Diwali oder Deepavali ist das Fest des Lichtes und für die Hindus hier das bedeutendste Fest des Jahres. Quasi das Äquivalent zu unseren Weihnachten.  Gefeiert wird jedoch nicht Christi Geburt, sondern vielmehr der Sieg des Guten über das Böse, Licht über Schatten, Wahrheit über Lüge und Leben über Tod. Und weil in unserem Projekt über 90% der Jungs Hindus sind, wird auch bei uns gefeiert 🙂 .

Das Fest erstreckt sich über mehrere Tage und in Indien ist die Gewichtung der einzelnen Tage je nach Bundesstaat verschieden. Im Norden beispielsweise wird der dritte Tag (19. Oktober) als Haupttag gesehen, bei mir in Tamil Nadu ist der 18. Oktober der wichtigste Tag und so durfte ich bereits gestern mein erstes Deepavali erleben.

Diwali Dress

Traditionell zieht man zu Deepavali neue Kleider an und ich wurde auch ein paar mal von unseren Angestellten und Köchinnen gefragt, ob ich schon mein „Deepavli Dress“ hätte. Weil ich mir erst die Woche zuvor ein paar Hemden hatte schneidern lassen, musste ich sie jedoch vertrösten. Als ich am Samstag in den Shoppingbezirk Gandhipuram mein Handy reparieren lassen musste, bekam ich jedoch einen kleinen Eindruck für das anstehende Ereignis. Die Männer führten ihre Frauen zum Shoppen aus und überall sah man strahlende Gesichter mit schweren Einkaufstüten. In den Läden war die Hölle los, ein „Diwali Offer“ jagte das nächste und wie zu Weihnachten ist Deepavali inzwischen zur umsatzstärksten Zeit für die Geschäfte geworden.

Montag wurde die Gamestime unterbrochen, weil ein Sponsor mit einem relativ großem Paket kam. Zuerst dachte ich, es wäre wiedermal Zeit für Kuchen, stattdessen bekam jeder unserer Jungs ein kleines Päckchen mit seinem Namen drauf. Jeder freute sich wie ein Honigkuchenpferd, denn in den Päckchen war jeweils ein neues stylisches Hemd sowie die passende Hose dazu. Damit können auch sie Diwali gebührend feiern.

Stolz wurden uns die neuen Kleider gezeigt

Diwali Zeit

Die Jungs hatten über die Feiertage vom 17.-19. Oktober schulfrei und viele sind über die Feiertage zu ihren Familien nach Hause. Nicht wenige blieben aber auch im Projekt und wir versuchten auch hier ein schönes Fest zu feiern. Der übliche Tagesplan wurde durch den Deepavali Stundenplan ausgetauscht. Dieser bestand hauptsächlich aus Games, Aufräumarbeiten und Film gucken. Auch unter den Angestellten wurde die Stimmung immer ausgelassener und jeder freute sich schon auf den morgigen Feiertag. Über den Tag verteilt schauten immer wieder Sponsoren vorbei und brachten allerhand Naschereien und Süßkram vorbei. Frühstück, Mittag und Abendessen kam über die letzten Tage auch meistens von außerhalb. Sogar eine Gruppe Bosch Praktikanten schaute an Diwali bei uns vorbei und brachte Stifte, Blöcke und Süßwaren. Schön zu sehen, dass gerade in dieser Zeit Nächstenliebe nicht vergessen wird und die Menschen hier etwas von ihrem „Reichtum“ abgeben.

Auf Bananenblättern ließ es sich jeder schmecken

Und auch wir wurden nicht vergessen

Boschpraktikanten mit unseren Jungs

Neben Schreibutensilien, Kiloweise Süßigkeiten wurden aber auch Knallkörper vorbeigebracht. Das ist wohl einer der Hauptbestandteile Diwalis. Seit Montag knallts hier in der Umgebung und je näher Mittwoch Abend rückte desto regelmäßiger und lauter wurden die Knaller.

Ölbad

Traditionell nimmt man an Diwali früh ein Ölbad. Um sich zu reinigen, frisch in die neuen Kleider zu schlüpfen, aber auch weil es den Körper abkühlt, wie uns gesagt wurde. Ich war neugierig und als ich gefragt wurde, ließ ich mich nicht zweimal bitten. 5 Minuten später war ich umzingelt von Jungs, die gut Spaß daran hatten mich komplett einzuölen. Das Öl wurde gründlich eingerieben und der Körper massiert. Angestellte, Brothers wie die Kids ließen es sich gut gehen und genossen sichtlich das anschließende Ölbad auf dem Dach. So könnte jeder Tag starten, haha.

Süß, süßer, Bakerys

Kurz darauf kamen die Jungs aus Velakinnar zu Besuch(die zweite Don Bosco Einrichtung in  Coimbatore). Gemeinsam ließ man sich jetzt alles schmecken, was Sponsoren vorbeibrachten und das war nicht wenig. Die Kinder teilen sehr gerne und bestehen fast schon darauf, dass man ihnen etwas abnimmt. Nun bin ich allerdings im Nein sagen auch kein Profi und so hatte ich gegen 11 Uhr vormittag schon das Gefühl bald einen Zuckertod sterben zu müssen.

Je kleiner der Kerl desto größer der Berg an Süßes

Crackers

Der Rest des Tages ging mit verschiedenen Spielen und Sponsorengesprächen und Filmen recht schnell rum und alle Jungs freuten sich schon auf 18 Uhr. Dann stand nämlich „Fun with Crackers“ auf dem Zeitplan. Crackers also Kracher bestimmen hier das Feuerwerk. Und anders als bei Silvester in denen bunte Kreisel und Vulkane sowie Raketen das Highlight sind, dominieren hier die Böller.

Unser Innenhof war binnen Minuten eingenebelt

Hauptsache war der Spaß

Nach kurzer Einweisung wurde den Kindern quasi freie Hand gelassen, was ich nicht nur im ersten Moment fragwürdig fand. Groß wie klein hatten sichtlich Spaß, aber holla die Waldfee hatten diese Crackers teilweise Power. Nach gut 15 Minuten draußen haben mir schon die Ohren gedröhnt und einige Male sind mir Böllerteile gegen die Hose geschossen.

Unsere Fathers krachten munter mit

In der ganzen Stadt knallte es jetzt und immer wieder sah man auch ein Feuerwerk am Himmel. Ca. zwei Stunden knallten unsere Kids zusammen mit Angestellten, Salesianer und Freunden des Projekts, bis der ganze Hof rauchte und aussah wie ein Kriegsschauplatz. Zum Abschluss sind wir mit den Jungs noch aufs Dach und ließen alles noch etwas wirken.

Alles in allem ein sehr schöner Tag, den die Kids sichtlich genossen.  Heute nutzen die Jungs ihre freie Zeit zu noch mehr spielen, Fernsehen gucken und schlafen, bevor morgen wieder der harte Alltag ansteht. Die Jungs aus Velakinnar werden wieder ihren Heimweg antreten und unsere Jungs die bei ihren Familien waren, kommen hoffentlich auch wieder alle gesund und vollständig bei uns an.

Egal ob Hindu, Christ oder Moslem, in Tamil Nadu feiert jeder Deepavali. Als christliche Einrichtung mit katholischem Träger wird hier ein bemerkenswert offener Umgang mit der Religion gepflegt. Gut so.

Mal sehen wie dann Weihnachten aussieht 🙂