Heute möchte ich euch unsere Kommunität vorstellen.
Unsere Kommunität oder wie ich sie auch gerne nenne „Unsere WG“.
Also hier wohnen vier Pères, ein Fratri, zwei Apiranten und eben wir zwei Volontärinnen. Dazu kommen die Angestellten, die mehr oder weniger jeden Tag hier sind. Nicht zu vergessen, unsere Haustiere,
Mit einigen haben wir schon mehr Zeit verbracht als mit anderen, mehr gesprochen. Das hat verschiedene Gründe, aber später mehr dazu.
Père Gaspard
Der Direktor unserer Einrichtung ist Père Gaspard. Wer meinen letzten Beitrag gelesen hat, weiß schon einiges über ihn. Also er ist nicht nur seit zwei Jahren der Direktor, sondern auch der Ökonom. Darum muss er ziemlich viel am Schreibtisch in seinem Büro sitzen. Er hat auch die Gewalt über das WLAN. Wenn er abends um zehn sein Büro verlässt, um sich auf den Weg ins Bett zu machen, schaltet der oft den WLAN-Router ab und nimmt uns damit das Internet. Aber das nur so am Rande.
Père Gaspard ist Mitte 60 und hat damit schon die Lebenserwartung eines Ruanders überschtritten. Er lacht gerne und viel. Vor allem sein Grinsen finde ich ansteckend. Wenn ich in der Kirche auf französisch lesen muss, was nicht zu meinen größten Stärken zählt, lächelt er mich hinterher immer kurz an oder nickt mir zu. Dann weiß ich, dass es nicht ganz soooo schlimm war : )
Ich gehe sonntags am liebsten in die Messe, die Père Gaspard macht. Er hat so eine angenehme Stimme, da kann ich immer abschalten, weil verstehen tu ich ja eh nix. Und so kann ich die zwei Stunden, vor allem die Zeit der Predigt nutzen, um nachzudenken oder zu träumen. Das ist echt entspannt.
Der Direktor kennt gefühlt jeden hier, grüßt immer alle und lächelt vor allem den Kindern immer zu.
Wenn er mit mir auf französisch spricht, redet er langsamer als sonst und deutlicher. Und zugegebenermaßen auch mit ganz einfachen Worten. Zwischen seinen Sätzen lässt er Lücken, damit ich denken kann. Und er sieht mir an, wenn ich es nicht verstehe – mein Blick scheint sehr deutlich fragend zu sein – dann versucht er es mit anderen Worten. Very nice oder?
Kleiner Funfact am Rande, Père Gaspard kennt ungefähr zehn verschiedene Wege, eine Banane zu essen. Jeden Tag wählt er eine andere. Und manchmal machen Rike und ich ihm nach. Dann muss er immer schmunzeln. Aber wir kennen nun mal nur eine Weise, also müssen wir uns hier andere Arten abschauen : )
Père Léon
Als nächstes stelle ich euch Père Léon vor. Mit seinen 80 Jahren ist er der älteste in unserer WG. Seit über 50 Jahren ist er Salesianer, das Bild seines goldenen Jubiläums steht im „Wohnzimmer“. Er ist Belgier und weil seine Muttersprache Flämisch ist, kann er einige Worte, die wir auf französisch nicht verstehen, auf der Sprache sagen, die er als Kind lernte und dann verstehen wir es meistens.
Wenn ich es richtig verstanden habe, wohnt Père Léon seit 15 Jahren hier in der Kommunität in Rango und ist sehr beliebt hier. Oft kommen Menschen her, um mit ihm zu reden. Rike und ich vermuten, dass er der Seelsorger hier ist.
Der Pater lacht gerne in sich hinein und macht sich mit Vergnügen über andere lustig. Ganz besonders über mangelndes Verständnis der französischen Sprache oder Aussprachefehler. Sein Französisch ist super und sehr klar. Darum kann auch ich ihn sehr gut verstehen. Er gibt unseren beiden Aspiranten Französischunterricht. Und er hat seine europäische Pünktlichkeit selbst nach all den Jahren nicht verloren. Zum Essen, zum Gottesdienst – er ist immer auf die Minute genau da.
Der Pater kümmert sich auch um den Blumenschmuck in unserer Kapelle, den er mit viel Liebe alle paar Tage erneuert.
Als noch jeden Morgen die Schüler kamen, stand er immer auf dem Schulhof, hat jeden einzeln und mit Namen begrüßt, gefragt, wie es ihnen geht. Nachmittags setzt er sich immer auf sein Taschentuch ins Oratorium und schaut den Jugendlichen beim Ball spielen zu.
Père Léon spricht, wie alle hier auch Kinyarwanda. Sonst könnte er weder die Messen halten, noch Seelsorge machen oder sich mit den Kindern und Erwachsenen unterhalten. Sein Kinyarwanda klingt wohl sehr europäisch, wie uns gesagt wurde. Aber immerhin versteht und spricht er es, ist damit also schon mal wesentlich weiter als wir. Im Allgemeinen redet er sehr laut, sobald er im Priestergewand steckt. Sogar in unserer kleinen Kapelle hat er die Lautstärke als würden wir in einem riesigen Raum sitzen : )
Aufgrund seines Alters bleibt er eigentlich immer in Rango, fährt nicht mit zu irgendwelchen Veranstaltungen, auch verständlich.
Père Jean-Pierre
Über ihn kann ich tatsächlich gar nicht so viel sagen, denn er ist sehr viel unterwegs. Wobei das ja auch schon etwas ist : )
Also Père Jean-Pierre ist über 40 und eigentlich selten hier. Er reist viel zu allen möglichen Treffen. Mal nach Madagaskar um über den Volontärsdienst bei den Salesianer zu sprechen, dann ist er mit dem Provincial unterwegs.
Bei den Salesianern werden die Kommunitäten Provinzen zugeordnet, je nach ihrer geografischen Lage. Wir sind in einer Provinz mit Burundi, Uganda und Ruanda. Manchmal besteht eine Provinz aus mehreren Ländern und manchmal besteht ein Land aus mehreren Provinzen. Je nach Größe des Landes und Anzahl der Kommunitäten. Der Provincial leitet jeweils die Provinz.
Na ja, durch seine ganzen Reisen hat er überall Bekannte. Auch in Deutschland, denn dort war er auch schon. Deshalb kam uns vor ein paar Wochen eine Gruppe von deutschen Auszubildenden Handwerkern (?) besuchen, dessen Leiter ein Bekannter von Père Jean-Pierre war. Ein weiterer Vorteil ist, dass er auch englisch sprechen kann. Wenn ich absolut nichts verstehe, dann wechselt er einfach die Sprache ; )
Bei den Kindern, vor allem bei den Straßenkindern ist er sehr beliebt. Das Projekt betreut er intensiv mit, kümmert sich um Gelder etc. Nachmittags kommt er manchmal mit raus, um Basketball oder Fußball im Oratorium zu spielen.
Père Rémy
Für ihn gilt das gleiche wie für Jean-Pierre. Auch er ist viel unterwegs, aber vor allem in Ruanda. Mal unterrichtet er im Pre-Noviziat oder ist bei Hochzeiten, die er regelmäßig zelebriert.
Der 46-jährige Pater kann besonders gut predigen. Ohne Zettel stellt er sich vor die Gemeinde und redet. Dabei hören sogar die Kinder gespannt zu, oft wird gelacht. Vor seinem Zimmer liegen Hanteln, aber ich glaube, die liegen vor allem da, damit Rike und ich im Dunkeln darüber stolpern ; )
In den Genuss seiner Erzählungen kommen wir aber auch manchmal. Wenn der Pater dann am Tisch auf französisch erzählt, verstehe ich auch Teile. Trotzdem spricht er mit mir auf englisch : )
Père Rémy hat uns am 4. September nachts vom Flughafen abgeholt.
Fratri Rémégie
Ja ja, Fratri musste ich auch erstmal googeln. Es ist lateinisch und heißt „Bruder“. Warum man dann nicht einfach Frère sagt? Ich weiß es nicht. Es ist mir auch ein Rätsel.
Der Bruder ist der jüngste hier, also zumindest von den Salesianern. Er kommt aus Burundi, wohnt aber wohl schon länger hier.
Er übt mit uns die Melodien der Lieder, spricht alles Mögliche mit uns ab und sagt uns, wenn wir etwas anders machen sollen. Sein Französisch ist nicht so leicht zu verstehen… Es hat eine ganze Weile gedauert bis ich überhaupt etwas verstanden habe und auch jetzt ist das noch so eine Sache. Wenn er merkt, dass wir überhaupt nicht wissen, was er von uns möchte, versucht er es auf englisch. Na ja, bisher haben wir es irgendwie immer geschafft.
Nur wenn er dann anfängt und auf Kirundi erklärt, das ist die Sprache Burundis, die dem Kinyarwanda ziemlich ähnelt, steigen Rike und ich aus. Das ist manchmal ein bisschen blöd, aber nicht zu ändern.
Weil es zu jedem irgendwie so viel zu erzählen gibt, stelle ich euch nächste Woche unsere Aspiranten, die Köchin, den Gärtner-Küchen-Jungen und den Hausmeister vor. Ach ja, und die Tiere natürlich! Aber sonst wird es eindeutig zu viel für heute. Außerdem weiß ich dann schon, worüber ich nächste Woche schreiben kann und muss nicht noch kreativ werden ; )
Ich habe leider wieder keine passenden Fotos, weil wir von den Brüdern einfach keine Fotos haben, aber ihr bekommt trotzdem ein Foto. Dann eben eins, dass nicht zum Thema passt : )
Danke für’s Lesen und bis nächsten Sonntag
Emma
Bärbel
Hallo Emma. Schon wieder ist Sonntag. Wahnsinn. Die Wochen fliegen nur so dahin. Wie du weißt waren die Beckers dieses WE bei uns, das war sehr schön. Olli sagte, du kannst ihm mal die WLAN Situation schildern, vielleicht findet ihr eine Lösung. (-:
Heute hat Hanna mit Greta Französich geübt, am Dienstag ist die Sprechprüfung. Die kommt für deine kleine Schwester fast so überraschend wie Weihnachten. So. Nun setze ich mich auch noch etwas an den Schreibtisch. Sind gerade alle am lernen, dann folge ich mal dem guten Beispiel der Kinder. (-;
Ganz liebe Grüße. Mama
Friederike Feithen
Immer noch #teamgaspard
Luca M
Hallo Emma!
Schön, mal die ganzen Leute „kennenzulernen“, mit denen du deine Zeit verbringst! 🙂
Ich habe gerade den Weg zu meiner Wohnung gemeistert, obwohl von Hauptbahnhof Sonntag abends kein Bus in meine Richtung mehr fährt und 1 Zug zum anderen Bahnhof ausgefallen ist (thank you für den Schreck, verspäteter Schienenersatzverkehr). Manchmal würde ich mir ein bisschen ruandische zeitliche Entspanntheit wünschen, aber so einfach ist das gar nicht, wenn man im Dunkeln am Bahnhof steht 🙁 naja, ich bin angekommen! Liebe Grüße und gute Nacht 🙂 (oder Morgen, Tag etc., je nachdem wann du es liest) 🙂 deine Luca
Br. Norbert Enste
Hallo Emma,
spannend, etwas mehr über Deine Hausgemeinschaft zu erfahren.
So verbindet „man“ (ICH) doch etwas mehr mit den Namen, die in Deinen Berichten immer wieder erscheinen.
Ich bin schon sehr gespannt darauf, auch vom Hauspersonal und Euren Tieren zu hören.
WLAN hätte ich auch gerne hier im Haus. Bei uns bricht das Internet auch manchmal zusammen. Es liegt aber wohl daran, dass unsere Technik noch nicht auf dem neuesten Stand ist.
Aber aus Deinen Berichten lerne ich für mich, den Blick wieder mehr auf Dinge zu richten, die wirklich wichtig sind im Leben.
Dir eine schöne Woche und ganz herzliche Grüße an die Hausgemeinschaft.
Französisch kann ich leider nicht, sonst würde ich es ja mal versuchen.
Herzliche Grüße aus Meppen!
Br. Norbert