So, langsam bin ich wieder halbwegs gesund und kann mal etwas genauer über meine Arbeit im Sick Room berichten. Der Sick Room ist, wie der Name schon sagt, ein großer Raum mit etwa 20 Betten und einem Schreibtisch für die Krankenschwester. In ihn werden alle Kinder aus Einrichtungen von Navajeevan (unserem Projekt) „eingewiesen“, wenn sie schweres Fieber haben, sich etwas brechen oder sonstige gesundheitliche Probleme haben. Und so sieht er aus:

Hier arbeite ich also, was bedeutet, dass ich die Kinder bzw. Jugendlichen, die sich schon ein bisschen fitter fühlen, in Kunst, Musik und Englisch unterrichte oder mit ihnen ins Krankenhaus oder zum Arzt fahre, falls dies notwendig ist. Zum Glück bin ich dabei nicht auf mich allein gestellt, sondern erhalte Unterstützung von Loes, einer Medizinstudentin aus den Niederlanden, die mit mir zusammen die Kinder betreut. Hier ein paar Bilder davon:


Unterrichtet wird natürlich auf dem Boden und danach kommen die Bilder an die Wand.
Ich möchte nicht lügen, die Umstände unter denen die Kinder hier untergebracht sind, könnten besser sein. Es ist wenig Platz und häufg liegen Kinder mit ansteckenden Krankheiten neben Kindern mit Brüchen oder anderen Wunden, so dass ein hohes Infektionsrisiko besteht. Aber das Projekt tut sein bestes, um aus dem wenigen Platz das Bestmögliche herrauszugewinnen. Davon abgesehen findet man in indischen Krankenhäusern ähnliche, wenn nicht noch schlimmere Zustände, einfach auufgrund der hohen Bevölkerung und der zu geringen gesundheitlichen Versorgung.

Abschließend möchte ich kurz über zwei Jugendliche berichten, die ich im Sick Room kennen gelernt habe.

Das hier ist Krischna (Name geändert). Krishna ist 17 Jahre alt und kam aufgrund von hohem Fieber zu uns in den Sick Room. Als er 3 Jahre alt war, kamen seine beiden Eltern ums Leben und er wurde zum Waisenkind. In Indien bedeutet das in der Regel ein Leben auf der Straße, wenn überhaupt. Krishna hatte Glück, Freunde seiner Eltern kannten Pater Koshi (den Leiter unseres Projektes) und baten ihn, den Jungen aufzunehmen. Seit dem passierte Krishna verschiedene Einrichtungen des Projektes, schaffte seinen Grundschul- und später seinen High-School-Abschluss. Sein Traum ist es, später in das Bankwesen einzusteigen. Er interessiert sich für Musik, spielt die Trommel und besucht regelmäßig Gottesdienste, da ihm sein christlicher Glauben sehr wichtig ist. Während seines Aufenthaltes im Sick Room teilte ihm einer der Pater mit, dass er soeben die Erlaubnis erhalten hätte, das College zu besuchen, was ihn sehr gefreut hat. Sein Fieber ist mittlerweile geheilt und seit etwa einer Woche besucht er das College, um sich auf sein Studium vorzubereiten.

Der zweite Junge, über den ich berichten will, ist Balu (Name geändert). Balu ist bereits 14 Jahre alt, obwohl er wesenlich jünger aussieht und leidet an Poliomyelitis (Kinderlähmung).
Aufgrund der Lähmung seiner Beine und Arme ist es ihm nicht möglich, zu laufen oder Gegenstände mit einem Gewicht von über 200 g anzuheben. Kinder wie er hätten in Deutschland wohl einen Rollstuhl, in Indien sind diese rar gesäht und teuer. Der Sick Room besitzt jedoch einen, welcher unter anderem für Balu genutzt wird. Ansonsten wird er getragen. Balu kann die Welt außerhalb des Sick Rooms nur sehr selten sehen. Als Loes und ich versuchten, mit ihm ein bisschen zu trainieren, um seine Muskulatur etwas zu stärken, fiel uns auf, dass es ihm, vermutlich aufgrund von Gelenkschädigungen, nicht mehr möglich ist, seine Beine über 90° zu strecken, bzw. seine Arme über Schulterhöhe anzuheben. Auch wenn Balus Möglichkeiten doch sehr gering sind, srahlt er häufig viel Freude aus. Er ist immer der Erste, der uns mit „Hi Sister/Brother!“ und einem Lächeln begrüßt.

So, das war eine Menge, ich hoffe, es war trotzdem interessant. Viele Grüße aus dem heißen Indien.

Liebe Grüße,

Jonathan

P.S.: Vielen Dank für die vielen Grüße und E-Mails, tut mir Leid, dass ich noch nicht alle beantwortet habe, ich war ja krank und so, aber ich geb mir Mühe, bald zu schreiben.
Ich freu mich trotzdem immer sehr :-)!