„Doucement, doucement!“

Sachte, sachte! Ja, man sollte sich wirklich sachte auf neuem Terrain bewegen. Wo fange ich an zu erzählen?

Wer hätte gedacht, dass man in zwei Wochen schon so viel neues erleben würde? Lea und ich auf jeden Fall nicht! Alles fing am 03. September 2019 an, als wir übermüdet, aber glücklich, da wir die Passkontrolle überstanden hatten, am Gepäckband auf unsere Koffer warteten. Wie alle anderen aus dem Flieger warteten wir umsonst. Mit sprachlicher Mühe gaben wir unsere Daten der vermissten Gepäckstücke bei einer sehr freundlichen und geduldigen Dame auf und verließen das Flughafengebäude. Père Aurelien erkannte uns sofort und begrüßte uns mit offenen Armen. Die turbulente Fahrt von Cotonou bis zu unserem Projekt in Porto Novo konnte beginnen.

Trotz der späten Stunde (23:00) waren unglaublich viele Menschen unterwegs, die meisten davon auf Mototaxis.

Was sind Mototaxis?

Das sind Motorroller, wo man sich bis zu zwei (manchmal auch drei) Personen hinten draufsetzen kann. Auch Lea und ich durften davon schon Gebrauch machen, was wirklich sehr amüsant war, wenn man von unserem krampfhaften Festhalten aneinander und am Roller absieht. Wie schaffen es die afrikanischen Frauen mit einem Korb auf dem Kopf und einem Baby auf dem Rücken, nicht vom Roller zu fallen? Ohne sich festzuhalten…

Wenn man hier den Führerschein machen würde, käme man in Deutschland nicht zurecht. Gibt es Verkehrsregeln? Also ein paar Schilder und eine kaputte Ampel haben wir gesehen, aber sonst… Trotzdem passieren kaum Unfälle, da alle zwar mit der Hand auf der Hupe, aber dafür mit dem Fuß auf dem Bremspedal stehen und so sachte, und man könnte fast meinen geduldig, jeden der sich dazwischen quetscht in die Verkehrslücke lassen. Bis auf Fußgänger, da wird man leider egal wo man steht angehupt.

Die Orangen sind hier grün

Durch die kleine Regenzeit, die anscheinend gerade ist, kam es schon zu insgesamt zwei richtig kräftigen Niederschlägen. Es war so schön! Allerdings für die Tonstraßen eher weniger, die sich zu kleinen Bächen entwickeln und es für Fußgänger unmöglich machen im darauffolgenden Matsch nicht stecken zu bleiben.

Wundervolle Pflanzenvielfalt

Bei unseren Führungen durch Porto Novo bekamen wir das Wörtchen „Doucement!“, deshalb schon einige Male zu hören. Das könnte allerdings auch an uns liegen, da wir vermutlich mehr auf die Umgebung achten, als auf den Untergrund. Mangos, Papayas, Bananen, Baumwolle, Palmen und viele weitere exotische Pflanzen, die einfach so am Wegrand oder zwischen Häusern stehen, begeistern mich jeden Tag aufs Neue. Durch das tropische Klima wächst hier irgendwie alles. Außerdem begegnen einem egal wo man ist Hühnerfamilien, Ziegen, Schafe, Kühe oder kleine flinke Eidechsen.

Auf den Straßen Porto Novos

Im Centre Magone gibt es auch einen kleinen Garten mit allerhand Gemüsesorten, Obstbäumen und einem Hühnerstall.

Genau das Centre Magone, unser Zuhause für ein Jahr, zusammen mit momentan 15 Jungs und 4 Frères (Brüdern). Auf dem Gelände ist außerdem eine Schule, ein Ausbildungsgebäude, für die Zweige Mechaniker, Schreiner und eine Art Schweißer, eine Kirche und eine kleines Sportgelände. Die Anzahl der Bewohner verändert sich aber auch von Tag zu Tag, da hier oft irgendwelche Gäste ankommen, die immer herzlich empfangen werden, genauso wie wir.

Alle Menschen, die man kennenlernt oder denen man begegnet, schütteln einem die Hand und man wird erstmal mit einem breiten Grinsen nach seinem Wohlbefinden ausgefragt, sodass man kaum eine Gegenfrage stellen kann.

Auf unserem alltäglichen Weg zum Markt werden wir auch von vielen Menschen mit einem freundlichen „Bonjour“ begrüßt. Die Kinder hingegen nennen uns Yovo. Wir sind zwar alle Menschen, doch weiße Menschen sieht man hier wohl nicht so oft, was sich am begeisterten Winken und Schreien der Kleinen zeigt.

no rain, no flowers

Don Bosco in Porto Novo

Auf dem Markt arbeiten wir am Anfang unseres Jahres in der Baracke. Diese bietet Straßenkindern tagsüber einen Ort, an dem sie spielen, basteln und sich ausruhen können. Nachts sind sie auf sich allein gestellt und auch wenn es um das Beschaffen von Nahrungsmitteln geht. Wegen unterschiedlichsten Gründen leben sie auf der Straße. In einem weiteren Eintrag werde ich im Laufe des Jahres mehr über unsere Arbeit schreiben.

Sobald rechtliche Dinge abgeklärt sind, kommen die Kinder in das Erstaufnahmefoyer Catchy. Dort lernen sie Verhaltensregeln und Manieren, werden unterrichtet, haben einen Schlafplatz und bekommen Essen. Bis zu sechs Monaten können sie dort sein. In dieser Zeit wird außerdem nach ihren Familien gesucht, der Kontakt wird aufgenommen und man arbeitet daran, warum das Kind weggelaufen ist, mit dem Ziel wieder einen guten familiären Kontakt herzustellen.

Falls die Kinder nicht in die Familie zurückkommen oder man die Familie nicht findet, kommen sie zu uns ins Centre Magone. Viele sind hier bis zu drei Jahre und manche leben hier noch länger. Es ist wie in einer großen, wilden Familie.

Was könnte ich noch in diesen ersten Blogeintrag packen?

Die Kinder sind sehr lebendig und hilfsbereit und ich freue mich wirklich auf das kommende Jahr zusammen mit allen Menschen, dieser Einrichtung und meiner Mitvolontärin Lea.

Leider ist dieser Artikel weniger sachte geworden, da meine Ersteindrücke sich beim Verfassen durchgesetzt haben. Ja, aber so ist Benin, vielfältig, durcheinander und bunt!

Lea auf dem Weg zum Markt

Danke an alle die sich die Zeit genommen haben, hier vorbeizuschauen, um die durchmischten, beninischen Gefühle mit mir zu teilen. Für einen sachlicheren Beitrag schaut doch gerne mal bei Lea vorbei! https://blogs.donboscovolunteers.de/salutbenin/author/leascheder/

À tout à l’heure und macht’s gut, seid immer doucement unterwegs und schaut auf das was euch umgibt, oft gibt es was Neues zu entdecken!

Eure Jule

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Notre semaine

  1. Maddin H

    Hi Jule,
    ich bin mega glücklich Deinen Blogbeitrag zu lesen und werde euch ganz sicher das Jahr über verfolgen. Voll Cool, dass es jetzt losgeht. Ich wünsche euch ganz viel spaß und Freude. Haut rein, genießt die Zeit und lasst euch nicht unterkriegen. Salutations aux Pretres et bonne journee!

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