Heute ist’s schon wieder 3 Wochen her seitdem ich mich das letzte Mal gemeldet habe. Wie die Zeit vergeht. Jeden Tag passiert etwas Neues hier im Projekt und langsam fühlt es sich doch wie Alltag an. Gerade vor 30 Minuten erst kam ein Junge zurück zu Don Bosco Anbu Illam, nachdem er 6 Wochen lang wieder bei der Familie wohnte. Sein Vater ist vor zwei Tagen gestorben, jetzt ist er Vollwaise.

Zu jedem einzelnen der rund 80 Kinder könnte ein mehrseitiger Beitrag verfasst werden. Noch kenne ich nur einzelne Geschichten, möchte aber auf alle Fälle mehr erfahren und zukünftig vielleicht auch hier vereinzelt darauf eingehen.

Heute möchte ich euch aber einfach nur kurz schildern, was hier die letzten Tage denn so geboten war:

German Pancakes

Von unserem Father Ryan bekamen wir ja den Auftrag jeden Monat etwas Deutsches auf die Teller zu zaubern. Für Oktober machten wir es uns dann recht einfach. Es gab Pfannkuchen. Dazu kauften wir noch Marmelade und Nutella und ließen uns mit der Besorgung von Mehl, Eier, Milch, Butterschmalz und Bananen helfen.

Ohne Waage oder Messbecher mussten Matteo und ich auf unser gutes Auge vertrauen. Anschließend war bei der Mischung des Teigs ohne Rührgerät ordentlich Handarbeit gefragt.

Rühren per Hand. Schneebesen Fehlanzeige

Zusammengefasst lief aber alles wieder erstaunlich gut. Damit auch die Angestellten und Kinder kosten konnten, gab es diesmal unsere Pfannkuchen zum Mittagessen. Und weil hier sowieso jeder Fan von Süßem ist, kam unsere Variante eines süßen Mittagsessens bei allen gut an. Meistgefragt, der (auch von uns gefeierte) Nutella-Bananen-Pfannkuchen. Und auch Tage später noch hab ich meine Bananen mit Nutella genossen, bis das Glas dann doch recht schnell leer war…

Unsere CWC Kids in Vorfreude

Für die nächsten Monate wird’s dann etwas kniffliger, ich glaub viel einfach als Pfannkuchen und Nudeln geht’s nicht mehr.

Provinzial

Vergangene Woche besuchte unser Provinzial Coimbatore. Tamil Nadu ist in zwei Provinzen aufgeteilt in Ost und West oder Nord und Süd, je nachdem wie man es sieht. Jedenfalls ist der Provinzial Chef aller Salesianer in dieser Provinz. Einmal im Jahr besucht er die Projekte, um sich mit allen auszutauschen, ein Bild von der aktuellen Lage zu machen und abschließend Anstöße zur Verbesserung mitzugeben. Verständlich, dass in unserem Projekt große Aufregung herrschte und wir uns nur von der besten Seite präsentieren wollten. Jeder Winkel wurde noch einmal geputzt, das gute Geschirr heraus geholt und die Jungs studierten einen Tanz für den Provinzial an.

Einer der traditionellen Tänze Tamil Nadus.

Das Essen hier ist durchgehend lecker, weil man aber dreimal täglich warm isst und alles gekocht wird, vermiss ich manchmal schon eine gewissen Frische bei diesen warmen Temparaturen. Ihm zu Ehren gab es aber natürlich auch besondere Leckerbissen. Früchte aller Art, zwei unterschiedliche Fruchtsalate,  + ein Kiloblock Eiscreme – was meint ihr wie sehr mein Herz sprang.

Nach zwei Tagen war schon wieder alles vorbei. Der Provinzial hielt den Abend zuvor noch eine kleine Messe, ein Goodnight für die Boys und musste am Tag darauf direkt weiter nach Vellakinar.

Kurz vor dem Abschied segnete der Provinzial Father Leo (r. im blauen Hemd) das neue Motorrad von Father Joseph

Ich konnte nur ganz kurz beim Frühstück mal mit ihm reden und stellte fest, dass er den ganzen Trubel etwas gelassener nimmt. Auch schön zu sehen. Er meinte noch, dass wir hier der Armut zwar jeden Tag begegnen, die richtige Armut und Slums aber in einem anderen Stadtteil liegen. Jetzt bin ich auf jeden Fall gespannt , auf was ich mich noch alles gefasst machen kann in den kommenden Monaten.

Vellakinar

Vellakinar ist ein Stadtteil Coimbatores und zuhause 16 weiterer Don Bosco Boys. Hier steht die dritte Einrichtung von Don Bosco Anbu Illam und ein ausführlicher Beitrag wird wahrscheinlich noch folgen. Letzte Woche jedenfalls durften wir zusammen mit Father Ryan und Brother Fabian erstmals das Projekt besuchen. Father Ryan erklärte uns, dass wegen Vorschriften der Regierung und den Gegebenheiten hier nur 16 Kinder wohnen dürfen. Was recht schade ist, denn das Gelände ist viel größer als unseres in Ukkadam und die Jungs hätten hier genug Platz um gleich ein ganzes Fußballturnier zu veranstalten. Zudem ist die Schule hier besser und die Lehrer kümmern sich mehr. Deshalb wählt er die 16 Jungs mit mit dem meisten Potenzial und genug Lernwille aus, um sie hier unter besseren Voraussetzungen aufwachsen zu lassen. Keine einfache Aufgabe. Ein paar musste er auch schon wieder heraus nehmen, weil sie die Chance nicht wahrnehmen wollten oder konnten.

Father Ryans Umgang mit den Kindern ist bemerkenswert. Sie wollten ihn gar nicht mehr gehen lassen

Die Jungs freuten sich sichtlich über den neuen Besuch, sangen für uns zur Begrüßung und stellten auch gleich unsere Tamilkenntnisse auf die Probe. Wir aßen mit den Kids zu Abend und machten uns ein Bild von dem Gelände. Weil es schon dunkel war, konnte ich leider keine Bilder von der Anlage machen. Aber wie gesagt, ein ausführlicher Bericht wird nach dem nächsten Besuch garantiert noch kommen.

All Souls

Oder zu Deutsch: Allerseelen. Auch hier besucht man am 02. November die Gräber verstorbener Geliebten und Verwandten, oder zumindest die Christen. Gegen Abend machten wir uns dann mit den Jungs und den Brothers zu einem 30-minütigem Fußmarsch auf. In einem nahe gelegenen Friedhof hielt der Bischof eine Messe und als katholische Einrichtung werden auch bei uns alle christlichen Bräuche gepflegt. Also Pflichttermin.

Über die Spannungskurve der zweistündigen Messe auf Tamil kann man jetzt philosophieren. Allerdings war es sehr interessant und auch schön den Friedhof zu erkunden. Überall brannten Kerzen und Räucherstäbchen gaben ihr Bestes jeden Winkel des Geländes in Duft und Nebel einzuhüllen. Der ganze Friedhof war gefüllt mit Menschen die ihren Lieben gedachten und trotz der abstrakten Umgebung, fand ich den Moment  sehr schön und versuchte alles aufzusaugen, während 100 Meter weiter das ganz normale Hupkonzert auf den Straßen Indiens seinen Beitrag leistete.

Nur etwa 5-8 unserer Kids sind Christen, fast alle sind Hindus. Nach dem Gottesdienst kam auch einer der Jungs Surya Prasath zu mir und meinte dass für ihn das alles bedeutungslos ist. Was solle er hier groß machen, ihm sei langweilig und dieses Bedeutung Festes sei ihm als Hindu ohnehin nicht geläufig. Und trotzdem: Ruhig zeigte er Respekt, betete an den Gräbern mit und lauschte dem Gottesdienst.

Nach der Messe beteten die Jungs zusammen mit den Brothers an verschiedenen Gräbern für die Verstorbenen und ihre Familien. So auch für einen jungen Mann, der letztes Jahr im Alter von 23 Jahren bei einem Motorradunfall verunglückt ist. Ich erkannte die Mutter am Grab wieder. Sie hat in unserer zweiten Woche im September an seinem Todestag das Abendessen für unsere Jungs gesponsort.

 

Ausblick

Die nächsten Wochen werden etwas spannender. Nächste Woche nehmen wir uns die ersten Tage frei und fahren für fünf Tage nach Madurai und Keela Eral/Villathikulam, u.a. unsere Mitvolos Jakob & Hendrik sowie Anette & Charlotte zu besuchen.

Die Jungs haben mich spontan zu zwei (Mini-)Marathons mit angemeldet, puh ist ne Weile her, dass ich die Laufschuhe anhatte. Sonntag bin ich erstmals früh um 5:15 Uhr aufgestanden um die müden Knochen mal wieder ein bisschen in Schwung zu bringen. Die Läufe sind am 18.11 und 25.11., je nachdem wie lange meine Lunge zur Regeneration braucht, folgt der Bericht dann zeitnah.

18. & 19. November veranstaltet Don Bosco Anbu Illam Coimbatore auch den Children’s Day. Erstmals gehen wir hierfür aus der Stadt raus in ein Dorf und verbringen dort mit unseren Jungs und den Kindern der Umgebung ein Wochenende. Zwei Tage lang spielen, singen, tanzen, aber auch Programm zum Thema Umweltschutz und Menschenrechte. Vorfreude verspür ich auf jeden Fall schon.

So das solls jetzt erstmal gewesen sein. Ich hoffe der nächste Eintrag muss dann nicht wieder ganz so lange auf sich warten lassen. Montag gehts dann los Richtung Madurai und dann werde ich auch zum ersten Mal die indische Küste sehen. Seid also gespannt  😉

Bis denne

Philip