Mit Don Bosco in Duékoué

Franzi in der Elfenbeinküste

33- You never walk alone

In diesem Blogeintrag möchte ich darüber schreiben, wie es für mich ist, als weißes Mädchen allein durch die Straßen von Duékoué zu gehen. Als ich hier angekommen bin und zusammen mit Tobias (ehemaliger Volontär in Abidjan) und einem Einheimischen durch Duékoué und über den Markt gelaufen bin, konnte ich mir nicht vorstellen, ein Jahr an diesem Ort zu bleiben. Und erst recht nicht, jemals das Missionsgelände alleine zu verlassen. Ich hatte Angst. Zum Glück hat mich Sœur Françoise oft mit auf den Markt genommen und ich habe angefangen, den Markt zu kennen und zu lieben und mich hat die Entdeckungslust gepackt, Duékoué mit allen seinen Quartiers kennen zu lernen. Seit langer Zeit gehe ich allein auf den Markt, spaziere liebend gern einfach ein bisschen durch die Gegend und laufe allein weite Wege zu Freunden.

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Der Weg zum Markt

Wie die Überschrift schon sagt, ich laufe niemals allein. Nachdem ich das große Tor mit den Wächtern (24/24 7/7) der Missionsstation verlassen habe, grüße ich die ersten Leute, schüttle Kinderhände oder werde von ihnen stürmisch umarmt. Frauen grüßen mich freundlich, manche Mädchen sind von meinen Haaren fasziniert und wollen sie unauffällig anfassen, andere berühren meine Haut… Ein paar Mädels erklären mir, dass ich von nun an ihre Freundin bis zum Ende ihres Lebens bin. 😉
Doch die meisten Mädchen und Frauen gehen einfach an mir vorbei oder lächeln mir nur freundlich zu. In meiner gesamten Zeit wurde ich auf der Straße nur von 4 Mädchen nach meiner Handynummer gefragt. Bei den Männern ist das die Zahl an einem Tag!!!

Mädchen winken mir im Regen zu

Mädchen winken mir im Regen zu

Eine unbekannte Mama

Eine unbekannte Mama

Marktmädchen mit ihren Waren auf dem Kopf

Marktmädchen mit ihren Waren auf dem Kopf

Denn bei der Männerwelt sieht das etwas anders aus. Ich fühle mich nicht direkt diskriminiert, dass ich so auf mein Äußeres (Weißes) reduziert werde, doch es ist wirklich oberflächlich. Männer jeden Alters, egal welcher Bildungsstand schauen mir nach – hupen, pfeifen, winken mich zu sich, machen mit dem Mund so einen Laut mit dem wir vielleicht Hunde oder Katzen herrufen würden (ich selbst kann dieses Geräusch nicht machen, aber hier machen das wirklich alle so um jemanden zu rufen), zischen wie Schlangen, sprechen mich mit La plus belle (die Schönste), Miss, la maman de ma fille (die Mutter meiner Tochter) oder einfach la Blanche (die Weiße) an. Wenn das Fass an Männern mal wieder übergelaufen ist, dann antworte ich auf la Blanche gerne mit Le Noir ( Der Schwarze), aber natürlich höflich 😀
Selbst wenn ich in Begleitung der Schwester (die in Duékoué auch ohne ihr Schwesternoutfit als Schwester bekannt ist) oder in männlicher Begleitung bin, komme ich nicht um Anmachsprüche rum. Bei der Schwester wurde schon öfter um meine Hand angehalten 😉

Vom Schüler, Militär bis zum Wunderheiler, Lehrer und Direktoren, (angeblich) bekannte Artisten und Künstler… Männer jeden Alters, vom kleinen Jungen bis zum alten, weisen Mann. Natürlich sind es nicht alle Männer, doch es sind eindeutig zu viele, denn jedes Mal wenn ich die Mission verlasse, bin ich nicht allein.
Dann kommt es zu einer der folgenden Aussagen:
1) Seid ich sie das erste Mal gesehen habe, gefallen sie mir.
2) Sie sind mir sofort aufgefallen, sie sind verzaubernd.
3) Ich hab mich in Sie verliebt, kann ich ihr Freund sein?
4) Ich würde gern mit Ihnen befreundet sein, kann ich ihre Nummer haben, damit wir uns wiedersehen können?
5) Kannst du mich nach Europa bringen?
6) Sind sie Schwester? – Nein. – Wollen sie Schwester werden? – Nein! – Okay, kann ich deine Nummer haben?
7)Darf ich deinen Namen erfahren?-Franziska -tjansika -Nein, Franziska -Fanzika – Fast
Nach mehreren Versuchen klappt das dann auch mit der Aussprache
-Oh, was ein wunderschöner Name!
Mama und Papa, ihr hättet mich auch Hanswurst nennen können und die Menschen hier hätten mir für meinen doch so schönen Namen noch Komplimente gemacht 😉
8) -Haben sie einen Mann? -Verheiratet, standesamtlich, noch nicht kirchlich. Keine Kinder. Ehering trage ich keinen. -Wo ist denn ihr Mann? – Er konnte leider nicht mitkommen, er ist in Europa! -Sie sind verheiratet und trennen sich für so lange Zeit? – Ja, aber es ist nur für ein Jahr und danach verlasse ich ihn nieee wieder. -Und wieso hast du keine Kinder? -Dafür bin ich noch zu jung.

Bei solchen Gesprächen fällt es mir oft schwer, ernst zu bleiben. Es macht wirklich viel Spaß, ein erfundenes Leben vorzugeben 😀 Inzwischen muss ich aber wirklich aufpassen, wem ich was erzähle, sonst kommt noch raus, dass es eine einzige Lügengeschichte ist.
Selbst wenn ich die verheiratete Frau spiele, bekomme ich oft noch Angebote und Liebeserklärungen. Es ist hier nicht unüblich, mehrere Lebenspartner auf einmal zu haben, die allerdings voneinander nichts wissen. (Polygamie gibt es hier auch noch – aber das ist eine andere Geschichte.) So wurde mir schon oft vorgeschlagen, dass mein Mann in Deutschland ja nichts von der Liebschaft hier wissen muss. Außerdem kann mir das ja nicht schaden, wenn ich hier einen Ersatz-Mann habe. Dann würde ich meinen Mann weniger vermissen 😀

„I, I Follow, I Follow you…“
Auch das Motto vertreten einige Männer hier. Sie begleiten und verfolgen mich bis zu meinem Ziel, bis zu meiner Haustür… Selbst wenn ich möglichst kalt und abweisend bin, bekomme ich sie einfach nicht los. Wenn ich einkaufen gehe, ist es aber ganz praktisch, denn dann habe ich jemanden zum Tüten tragen und ein bisschen Gesellschaft kann ja auch nicht schaden 😛
Manchmal werde ich auch von vorbeifahrenden Moto-Fahrern gefragt, ob sie mich irgendwo absetzen können. Als „Bezahlung“ möchten sie dafür meine Handynummer. Da lauf ich lieber 😉

Hier eine Auswahl an Ausreden, um meine Handynummer nicht geben zu müssen
1. Hab kein Handy (die Ausrede klappt nie)
2. Hab nur eine deutsche SIM-Karte und keine ivorische (sehr überzeugend)
3. Mein Mann will nicht, dass ich meine Nummer an Fremde gebe (wird angezweifelt)
4. Ich hab schon zu viele schlechte Erfahrungen gemacht und gebe deshalb meine Nummer nicht mehr, weil ich rund um die Uhr angerufen und mit SMS bombardiert werde (Das ist die Wahrheit! Konter: Aber ich rufe dich nur selten an und werd dich nicht nerven! – Nein, das haben alle gesagt und nie hat es geklappt.-Aber ich bin anders als die anderen!)
5. Ich kenne dich nicht, ich gebe meine Nummer nur an Freunde (Konter: Aber  wir können uns ja kennen lernen und Freunde sein)
6. Ich kenn meine Handynummer nicht auswendig und es ist zu Hause
7. Ich nehme deine Nummer und ruf dich dann an (Ich werde zwar niemals anrufen, aber Notlügen sind doch erlaubt oder?)

Diese Woche musste ich auf der Straße wirklich schmunzeln. Begegne ich einem Ivorer mit einem T-Shirt mit deutscher Aufschrift. „AZUBI – Arschloch zum Bierholen.“ Nachdem ich es ihm übersetzt habe, war er froh, dass das außer mir und ihm niemand versteht 😀

Wie ihr seht, sie sind ziemlich hartnäckig und ich glaube man braucht eine Menge Humor und Ausdauer, um nicht nachzugeben. Aber charmant sind die meisten wirklich. Sie wollen mir ja nichts Böses. 😉

Liebste Grüße,
Franzi

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  1. Anni und Kurt

    Liebe Franziska!
    Das hört sich alles ziemlich beängstigend an. Pass gut auf Dich auf!!! –
    Was für ein Unterschied: Bei uns gehen viele zu Schwarzen eher auf Distanz; umgekehrt dort suchen die Schwarzen die Nähe von Weißen. Woran liegt das?
    Gibt es denn so wenige Weiße in Duékoué und der Elfenbeinküste, dass Du ein halbes Weltwunder bist?
    Nochmal: Pass auf Dich auf! Wir beten für Dich.
    Einen herzlichen Sonntagsgruß von
    Anni und Kurt

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