Bei Pongal handelt es sich um ein tamilisches Erntedankfest, dass über vier Tage hinweg gefeiert wird. Dieses Jahr waren die Feierlichkeiten vom 14.1 bis zum 17.1
Am ersten Tag von Pongal wurde bei uns noch nicht wirklich gefeiert. Erst am Abend gab es ein Programm mit Gesang und Tänzen, um die Pongalfeierlichkeiten zu starten und um den Geburtstag von Brother V. zu feiern, der am 14. Geburtstag hatte. Hannah und ich hatten uns dieses mal dazu entschlossen endlich zu einem Tamil Song zu tanzen ( „Adhirudha“ falls jemand reinhören will). Hierfür haben wir alle Tanzmoves, die wir von den Jungs gelernt oder abgeschaut haben, ausgepackt. Bei den Jungs stieß das auf große Begeisterung und wir wurden lautstark angefeuert und bejubelt. Für mich war das wieder ein Moment, bei dem mir richtig das Herz aufging und der mir gezeigt hat, wie sehr ich die Jungs ins Herz geschlossen habe und wie gut ich hier angekommen bin. Das gute an den Tanzschritten hier ist übrigens, dass sie meist recht simpel sind und man den gleichen Schritt mehrere Male macht, sodass auch eine Tanzanfängerin wie ich, sie gut tanzen kann.
Der zweite Tag war dann der eigentliche Hauptfeiertag im DBCH. Wir sind extra früh aufgestanden, um uns schick zu machen und unseren Sari anzuziehen. Hierbei brauchen wir immer noch Hilfe und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich es jemals richtig lernen werde. Ein sechs Meter langes Stofftuch elegant um sich wickeln, ist nämlich gar nicht so einfach. Als wir dann nach draußen kamen, wurden erstmal Bilder über Bilder gemacht. Die Jungs freuen sich nämlich total, wenn wir uns indisch kleiden und unseren Sari tragen. Doch nicht nur wir, sondern auch die Jungs haben sich schick gemacht und viele trugen einen traditionellen Vesthi ( ein weißes Stofftuch, dass wie ein Rock getragen wird) mit oftmals passenden Hemd.
Während wir mit Bilder machen beschäftigt waren, hatte eine der Köchinnen ( die übrigens von den Jungs auch „Akka“ also Schwester genannt werden) angefangen in einem Tontopf über dem Feuer süßen Pongal zu kochen. Als der Pongal überkochte fingen alle Jungs laut an zu jubeln.
Süßer Pongal erinnert ein bisschen an Milchreis, der aber typisch indisch extrem viel süßer ist.
Den restlichen Tag wurden dann verschiedene Spiele gespielt, wie Tauziehen, Pinata schlagen oder ein Hüpfspiel, bei dem man einen Stein auf dem Kopf balancieren muss. Hier meine beiden Highlights:
- Auf dem Hof vor dem Haupteingang wurde eine Stange aufgestellt, die zuvor gründlich eingeölt und eingefettet wurde. Nacheinander durfte dann jeder Junge sein Glück darin versuchen, die Stange hochzuklettern, an deren Spitze ein Säckchen mit Schokolade befestigt war. Hannah und ich haben beide nicht mitgemacht, weil eine „Regel“ war, dass man oberkörperfrei sein muss, was vermutlich an unserer Stelle eher weniger gut gekommen wäre (letzten Endes sind aber auch einige mit T-Shirt geklettert, so konnten wir aber wenigstens behaupten, dass wir es eigentlich easy geschafft hätten). Wir hatten auf jeden Fall den Spaß unseres Lebens dabei zuzusehen, wie ein Junge nach der anderen scheiterte und die Stange wieder runterrutschte oder überhaupt nicht vom Fleck kam. Obwohl wir einige sehr gute Kletterer unter den Jungs haben, war die Stange so extrem rutschig, dass es unmöglich war, sie einfach hochzuklettern. Nachdem einzeln keiner in der Lage war an die Schokolade zu kommen, ging es mit Teamwork weiter. Die Jungs fingen an sich aufeinander zu stapeln und kamen ihrem Ziel immer näher. Ich fand das total beeindruckend, auch wenn ich kurz mal Angst um das Wohlbefinden der Jungs hatte, wenn z.b einer dem Unteren auf den Kopf stieg, so dass dessen Hals komplett abgeknickt war. Schlussendlich landeten aber alle Jungs wieder wohlauf mit der Schokolade auf dem sicheren Erdboden.
- Kabaddi: Alle Regeln hab ich nicht verstanden, aber ich versuche es mal so gut wie möglich zu erklären. Es gibt zwei Teams, welche aus jeweils sieben Spielern bestehen. Jedes Team befindet sich auf der einen Hälfte des Spielfelds. Nacheinander sendete jede Mannschaft einen Spieler in die gegnerische Hälfte, der dort versucht so viele Gegenspieler zu berühren wie möglich und dann wieder auf die eigene Spielfeldhälfte zurückzukehren. Für jeden abgeschlagenen Gegner gibt es nämlich einen Punkt. Die gegnerische Mannschaft versucht diesen Angriff zu vereiteln, in dem sie den Spieler tackeln und zu Boden reißen. Ein Spielzug dauert übrigens in den offiziellen Spielen einen Atemzug, weshalb der Angreifer konstant „Kabaddi,Kabaddi,…“ rufen muss. Bei uns wurde das Rufen aber weggelassen.
Für mich war es das erste Mal, dass ich diesen Sport gesehen habe und fand es total lustig zuzuschauen, wie die Jungs sich gegenseitig umtackeln. Mitgespielt hätte ich natürlich auch gerne, aber vielleicht bietet sich ja in dem Jahr noch irgendwann die Möglichkeit.
Der dritte Tag von Pongal heißt „Mattu Pongal“, also Kuh Pongal. An diesem Tag werden also die Kühe geehrt und gefeiert. Im Care Home stand am Vormittag aber erstmal ein Kochwettbewerb auf dem Programm. An Feuerstellen verteilt, bereiteten die Jungs in vier Gruppen aufgeteilt verschiedene Beilagen und Snacks zu, wie Fried Rice,Pommes oder . Jede Gruppe verschönerte ihre eigene Kochstelle mit bunten Saris, so dass bei manchen ein richtiges Zelt entstand. Die Atmosphäre war super schön und entspannt. Die Gruppen kochten gemütlich vor sich hin, man plauderte munter mit den anderen, half sich gegenseitig und die ganze Zeit über lief Musik (mittlerweile kenne ich auch schon viele der Lieder und kann bei manchen mitsingen). Für mich kam ein gewisses Sommerlagerfeeling auf mit den bunten „Zelten“ und dem gemeinsamen draußen Kochen.
Nachmittags ging es dann an die richtige Mattu Pongal Feier. Die Kühe, sowie auch das Schaf und die Ziege, wurden zuerst gewaschen und dann mit bunten Farben geschmückt. Dann ging es an die Pongalzubereitung. Mit lauten „Pongala Pongal!“ („Koch über Pongal!“) wurde der Pongal angefeuert, bis er schließlich überkochte. Dieses Mal gab es den Pongal aber vorrangig für die Kühe, die aber zuerst gar nichts davon essen wollten. Nach einigen Fütterungsversuchen haben sie dann doch den Pongal und wir bekamen alle etwas von dem restlichen Pongal ab.
Wenn wir gerade über Essen sprechen: An Pongal wurde neben Pongal auch ganz viel Zuckerrohr gegessen. Das stellte sich aber erst einmal als kleine Herausforderung heraus. Zuerst muss man nämlich mit den Zähnen die Rinde abbeißen und dann beißt mein Stück ab, auf dem man so lange herumkaut, dass der Saft rausgeht und spuckt den Rest dann wieder aus. Mit der Zeit bekam ich aber langsam den Dreh raus, auch wenn ich längst nicht so schnell wie die Jungs war, von denen ich auch das ein oder andere Mal ausgelacht wurde. Meine Zähne haben es aber zum Glück heil überstanden und es ist nichts abgebrochen, wie ich zwischendurch manchmal befürchtet hatte.
Doch noch war für uns der dritte Tag von Pongal noch nicht vorbei. Wir waren nämlich von einer unserer Köchinnen zu ihr nach Hause eingeladen worden. Als wir dort verspätet ankamen, war die Pongalzubereitung zwar schon vorbei, die Feier aber noch im vollen Gange. Unsere andere Köchin war nämlich auch da, weil der Sohn von ihrer älteren Schwester , der Mann von der anderen Köchinnen ist (Das hat ein paar Erklärungsversuche gebraucht, bis wir es verstanden haben). Das Haus war auf jeden Fall brechend voll, weil die ganze Familie da war. Um die 35 Leute waren es bestimmt. Auch wenn die meisten kein oder nur sehr sehr wenig Englisch konnten, haben wir uns trotzdem sehr wohlgefühlt. Alle haben uns herzlich begrüßt, wir wurden direkt zum Essen eingeladen und jeder hat sich sehr darum bemüht, sich mit uns zu verständigen. Ich fand es so toll, dass wir mal zu einer indisches Familie eingeladen wurden und auch sehen konnten, wie die Menschen hier wohnen und unter sich ihre Feste feiern. Alles in allem war das ein gelungener Abschluss vom Tag und auch von Pongal an sich, weil im Care Home am vierten Tag nicht mehr gefeiert wurde.
Von den Festen, die ich bisher hier miterleben durfte, war Pongal mein Highlight. Es waren drei unglaublich schöne Tage, die für meinen Geschmack viel zu schnell vorbeigingen. Das Programm und die Spiele fand ich super und auch die Atmosphäre, habe ich unfassbar genossen. Was vermutlich auch nochmal ein großer Pluspunkt ist, ist, dass ich die Jungs mittlerweile deutlich besser kenne, als zum Beispiel noch an Diwali. Über Pongal hinweg hatte man immer wieder schöne Gespräche mit den Jungs und es war nochmal eine besondere gemeinsame Zeit!!!
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