Charli in Bolivien

Ein Jahr mal anders

Vom Verstehen und Verstandenwerden

Welche Sprache spricht man nochmal gleich in Bolivien? Bolivianisch?
Nein! Natürlich Spanisch.
Und wie läuft das so bei der Charli?
Ich bin jeden Tag von meiner neuen Zweitsprache umgeben. Sowohl auf der Arbeit als auch zu Hause in unserem Voluntärshaus spreche ich Spanisch. Mit so ziemlich allen, weil sowohl für Italiener als auch Holländer und Mexikaner Spanisch der gleiche Nenner ist.

Erst hier, da ich die Landessprache nicht perfekt beherrsche, fällt mir auf, wie wichtig das Reden doch ist. Sei es, um sich schnell eine Empanada (mit Käse gefüllte Teigtasche) auf dem Markt zu kaufen, sich nach einem Zusammenstoß bei seinem Gegenüber spontan entschuldigen zu können, zu klären, wer wann Mülldienst hat oder den Tagesablauf der Jungs im Hogar zu verstehen.
Und Sprache ist der Schlüssel zu all dem!

Mit meinen Grundkenntnissen habe ich mich eigentlich ganz gut vorbereitet gefühlt für dieses Jahr… Als ich dann aber den ersten Cruzeño habe reden hören, hat mich der Dialekt fast erschlagen. Gut, an Dialekt gewöhnt man sich mit der Zeit. Daran, dass fast nie das „s“ am Ende eines Wortes gesprochen wird. Daran, dass alles verniedlicht wird.

Mir fällt auf, wie präzise ich mich im Deutschen ausdrücken kann. Diese feinen Nuancen, die ich in meiner neuen Sprache hier nicht mit Worten zum Ausdruck bringen kann. Oder es versehentlich tue, ohne es zu wissen und dadurch jemanden belustige.
Für manche Dinge gibt es im Spanischen einfach auch kein Wort: Schon mal einem Bolivianer erzählt, dass du einen Wurm im Ohr hast? Du wirst auf vollkommenes Unverständnis stoßen. Denn den Begriff „Ohrwurm“ gibt es hier einfach nicht. Und dabei ist er so unersetzlich!

Und so fabrizieren ich das ein oder andere Missverständnis – selbst zwischen uns deutschen Voluntären. Ab und zu reden wir dann mal von ganz unterschiedlichen Dingen und sind dann über die unerwartete Reaktion des anderen überrascht.
Und wenn ich mal mutig bin und ein neu aufgeschnapptes Wort in meinen Satz einbaue, ist das manchmal wortwörtlich ein Griff ins Klo. So wie ich in unseren ersten Wochen den Namen der Erzieherin „Mirta“ verwenden wollte. Irgendwie ging mir das nur nicht so ganz richtig über die Lippen und es wurde „Mierda“ (Scheiße) daraus. Das ist mir auch nur einmal passiert!

Neben all diesen Komplikationen gibt es aber so viele Momente, in denen ich merke, dass Wörter nicht alles sind. Denn im Prinzip sprechen alle Menschen dieselbe Sprache. Durch Gestik, Mimik oder Menschenkenntnis verstehen meine Jungs und ich uns öfter wortlos.
Wie wenig Sprache man zum Fußballspielen braucht! Oder wie wenig Wörter man manchmal braucht, um ein Spiel zu erklären. Da heißt es dann: Vormachen und Nachmachen!

 

Trotzdem lerne ich jeden Tag ein bisschen mehr Bolivianisch – das Spanisch mit den bolivianischen Wörtern! Und abends vor dem Schlafengehen tauschen Lisi, meine Zimmerkameradin, und ich uns in eine Mix aus Spanisch und Deutsch über unseren Tag aus bis wir uns „Buenas noches“ wünschen.

Vorheriger Beitrag

Einen Tag über meine Schulter schauen

Nächster Beitrag

Der Hustensaftflieger

  1. Alfred Neugebauer

    Buenos Dias, Charli,

    danke für Deinen Einblick ins Geschehen.
    Weißt Du denn schon, wie bei Euch der Advent begangen wird?
    In den Bergen kann das doch schön werden?
    Viele schöne Stunden
    wünscht Alfred

    • Charlotte Kühnel

      Buenas días Alfred!
      Wie der Advent insgesamt abläuft, weiß ich noch nicht ganz. Aber die Jungs sind zur Zeit noch auf Campamento (Zeltlager) und wir betreuen sie da die letzten zehn Tage. Das zählt auch schon zum Advent.
      Leider haben wir hier in Santa Cruz keine Berge, aber ich bin sicher, dass wir auch so eine schön(e) warme Weihnachtszeit haben werden.
      Wir gehen regelmäßig zu den Weihnachtsproben und da wird schon viel und ausgelassen getanzt!! Vom daher freue ich mich auf lebendige Weihnachten :))
      Liebe Grüße
      Charli

  2. Peter Schmitt (Fuffy)

    Hallo Charli, hier schreibt der Fuffy aus Ebern! Du kennst mich, oder? Dort wo euer Waldarbeiterwagen steht… 😉 Ich habe selbst Bolivien besucht und bin ein halbes Jahr durch Südamerika getrampt. Von Argentinien über Chile, nach Equador, Peru und Bolivien. Mir ist immer noch die südamerikanische Musik aus den Anden in Erinnerung, die ich sehr liebe. Warst du schon auf dem Titicacasee? Hoffentlich hat er immer noch genug Wasser. Ich wünsche dir eine gute Zeit! Hasta luego! Dein Fuffy (Peter Schmitt)

Schreibe einen Kommentar

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kommentarformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an info@donboscomission.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Läuft mit WordPress & Theme erstellt von Anders Norén