Hey ihr Lieben,

nach einer Weile melde ich mich endlich einmal wieder und dieses Mal habe ich auch wirklich was zu erzählen. Bevor ich euch aber über das letzte Event berichte, möchte ich euch noch einen kurzen Lagebericht unterschieben.

Ich weiß ich habe schon vor einiger Zeit gesagt, dass ich mich eingelebt habe. Aber das stimmte wohl nicht ganz, wenn ich die beiden Situationen vergleiche. Irgendwie hat sich in den letzten zwei Wochen doch noch so einiges in dieser Richtung getan. Ich fange an ich selbst zu sein. Das heißt ich werde wieder zu der verrückten Nudel, die ihr aus Deutschland kennt. Da werden mit mir zusammen Schrei-Conteste ausgetragen und ich scheue mich auch nicht mehr, einige Tanzschritte im Tanzcoaching mitzutanzen.  (auch diese, wo man sich in seltsamen Verrenkungen auf dem Boden wälzt 😀 )Wenn ich so überlege was dazu beigetragen hat, kann ich jedoch nur Vermutungen aufstellen. Ich denke das liegt in erster Linie auch daran, dass der Father für einige Zeit nicht da war, und mir so Raum für einige längst fällige Gespräche gab. Es ist halt nicht gerne gesehen, wenn ich abends mit den Älteren quatsche. Aber Menschen im gleichen Alter bauen eben so und so eine Beziehung zueinander auf und diese muss halt auch erst etwas austaktiert werden. Was ist im Rahmen, was ist in Deutschland selbstverständlich, in Indien aber überhaupt nicht-und umgekehrt. So konnte ich einige Konflikte und Missverständnisse klären und naja mich auch etwas freier im Snehalaya bewegen (dass, kann ich auch so, aber ich respektiere den Father sehr und bin deswegen öfters etwas schüchtern) und das hat sich nach seiner Heimkehr Gottseidank erhalten. Auch das Verhältnis zu ihm ist um einiges besser geworden. Mit einem neu eingezogenen Father habe ich außerdem einen guten Gesprächspartner gefunden, bei dem ich um großväterlichen Rat bitten und einfach Gespräche über die Welt führen kann. Zu Guter Letzt habe ich auch einiges gelernt und verstanden. Arbeit im Snehalaya bedeutet für einen Volontär nicht unbedingt physische Anstrengung oder viel neues Ideengut, es bedeutet viel mehr eine Vertrauensperson zu sein, ein Ansprechpartner in vielen Situationen oder einfach dem Einzelnen seine Aufmerksamkeit zu schenken. Das fühlt sich halt nicht wie Arbeit an, ist aber für die Kinder sehr wichtig und anderen Mitarbeitern fehlt für so etwas oft die Zeit. Außerdem kann ich jetzt schon beobachten, wie einige der Jungen ihr Englisch verbessern. Sie haben bis jetzt keine andere Möglichkeit mit mir zu kommunizieren und versuchen dementsprechend über ihre Schatten zu springen.  Meine eigentliche Arbeit das Unterrichten, trägt auch allmählich Früchte und das trägt natürlich auch zum allgemeinen Wohlbefinden bei.

Dadurch, dass man sich langsam eingewöhnt und nicht mehr alles neu ist, merkt man allerdings auch, was einem fehlt. Das beschränkt sich bei mir derzeit hauptsächlich auf das Essen. Begünstigt durch einige allergische Reaktionen, war/bin? ich es einfach satt, jeden Tag mehrmals Reis zu essen. Da der Father dies aber sehr gut verstehen kann, gibt er mir aber öfter Mal Raum, um mit Freunden auswärts zu essen. Ich hätte es nie gedacht, aber ich fange echt an Fastfoodketten- Fan zu werden. Einfach, weil Hühnchen dort wie in Deutschland schmeckt und ein Sandwich auch mal dunkles Brot beinhaltet.

Nun aber Schluss mit dem Gelaber, ihr wollt sicherlich lieber etwas über mein letztes Event erfahren.

Am Montag, dem 14.11. ist der Todestag des ersten Indischen Premiers und da dieser besonders kinderfreundlich war, wurde dieses Datum zum nationalen Kindertag gewählt. Da sich das Snehalaya auch hin und wieder präsentieren muss, um im Umkreis bekannt zu bleiben und den ein oder anderen Sponsor zu finden, nimmt Father George diesen Tag zum Anlass um ein Kinderfest XXL zu veranstalten. Das Fest ist nicht nur für unsere Jungs, sondern auch für Kinder aus anderen Waisenhäusern, dem angrenzenden Slum und einigen Schulen der Stadt. So sammelten sich auf unserem Hof ca. 1000 Jungen und Mädchen zusammen, die natürlich auch bespaßt werden wollten.

So bereiteten wir dieses Fest schon in den vorangegangenen Wochen vor. Gemeinsam mit den Jungs wurden Plakate gezeichnet, sämtliche Lagerräume nach Preisen durchsucht und für Besucher auf Vordermann gebracht und nicht zuletzt für das große Kulturprogramm am Abend bis spät in die Nacht geprobt.

Am Sonntag wurde dann auf unserem Fußballplatz eine Art Jahrmarkt aufgebaut und der Basketballplatz mit einem Zelt überdacht, sowie der Innenhof als Bühne gestaltet. (wer sich das schlecht vorstellen kann, schaut doch in meinem letzten Blog nach 😉 )

Am Montagmorgen begann das Fest dann mit Begrüßung und Sprechgesang (ähnlich des Siyahamba-Liedes. Ein Vorsänger erfindet einen Lied-Vers, die Kinder singen es nach). Danach wurde auch schon der Jahrmarkt eröffnet auf dem die Kinder mit kurzer Essenspause bis zum Nachmittag spielten. Auf dem Jahrmarkt waren von den Älteren Snehalaya-Jungs kleine Spiele aufgebaut worden und die Jungs bekamen eine Karte auf dem sie nach jedem erfolgreichen Spiel einen Hacken machen durften. War die Karte voll, wartete ein Preis. Ich half einigen kleineren Jungs die Orientierung zu behalten, vor allem die Kleinen waren von den vielen Eindrücken oft ein bisschen überfordert und liefen weinend durch die Gegend. Für den Rest der Gäste gab es Musik und man tanzte die traditionellen Tänze, die ich schon beim Tanzfest Anfang Oktober gelernt hatte. Eine riesige Freude für mich, dachte ich doch, diese Art von Tanz gäbe es nur einmal im Jahr.

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Da die Inder Talentshows lieben gab es dann am Nachmittag eine Sing-und Tanzshow, in der hauptsächlich die Gastkinder ihr Können zeigten. Highlight dieses Programmpunkts war dann ein Zumba-workshop. Meine eh schon gute Stimmung gelangte da an einen Höhepunkt, denn die Tanzlehrerin favorisierte europäische Musik. Ich erntete viele verwunderte, belustigte aber auch erfreute Gesichter, für plötzliche Tanzeinlagen.

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Generell waren meine offensichtliche westliche Herkunft und mein Begleiter die Kamera ein Hingucker. Wieder einmal wurden viele Fotos von der „Ausländerin in Aktion“  gemacht und oft fand ich mich im Zentrum eines Kreises von neugierigen Gesichtern wieder. Ich muss immer noch lernen dies nicht zu persönlich zu nehmen und dies zu ignorieren.

Dies fand seinen Höhepunkt, als ich mit den ältesten Jungs ein Bild für einen Zeichenwettbewerb malte.  Stellt euch vor, ihr versucht einigermaßen gut zu zeichnen und jeder Bleistiftstrich wird genauestens beobachtet.  Ich entschuldige mich hierbei bei allen, die meine entsprechend genervte Laune aushalten mussten. Wie sich später herausstellte, hatte sich meine Mühe aber gelohnt.

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Denn anschließend begann das langersehnte Kulturprogramm in dem sich meine Jungs präsentierten. Sie tanzten, sangen und schauspielerten und mein Herz platze fast vor stolz. Sie gaben sich einfach so eine große Mühe und sahen in ihren Kostümen super professionell aus und waren es auch.

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Aber Worte sind das schlecht zu finden, schaut euch lieber diese Bilder an.

 

 

In der Show wurde dann außerdem verkündet, dass unser Bild tatsächlich den zweiten Preis gewonnen hatte. Stolz kann ich nun von mir sagen, mich in einem hart umkämpften Zeichenwettbewerb behauptet zu haben.

 

 

Also doch ein sehr langer Post. Ich werde wohl auch in den nächsten Tagen mal wieder mehr bloggen, denn mein erster Kurzurlaub in Hyderabat steht an.

Liebe Grüße Luise