Erzähl weiter von Dir…

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