Über die letzten Wochen hinweg, habe ich ein paar Fragen gesammelt, die mir gestellt wurden und diese möchte ich in diesem Beitrag beantworten. Ich habe es leider nicht geschafft, alle Fragen zu beantworten, damit der Blogeintrag nicht zu lang wird. Ihr könnt mir aber gerne weiter Fragen schicken oder in die Kommentare schreiben, dann werde ich demnächst nochmal einen Beitrag schreiben, um diese zu beantworten.
Wer darf eure Schule besuchen? Gibt es Auswahlkriterien? Werden auch Mädchen unterrichtet?
An der Schule werden Mädchen und Jungen unterrichtet. Eine TVET School ist in etwa vergleichbar mit einer Berufsschule, die Schüler*innen werden hier auf Ausbildungsberufe vorbereitet. Um eine Ausbildung, die entweder ein oder drei Jahre lang dauert, anzufangen, muss man die Secondary School (weiterführende Schule) abgeschlossen haben, oder nach Senior 3, dem dritten Jahr der Secondary School, auf eine TVET School wechseln. Ob es bestimmte Auswahlkriterien gibt, weiß ich ehrlich gesagt nicht, aber für die Anmeldung müssen die Schüler*innen die Ergebnisse der National Exams (landesweite Prüfungen) abwarten, um ihre Zeugnisse einreichen zu können.
Welche Unterschiede gibt es zum Deutschen Schulsystem?
Es gibt keine Kindergärten, nur sogenannte Nursery Schools, die sind aber nicht so verbreitet. Die Primary School (Grundschule) dauert sechs Jahre, von P1 bis P6. Das Einschulungsalter ist wie in Deutschland fünf oder sechs. Nach der Primary School kommt die ebenfalls sechsjährige Secondary School (weiterführende Schule, von S1 bis S6). Jeweils nach P6, S3 und S6 finden National Exams statt.
Der gesamte Unterricht findet auf Englisch statt, in Theorie zumindest. 2008 wurde die Unterrichtssprache von Französisch auf Englisch umgestellt, um Ruanda besser in die East Africa Community zu integrieren (in den meisten ostafrikanischen Ländern wird Englisch gesprochen). In Realität sieht der Unterricht etwas anders aus. An der TVET School unterrichten fast alle Lehrer auf Kinyarwanda. Uns wurde gesagt, dass das auch an den meisten anderen öffentlichen Schulen so ist. Prüfungen und das Unterrichtsmaterial sind allerdings auf Englisch.
Schwierig an dem System finde ich, dass viele der Schüler*innen nicht genug Englisch verstehen, damit sie dem Unterricht auf Englisch folgen könnten. Das kommt daher, dass ab der Grundschule Englischkenntnisse sozusagen vorausgesetzt werden, ohne, dass die Kinder die Möglichkeit haben, die Sprache richtig zu lernen. Denn im Alltag und in den Familien wird Kinyarwanda gesprochen. Im Oratorium haben wir Kinder und Jugendliche kennengelernt, die auf Privatschulen gehen. Dass ihre Englischkenntnisse deutlich besser sind, als die unserer Schüler oder der Kinder, die in Rango oder Tumba (dem Nachbardorf) auf die staatlichen Schulen gehen, ist für uns sehr auffällig.
Jede Schule hat ihre eigene Schuluniform. An unserer Schule wird diese von den Schüler*innen mal mehr, mal weniger korrekt getragen, was von den meisten Lehrern hier aber nicht wirklich streng kontrolliert wird. Auch die Lehrer müssen, wenn sie unterrichten, einen weißen Kittel tragen, damit die Schüler*innen nicht von den Klamotten abgelenkt werden können. Jeder der zur Schule geht, bekommt dort auch jeden Tag Mittagessen (was es an der TVET School zum Essen gibt, werde ich im nächsten Beitrag genauer beschreiben). In Ruanda muss jeder Schulgebühren zahlen. Wie hoch diese sind, ist abhängig von der jeweiligen Schule.
Welche Fächer werden an der TVET School unterrichtet?
Das ist ganz verschieden und hängt von der jeweiligen Ausbildung ab. Es gibt Fächer, die speziell auf eine bestimmte Ausbildung ausgerichtet sind, zum Beispiel Concrete (Beton) und CAD (Computer-aided Design, ein Computerprogramm, mit dem Baupläne erstellt werden können) für den Construction Kurs. Fächer, wie Mathe, Religion und Englisch werden in verschiedenen Klassen unterrichtet. Andere Fächer sind unter anderem Kinyarwanda, Swahili, ICT (Information Communication and Technology), Business und Sport. Jede Klasse hat Tage an denen Theorie unterrichtet wird und andere, an denen praktisch gearbeitet wird. Dafür gibt es auf dem Schulgelände einen sogenannten Workshop (Raum für praktische Arbeiten) für jeden Ausbildungszweig.
Mittwochs und freitags werden nachmittags für die Schüler, die eine einjährige Ausbildung machen, verschiedene Clubs angeboten. Es gibt Modern Dance, Traditional Dance, Chor und den Environmental Club. Die Schüler*innen, die keine Lust haben daran teilzunehmen, spielen meistens Volleyball oder sitzen auf dem Rasen und schauen zu.
Wie ist die Arbeitsmarktsituation? Bekommen die Schulabgänger einen Job?
Das ist eine sehr schwierige Frage, weil auch das je nach Ausbildung unterschiedlich ist und ich darüber nicht gut informiert bin. Von den Construction Schülern weiß ich, dass es mit dieser Ausbildung relativ einfach ist, einen Job zu finden, weil es immer und überall etwas zu bauen gibt. Viele der Schüler wollen aber auch nach ihrer Ausbildung noch zur Uni gehen, um dort Ingenieurwesen zu studieren. Der Koch der Kommunität, der als Schüler an der TVET School gelernt hat, hat uns erzählt, dass es für Schüler*innen von Culinary Arts (Kochen) dagegen schwierig ist einen Job zu finden.
Was gibt es zum Essen?
Tatsächlich habe ich vor, einen eigenen Blogeintrag über das Essen zu schreiben, da kann ich dann auch besser Fotos einfügen. Deswegen hier erstmal nur eine kurze Antwort:
Es gibt oft Reis, (Süß-) Kartoffeln und Kochbananen und dazu rote Bohnen, Spinat, Erbsen und anderes Gemüse. Zum Frühstück und zum Nachtisch gibt es immer verschiedenste Sorten von Obst. Zum Beispiel Bananen, Maracuja, Mango, Orangen und Avocado.
Was machen die Menschen vor Ort in ihrer Freizeit? Gibt es Kinos, Cafés, Clubs etc.?
Alle möglichen Formen von Sport sind beliebt, besonders Fußball. An den Wochenenden findet fast immer irgendwo ein Spiel statt, ob in Rango auf dem Platz der Grundschule, in einem der umliegenden Dörfer, oder in Huye im Stadion. Andere Sportarten, die ich hier schon gesehen habe, sind Volleyball, Basketball, Karate und Joggen.
In der Stadt gibt es viele Bars, Clubs und ein paar Restaurants, in denen abends viel los ist. Viele, besonders junge Leute, treffen sich, um was zu trinken, zu tanzen, ein Fußballspiel zu gucken, sich zu unterhalten oder auch um Karaoke zu singen. Sonja und ich sind auch ein paar Mal am Wochenende schwimmen gegangen.
Wie ist die Gottesdienstgestaltung?
Die Messen in Rango in der Kirche, zu denen wir sonntags gehen, dauern deutlich länger, als die Gottesdienste, die ich aus Deutschland kenne. Meistens gehen sie ungefähr zwei Stunden. Wenn in die Messe noch eine Taufe miteingebunden ist, kann es auch noch länger dauern. Das liegt zum Teil daran, dass mehr gesungen wird und die Lieder viele Strophen haben, die auch alle gesungen werden. Es gibt keine Gesangsbücher, die meisten Leute kennen alle Lieder auswendig. Außerdem kann die Predigt alleine gerne eine halbe Stunde dauern.
In jeder Messe gibt es einen Chor, der mal von einem Keyboard, mal von einer E-Gitarre begleitet wird. Bei manchen Liedern wird dazu geklatscht oder auch traditionell getanzt. In den Gottesdiensten in Rango verstehen wir leider fast nichts, weil sie auf Kinyarwanda gehalten werden. Die Messen in der Kommunität sind auf Französisch. Da verstehe ich definitiv mehr ;). Dafür sind diese Messen vergleichsweise „langweilig“, es wird weniger gesungen und die Atmosphäre ist nicht so lebendig wie in Rango, weil wir aber auch weniger als zehn Leute sind. Manchmal spart sich der Direktor dann auch einfach eine Predigt vorzubereiten und lässt sie aus.
Bist du mit dem Thema Genozid in Kontakt gekommen? Spielt dies im Alltag der Menschen, mit denen du Kontakt hast, eine Rolle? Sprechen die Salesianer mit euch darüber?
Bisher hatten wir mit dem Thema noch nicht viel Kontakt. Es haben uns schon ein paar Leute erzählt, zu welcher Volksgruppe sich ihre Familien dazuzählen, oder auch, dass ihre Familien während des Genozids in die DR Kongo oder nach Uganda geflohen sind. In Kibeho haben wir ein bisschen über die Rolle des Ortes während des Völkermordes erfahren.
Einer der Salesianer hat uns vor ein paar Wochen beim Mittagessen darüber erzählt, was er erlebt hat. Er lebt seit über vierzig Jahren in Ruanda, kommt aber aus Kroatien. Dadurch unterscheiden sich seine Erlebnisse natürlich von denen der anderen Salesianer und der Bevölkerung.
Wenn ihr mehr über den Genozid in Ruanda wissen wollt, könnt ihr euch gerne selbst darüber informieren, da ich mir nicht zutraue, ein so komplexes Thema, über das ich nur begrenzt informiert bin, hier zu erklären.
Wie viele Stunden beträgt die Zeitverschiebung?
Im Moment liegen wir eine Stunde vor Deutschland. Bevor bei euch auf die Winterzeit umgestellt wurde, gab es keine Zeitverschiebung. Das heißt, wenn ich nächstes Jahr zurück komme, werde ich keine Probleme mit Jetlag haben :). Es ist irgendwie seltsam zu wissen, dass ich so weit von zu Hause weg bin, aber trotzdem praktisch die gleiche Zeit habe.
Hast du dir deinen Aufenthalt so vorgestellt, wie er bisher war?
Nein, weil ich mir vorher nicht richtig vorstellen konnte, wie es sein würde tatsächlich hier zu sein. Es war mehr eine Überraschung, aber so wie es ist, ist es sehr schön :).
Hast du Heimweh?
Jain. Natürlich gibt es immer mal wieder Dinge und Menschen, die ich vermisse oder Momente, in denen ich denke, es wäre schon schön jetzt zu Hause zu sein, aber richtiges Heimweh, hatte ich bisher noch nicht.
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