Mit Don Bosco in Duékoué

Franzi in der Elfenbeinküste

37- Lernen oder zahlen, du hast die Wahl!

Das Schuljahr ist seit 3 Wochen vorbei. Bis auf die Abiturienten, die Neunt-Klässler und die Schüler des Ausbildungszentrums, die noch ihre Prüfungen absolvieren müssen, sind alle anderen Kinder schon in den Ferien. Im Foyer sind noch 7 Mädchen. Da nun vormittags niemand mehr zu Hause ist, bin ich von nun an in der Krankenstation am Empfang, wo ich die Patienten wiege, Temperatur und Blutdruck messe und auch ziemlich oft in Finger piekse, um einen Malariaschnelltest zu machen. An meinem ersten Tag habe ich mehr gelernt als bei meinem zweimonatigen Krankenpflegepraktikum in Deutschland 😉 Also selbst wenn die letzten Mädchen bald in ihre Dörfer fahren werden, wird mir nicht langweilig, denn es warten viele neue und spannende Aufgaben auf mich.

Da das dritte Trimester so kurz wegen der vielen Streiks war und es kaum Noten gab, haben die meisten Lehrer einfach den Durchschnitt vom 1. und 2. Trimester als Note fürs 3. Trimester gegeben. Es gibt Mädchen im Foyer, die mit 124 anderen Mitschülern in einer Klasse waren, und von einem einzigen Lehrer unterrichtet werden. So viele waren wir nicht einmal in meiner gesamten Jahrgangsstufe! Die Klassenräume sind aber nicht größer als deutsche Klassenzimmer. Die Schüler sitzen zusammengequetscht auf den Bänken und alle anderen, die keinen Platz gefunden haben, folgen den Unterricht vom Boden aus.
Strom gibt es an den meisten Schulen keinen, die Zimmer sind oft ziemlich duster, dreckig und zugemüllt. Medieneinsatz und alternative Unterrichtsmethoden (Gruppenarbeit, Planspiele,…) kennt man hier nicht, alles Frontalunterricht. Mündliche Leistungen können kaum bewertet werden. Der Lehrer kennt ja keine Namen. Oft teilen sich  bei Klassenarbeiten oder Hausaufgaben, die bewertet werden, mehrere Schüler ein Blatt. Dann bewertet der Lehrer z.b. 5 Schüler mit der gleichen Note, weil sie ja zusammen gearbeitet haben. Sonst hätte er viel zu viel zu korrigieren. Abschreiben erwünscht 😀
In der letzten Zeit haben viele Lehrer noch ein bisschen Geld verlangt. Zwischen 1000 Francs (1,50€) und 5000 F (7,50€)  sollten die Schüler zahlen, um eine gute Zeugnisnote zu bekommen. Korruption, wo man hinschaut.
Für die Abiturienten wird es besonders teuer. Da durch die vielen Streiks so viel Unterricht ausgefallen ist, wird von Montag bis Sonntag und auch an Feiertagen Nachholunterricht angeboten – der natürlich von den Schülern bezahlt werden muss.
Während des Examens der 9.Klässler reicht es, dem Lehrer 500F (ca.75ct) zuzustecken und auf eine Aufgabe zu zeigen. Er dreht so seine Runden durch die Klassen und beim nächsten Mal, wenn er vorbeikommt, bringt er die Lösung mit. Das macht mich wirklich sprachlos. Und anstatt das die Mädchen jetzt viel für ihre Prüfungen lernen, suchen sie sich lieber Geld, um zu zahlen.

In den weiterführenden Schulen des ganzen Landes gab es im Mai ein großes Sensibilisierungsprojekt. An jeder Schule gibt es die sogenannten „Messager de la Paix“ – eine Gruppe von Schülern und Lehrern, die durch Theater, Poesie, Gesang und Tanz Themen  an die Schulen bringen, über die diskutiert und nachgedacht werden soll.
Wegen der vielen Unruhen, Streiks und dem damit verbundenen hohen Gewaltpotenzial an Schulen, wurde im ganzen Land ein Wettbewerb ausgerufen. Zuerst sind in einer Vorrunde die sieben weiterführenden Schulen Duékoués gegeneinander angetreten und haben zum Thema „Non-violence au milieu scolaire“ Theater, Gedichte, Karaoke, Kunstwerke präsentiert. Auch in Hinsicht auf die bald anstehenden Präsidentschaftswahlen ist es besonders wichtig, den Versöhnung – und Friedensprozess des Landes zu unterstützen, damit es nicht zu einer post-elektoralen Krise wie bei den letzten Wahlen 2010 kommt. Die Gewinner des Vorentscheids sind dann zum Landeswettbewerb gefahren, wo sie es leider nicht mehr in das nationale Finale geschafft haben.

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Der Wettbewerb fand im Kulturzentrum der Missionsstation statt. Das Zentrum dort hat schon einige Tausend Sitzplätze und ist aus allen Nähten geplatzt. Die Schüler standen noch vor dem Eingang, haben sich auf Dächer und Mauern gesetzt, um auch etwas sehen zu können. Man konnte sich nicht mehr bewegen und bei der Hitze hat es viel Spaß gemacht, so dicht aneinander gedrängt zu sein 😀

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Sie haben sich die besten Plätze ergattert

Auf jeden Fall war die Veranstaltung ein starkes Zeichen gegen die Gewalt und ein wichtiger Schritt für den Friedensprozess im Land.

Zwei Beiträge möchte ich mit euch teilen (auf französisch hört sich das mit Reim viel schöner an)

Die ivorische Schule, unsere Schule
Früher, Ort von exzellenter Ausbildung und Lehre der Schulweisheit
Unsere Schule von heute, stirbt langsam einen Tod, von vielen gewollt.
– Eltern der Schüler, die das Schulsystem ignorieren
– Die Regierung, die vernachlässigt, die ihre Lehrer unterdrückt
– Lehrer, Zankteufel,voller Forderungen,Streikende, Manipulierer der träumenden Schüler,  nicht denkend, Randalierer manchmal ohne Herzen
– Schüler, Angreifer ihrer Lehrer und Diebe des Schulguts geworden,
weil manipuliert, betrogen, ohne es zu wollen und ohne es zu wissen.
Unsere Schule ist schon seit ewigen Zeiten, eine Wunde, dessen wirkliche Diagnose kein Chirurg stellen kann.
Lehrer mit ihren Diplomen, schwimmen sicherlich nicht in der Misere, geben reduzierten Unterricht in der Klasse, und bevorzugen, ihr Bestes zu geben während dem Nachhilfe- und Vertiefungsunterricht, bezahlt mit barem Geld.
Und wir die Schüler, gehen  langsam und sicher auf einen Weg ohne besseres Morgen zu!
Sind wir eine geopferte Generation?
Ist das das wahre Erbe, dass euch vom Gründervater unserer Nation Felix Houphouet-Boigny hinterlassen wurde?
Wir, wir wollen auch lernen unter den besten Konditionen und in der Zukunft, Verantwortliche dieses schönen Landes werden.

Verzeihen wir uns!
Das ist wirklich traurig, diese Kriege die nicht aufhören
All die Unschuldigen, die sterben, ohne die geringste Gerechtigkeit.
Ist das die Realität oder ein Traum? ist das eine Welt die sich verliert?
Hast du deinen Pilgerstab genommen?
Du bist mein Bruder, du bist meine Schwester, du bist meine Hoffnung und das weißt du!
Du bist mein Feind, das ist das, was sie mir weismachen wollen.
Es ist nicht deine Schuld, wenn wir getrennt sind!
Du lebst im Norden und ich im Süden. Reichen wir uns die Hand um ihnen eine Lektion zu erteilen.
Allen diesen Politikern.
Es ist weit davon entfernt, am Ende zu sein.
Gott gebe uns ein langes Leben
um das Schlechte zu besiegen und die Zukunft aufblühen zu lassen.
Bewaffnen wir uns alle mit Weisheit!
Wir sind noch nicht an Ende des Tunnels!
Hast du deinen Pilgerstab genommen?

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  1. Anni und Kurt

    Liebe Franziska!
    Endlich wieder ein Lebenszeichen von Dir; Dein blog hat uns schon sehr gefehlt! –
    Was Du über die Schule und die Schüler schreibst, ist ja deprimierend. Die Menschen dort sind doch sehr christlich. Wo bleiben hier die christlichen Werte, wo bleibt die Moral? – Wenn Korruption schon „mit der Schulmilch“ eingesogen wird, braucht man sich über späteres Verhalten nicht zu wundern.
    Das Projekt gegen Gewalt und für Frieden ist lobenswert. Hoffentlich trägt es Früchte!
    Dir viel Freude in der Krankenstation! Pass gut auf Dich auf!
    Liebe Grüße
    Anni und Kurt

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