Tja, meine Blutspendekarriere kann ich dann wohl an den Nagel hängen…
Was hier womöglich an die verstaubte Ladenglocke des Tante-Emma-Ladens aus des 1960er Jahren erinnert, ist in Wirklichkeit eine recht ernste Angelegenheit. Selbstverständlich mit dem allzu frankophonen „ü“, für das mich wohl alle zukünftig anzutreffenden Pariser auslachen werden, ist dies eine verniedlichende Abkürzung für „paludisme“, zu deutsch Malaria.
Aber ganz so ernst ist das ganze dann auch wieder nicht. Denn irgendwann kriegen alle Volontäre mal Malaria. Besonders in der Regenzeit, sagt man uns, wenn die Moskitos bei Abenddämmerung ganz besonders durstig nach Blut durch die Straßen ziehen. Diese Regenzeit hat hier nicht eingesetzt. Hat dieses Jahr verschlafen. Aber hier machen inzwischen die vermeintlichen „Jahreszeiten“ eh nicht mehr das, was man von ihnen erwartet. Andere Geschichte…
Der angereiste Mensch versucht die erstmal nur juckenden Mückenstiche allabendlich mit diversen Sprays und Cremes abzuwehren. Gegen die Krankheit selbst gibt es noch medikamentöse Vorbeugemaßnahmen, deren Nebenwirkungen – und tatsächlicher Schutz – aber allesamt fragwürdig sind. Und freilich umgibt das Bett immer der umständliche Moskitonetz-Mantel.
Der beninische Mensch hält sich das nervige Gesumme durch punktuelles, gezieltes Armwedeln fern, was von vielmehr Übung im frühzeitigen Erkennen der Gefahr zeugt. Malaria wird dann häufig auch nicht durch ärztliche Profession, sondern in Selbstdiagnose problemlos erkannt. Als Behandlung gibt es gewöhnliche Schmerz- und Fiebersenk-Mittel; im Idealfall aus der Apotheke, schlechterdings von den zahlreichen Koffermenschen auf der Straße, die stapelweise Medikamente herumschleppen, mit eher nicht zertifizierter Beratung, dafür spottbillig.
Zumindest bei uns „Yovos“ (also Weiße) wird dann aber die Malaria-Diagnose im Krankenhaus und durch Bluttest vorgezogen. Bevor es zu jenem Bluttest kommen kann, ist natürlich eine Abnahme einer geringfügigen Menge an Blut unabdingbar. Je nach Erfahrung des behandelnden Arztes würde dies in unseren Augen teilweise wohl durch jegliche, europäische Hygieneschranke durchfallen. Üblicherweise wird Blut am Handrücken abgenommen und durch die Nadel einfach durch den natürlichen Blutfluss in eine kleine Ampulle getröpfelt.
Das Problem an der Diagnose der Infektionskrankheit, deren registrierte Fälle zu 90% auf dem afrikanischen Kontinent verzeichnet sind, ist, dass die Symptome der Krankheit individuell anders ausfallen. Von Kopf- und Gliederschmerzen, allgemeinem Krankheitsgefühl über Fieber und Schüttelfrost bis hin zu Übelkeit, Durchfall und in den äußersten Fällen längeren Krankenhausaufenthalten ist alles auf der Symptompalette.
Bei Diagnose durch Bluttest werden darauf starke, 3tägige Anti-Malariatabletten verschrieben, die dem Körper die volle Dosis geben um die Malariaerreger im Blut zu zerstören. Einige Tage in halbem Tempo durchs Leben gehen und schon kann man wieder voll durchstarten.
Doch der Weg zu dieser Diagnose ist manchmal lang, ist man es doch gewohnt wegen einfachem Durchfall (aufgrund der ungewohnten Nahrung keine Besonderheit) oder Kopfschmerz und Schwäche (ist wegen der Klimaumstellung keine Besonderheit) nicht direkt zum nächsten Krankenhaus zu fahren. Und genau hier wird Malaria zum Schrecken der Europäer, den auch du vielleicht spätestens bei meiner Aussage – jeder hier hätte mal Malaria – bekommen hast.
Denn lässt man Malaria unbehandelt, so kann sie bei bestimmten Erregergruppen der vielseitigen Krankheit, im Ernstfall zum Tod führen. Der WHO-Malaria Bericht lügt nicht, wenn er im Jahr 2017 von weltweit geschätzten 435.000 Todesfällen durch Malaria spricht. Das sind fast 1.200 Tote pro Tag, 50 pro Stunde. Über 60% der Opfer haben nicht einmal das Alter von 5 Jahren erreicht.
Leben Familien auf dem Land, haben keinen Zugang zu Medikamenten oder keine finanziellen Mittel für eine Behandlung sind Todesfälle durch die von der Anopheles-Mücke übertragene Krankheit keine Seltenheit. Bei frühzeitiger Diagnose und medikamentöser Behandlung ist sie bei normalem Krankheitsverlauf für einen Erwachsenen jedoch nicht einschränkender als eine Grippe. Immer wieder erschreckend finde ich diese Tatsache, dass man so vielen Menschen durch eine vermeintlich so einfach Behandlung das Leben retten könnte. Wären die Mittel da…
Tja, vielleicht habt ihr es in den letzten Zeilen schon herausgehört. Jedenfalls darf auch ich mich als frischgebackenen Teilnehmer der Statistik für Malariainfizierte in Westafrika bezeichnen.
Aber keine Sorge. Alles halb so schlimm. Habe mich bereits zu Beginn meines Temperaturanstiegs auf diese hier recht gewöhnliche Diagnose eingestellt und bin so bereits am nächsten Tag wieder auf den Beinen gewesen. Jetzt dem Körper noch etwas Pause gönnen und schon kann’s wieder losgehen, im Arbeitsalltag.
Was das allerdings nun für meine Rückkehr nach Deutschland bedeutet, finde ich persönlich deutlich bedauerlicher als die Krankheit selbst. Dies betrifft die Ausschlusskriterien zur Blutspende. Temporärer Ausschluss von der Blutspende für eine Dauer von 4 Jahren – bei Aufenthalt von mehr als 6 Monaten in einem Malaria-Gebiet. Zusatz: Bei Nichtinfizierung von Malaria. Im Klartext heißt dies: Alle längerfristigen Volontäre aus dieser Region sind schon mal grundlegend für 4 Jahre vom Blutspendemarkt verbannt. Heißt weiter: Dieser große Teil von Volontären, der sich während seines Freiwilligendienstes mit Malaria infiziert hat, wird auf Lebzeit ins Blutspende-Exil geschickt.
martin
Bonsoir! Cest vrai. Moi aussi je pense, que tous les volontaires en afrique de l’ouest attrapent palu au mois une fois. Vraiment triste, que personne ne fais rien contre tous les morts. Moi meme j’ai l’eu 9 fois. alors ca ne tue pas.Yakooo et Courage. Salutations Martin – le petit blanc