Mittlerweile sind wir nun schon über sieben Monate hier in Bolivien und haben daher auch einige Feste und Feiertage miterlebt: von Weihnachten über Fasching bis hin zu Ostern war alles dabei. Und bevor ich nächste Woche mit Teresa meine große Bolivienreise antrete und danach darüber einen Beitrag schreibe, wollte ich dann doch noch einmal kurz auf diese besonderen Tage in unserem Hogar-Alltag eingehen.

Feliz Navidad…

Weihnachten fing für uns (wie üblich) am 24.12. an und zwar dieses Mal bereits um ein Uhr nachmittags mit einem Anruf zu Hause. So war ich virtuell beim Weihnachtsessen, Geschenkeauspacken und sogar beim Singen dabei, welches ich zum Teil auf einem elektronischen Klavier von Bolivien aus begleitete.

Abends ging es dann für uns ins Hogar und nach der Messe stand ein riesiges Abendessen mit allen vier Teilprojekten (also etwa 150 Personen) an, welches aus Schweinefleisch mit Reis bestand. Anschließend gab es einzelne Präsentationen (so sangen wir bspw. deutsche Weihnachtslieder vor) und eine Geschenkeverlosung. Wirklich besonders war nur das Feuerwerk, das um Punkt zwölf Uhr nachts in der ganzen Stadt erscholl und uns noch einmal auf die Straße lockte.

Auch der 25. Dezember war dann nicht viel feierlicher: die Kinder konnten sich bei kleinen Spielen sogenannte „Boscos“ erspielen (extra gedruckte Scheine unserer Einrichtungen) und diese anschließend gegen Kuscheltiere, Süßigkeiten und mehr eintauschen. Am Nachmittag ging es dann ins Schwimmbad, was an Weihnachten wohl für uns Volontäre alle eine Prämiere war.

Das erste Mal, dass bei uns richtig festliche Stimmung aufkam, war dann am zweiten Weihnachtsfeiertag, unserem freien Tag. Zu siebt kochten wir den ganzen Tag lang über Stunden hinweg ein herrliches Weihnachtsessen (leckerstes Fleisch mit Bratensoße, handgeschabte Spätzle, Blaukraut und Salat gefolgt von Tiramisu), welches wir dann in unserer schicksten Kleidung bei Kerzenschein, gutem Wein und weihnachtlicher Musik genossen. Ein ganz klares Highlight!

Da vor Weihnachten wenig Zeit geblieben war, standen einige weihnachtliche Dinge dann erst im Januar an. Das hiesige Krippenspiel, das mit seinen ganzen Tanz- und Gesangseinlagen eher einem Musical glich, sowie das Gutzlebacken mit den Kindern, waren trotzdem wirklich schön. Und Überraschung: Plätzchen schmecken auch noch nach Silvester!

…Wasserschlacht an Carnaval…

Mein allerliebstes Fest im Hogar bis jetzt war ganz klar Fasching (Carnaval), denn es war eigentlich nur eine riesige, zwei Tage andauernde Wasserschlacht! Wurden am ersten Tag morgens noch Plakate vorbereitet, Tänze einstudiert und in jeder Gruppe ein Faschingskönig (Rey de Carnaval) gewählt, was später allen Anwesenden präsentiert wurde, stand spätestens nach dem Mittagessen nur noch ein Programmpunkt an.

Über Stunden rannten ca. 140 Kinder durch das ganze Hogar und machten sich gegenseitig mit Wasserbomben, -pistolen und -eimern nass. Und wir als Volontäre waren natürlich mittendrin! Es wurde mit Schaum gesprüht und mit flüssiger Farbe geschüttet, bis auch ganz sicher keiner mehr, weniger als tropfnass nach Hause spazierte. Besonders von Wasserbomben bedroht waren vorbeifahrende Autos und Micros (Bussle), ausgesprochen lustig natürlich, wenn sie bei den 35 Grad, die herrschten, mit offenen Fenstern fuhren.

Am zweiten Tag wurden uns zur Begrüßung erst einmal Wassereimer über den Kopf geschüttet und genauso gut ging es weiter. Wir veranstalteten an verschiedenen Stationen Wasserspiele und versuchten dann gegen Mittag in der Sonne zu trocknen. Da jeder unserer 70 Jungs am Tag zuvor aber 100 Wasserbomben erhalten hatte, mit wenig Erfolg.

Am Nachmittag stand dann eine der besten Unternehmungen an: der Spaziergang. An diesem Tag laufen in der ganzen Stadt sogenannte „bandillas“ (also Gruppen von Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen) durch die Straßen. Stößt man auf eine andere Bande geht mitten auf der Straße mit völlig Fremden eine riesige Farb-, Schaum-, und Wasserschlacht los. Einige Familien sitzen dabei vor ihren Häusern, um das Spektakel zu bewundern und den erschöpften Teilnehmern die Flaschen und Wasserbomben aufzufüllen.

Alles in allem ist Carnaval also ein riesiger Spaß, wie man hier auch an meinem glücklichen Gesicht erkennen kann.

…und an Pascua: „Fröhliche Ostern!“

Ähnlich wie in Deutschland beginnt auch hier in Bolivien Ostern eigentlich schon eine Woche zuvor, an Palmsonntag. Die Prozession in die Kirche und der anschließende Gottesdienst wiesen aber einen entscheidenden Unterschied auf: Das erste Mal in meinem Leben gab es echte Palmzweige, von den im Hogar wachsenden Palmen. Genauso schön ging die Woche dann weiter.

An Gründonnerstag stand natürlich die obligatorische Fußwaschung an, wozu es das allererste Mal auch Weihrauch gab. Am gleichen Abend fand dann noch ein Gottesdienst statt, eine etwa einstündige Monstranzanbetung. Da diese aber im kleinsten Kreis und zum Großteil in Stille stattfand, war dies für mich wahrscheinlich bis zu diesem Zeitpunkt der besinnlichste und schönste Gottesdienst, was bei ein bis zwei Messen die Woche schon etwas heißen will.

An Karfreitag führen quasi alle Kirchen in Santa Cruz (so auch die Jungs bei uns) ein krippenspielähnliches Theaterstück auf, das die Leidensgeschichte Jesu zum Thema hat. Am Abend fuhren wir gemeinsam in die Stadt, denn dort führten dies professionelle Schauspieler auf, kostenlos, unter freiem Himmel, vor vierhundert Menschen. Mir ist wohl selten in meinem Leben diese Geschichte so erlebbar und real vorgekommen und vermittelt worden.

Der schönste Tag war für mich wohl Karsamstag: Den ganzen Tag über zeigten wir den Kindern deutsche Ostertraditionen, sei es beim Backen von Hefehasen oder beim Eierfärben. Um 19 Uhr begann dann die Osternacht: Die Laternen, welche die Kinder die ganze Woche über gebastelt hatten, wurden am Osterfeuer entzündet und wir unternahmen einen riesigen Laternenumzug bis zur dunklen Kirche, die dann nur vom Schein unserer hunderten Kerzen erleuchtet wurde. Am Abend genossen wir ein gemeinsames Osteressen und ließen entspannt den wunderschönen Tag ausklingen.

Am Ostersonntag gab es dann zum Frühstück für jedes Kind einen gebackenen Hasen und ein buntes Ei, was erst voller Skepsis betrachtet, aber letztlich dann doch mit Genuss verzehrt wurde. Anschließend gab es genau wie an Weihnachten, bei kleinen Spielen „Bosco“-Geldscheine zu gewinnen, die auf dem Basar gegen Preise eingelöst werden konnten. Und nach einem gemeinsamen Mittagessen aller Hogars, mit anschließenden Vorführungen der Kinder (in Tanz und Gesang), endete auch schon das bis jetzt letzte größere Fest in meinem Projekt.

Da dieser Beitrag nun deutlich länger geworden ist, als gedacht, werde ich einfach noch einen zweiten hochladen, rund um mein sonstiges Leben gerade in Bolivien, den ihr dann auch hier finden könnt.

Danke an alle fürs Lesen, ich wünsche noch einen wunderschönen Tag!

¡Hasta luego – Bis bald!

Hannah