Es ist Mai. Krass. Mai. Diese drei Buchstaben hören sich in meinen Ohren an wie ein weit entfernter Zeitpunkt, und plötzlich sind sie da, ganz nah an meinem Ohr, direkt vor meiner Nase. Was ich dir, lieber Leser, heute präsentieren darf, ist ein Projekt, an dem ich nun lange gearbeitet habe. Viele, viele Buchstaben.
Ich habe zu wenig geschrieben in letzter Zeit, hätte gerne mehr veröffentlicht, euch mehr teilhaben lassen an meinem Dasein, aber die Zeit hat gefehlt. Deshalb hier und heute nun dies:
11 Tage. 11 Einträge. Hier. Mein Umfeld, beschrieben in 11 einzelnen Details. Ein kleiner Führer um besser zu verstehen, wo ich hier bin, wer ich hier bin.
Lasst uns nicht mehr warten. Ich freue mich sehr, das hier präsentieren zu dürfen…
how to…
…Leute begrüßen
Dicke Umarmung oder Küsschen auf die Backe, distanziertes Händeschütteln oder ein einfaches Zunicken. Begrüßungen laufen überall anders ab, sind wohl auch überall abhängig vom Gegenüber. Und viel dabei falsch machen, kann man sowieso. Also : How to.. Leute begrüßen als Jugendliche in Cotonou.
Auf die „Guten Tag“ bzw. bereits ab 12 Uhr mittags „Guten Abend“ zugeworfene, französische Berüßungsfloskel folgt eine einfache Frage nach dem Wohlbefinden des Gegenübers: „Gehts dir gut?“ Immer. Auch die positive Antwort und Rückfrage folgt hierzulande einem standardisierten Begrüßungsablauf. Exemplarisch soll hier ein übersetztes Prachtstück einer einfachen Begrüßung erläutert werden:
Guten Tag, wie gehts?
Guten Tag, ja gut und dir?
Gut. Und deine Familie?
Ja. Ihr geht’s gut.
Und die Gesundheit?
Ja. Der geht’s gut. Keine Probleme.
Gut gut. Und die Arbeit? Hast du ein wenig gemacht heute?
Ja.
Ok. Ich wollte dich eigentlich nur etwas fragen…
Im Laufe des Gespräches wird dann bei gegebenem Anlass natürlich getauscht.
Dieser für manch einen eher steifen Deutschen, überhöflich klingende Begrüßungkatalog, ist hier fester Bestandteil. Über mich selbst muss ich manchmal etwas lächeln, wenn ich in Eile auf der Straße noch etwas kaufen möchte und die unerfüllte Hoffnung habe, das erwünschte Produkt zu erhalten ohne zuvor einen kleinen Fragenkatalog artig zu beantworten.
Steht man bei der Begrüßung einem jungen Menschen gegenüber, so ist der erste Schritt der Begrüßung ein lauer Handschlag. Beendet wird dieser mit einem Druck der beiden Mittelfinger aneinander, sodass sie beim Lösen ein Schnipsen auslösen, welches je nach Fähigkeiten der Täter auf einer Skala von stumm bis laut variiert.
Bei deutlich älteren Personen, wird das einfache Händeschütteln nicht selten begleitet von einem kleinen Knicksen oder respektvollen Kopfneigen. Auch Küsschen auf die Wangen sind bei näherer Bekanntschaft nicht selten. Ist die rechte Hand gerade nicht schüttelfrei, so wird stattdessen das hingehaltene Handgelenk kurz umgriffen.
…tank dein motorrad
Kleine, aus einfachen Holzbrettern zusammengezimmerte Stände, häufig eine Neonröhre als Nachtbeleuchtung, eine Trichter aus einer Plastikflasche, einem Schlauch und Klebeband und einige Glasflaschen verschiedener Größen. So in etwa sieht das Inventar städtischer Tankstellen in meinem Umfeld aus. Man sagt mir, ein großer Teil des hier verkauften Benzines käme vom Schwarzmarkt, werde aus den Dörfern in die Stadt gebracht. Doch diese Tankstände sind der gebräuchliche Stopp am Straßenrand, wenn das Gefühl einem sagt, sein motorisiertes Zweirad bräuchte wieder Nachschub. Auf Tacho und Benzinanzeige ist eher seltener zu vertrauen, zeigen sie doch häufig dauerhaft den immergleichen Stand an. Schon junge Kinder leiten manchmal die Tankstände, füllen mit improvisierten Trichtern Flasche um Flasche in die leeren Tanks der Kunden.
Markiert sind diese Tankstellen oft durch einen Kanister am Straßenrand, auf den in großen, weißen Zahlen der heutige, hier verkaufte Preis geschrieben steht (An normalen Tagen zahlt der Fahrer circa 50 ct für ein Mal Motorrad tanken).
Anzumerken sei, dass dies nicht die einzigen Tankstellen in der Stadt sind. Auch geläufige Tanksäulen sind zu finden.
…Paket bekommen
Einer der letzten Absätze hat bereits das Problem nicht existenter Straßennamen und mangelnder Hausnummern behandelt. Nun möchte ich mich noch der daraus resultierenden Frage widmen: Wie also kann die Post hier funktionieren?
Briefkästen gibt es an privaten Häusern nicht. Dafür gibt es in der Stadt verteilt mehrere Räume mit Postfächern. Sie sind der Schlüssel um Post erhalten zu können. Für alles, was größer als ein Brief ist, bekommt man einen kleinen Zettel von der zentralen Poststation, in der sich ein großes Paketlager befindet.
Mit diesem Zettel lässt man sich nun also innerhalb der nächsten beiden Wochen in der Mittagspause zur zentralen Poststation fahren und dafür meist das Mittagessen sausen. Die Öffnungszeiten der Post sind leider nicht abgestimmt mit den Arbeitszeiten der Besucher. Dort gehe man mit dem Zettel und einem Ausweisdokument zum Schalter und setze sich darauf mit einer ordentlichen Portion Geduld auf eine der harten Holzbänke an der Wand. Und dann warten…..warten…..bis der etwas deutsch sprechende Schalterbeamte einen mit möglichst deutscher (und doch in meinen Ohren kaum als mein Name erkennbarer) Aussprache des Namens oder einfach einem leichten Zunicken zum Schalter zurückruft um Ausweisdokument gegen Abholgebühren zu tauschen. Nach Erhalt des Paketes wird man weitergeleitet in einen Nebenraum zur Zollkontrolle beim immergleichen, in seinem Sessel flätzenden Zollbeamten. Dieser weist nun seinen daneben stehenden „Jungen für alles“ dazu an, das Paket zu öffnen und nach zu verzollenden Gegenständen zu durchwühlen, während er, der schlechten Serie im laufenden Fernseher folgend, gemütlich seine Melonenkugeln verspeist. Ist die Zollprozedur beendet, begebe man sich mit dem Paket unterm Arm zum Ausgang der Post, nicht jedoch ohne dem jungen Mädchen, welches im Eingangsbereich abzuschickende, abenteuerlich verpackte Pakete mit Packpapier und Klebeband versendetauglich macht, noch freundlich zuzuwinken und ihr noch einen schönen Tag zu wünschen.
…Kleidung shoppen
In den Laden ums Eck gehen und sich kurz die neue Klamotte kaufen. Ja, geht. Eine andere Methode gefällt mir aber deutlich besser. Dazu ist es nötig, dass man sich in die vollen Gassen des Marktes traut.
Hier findet man auch im Bereich „Kleidung“ alles, was das Herz begehrt. Second-Hand Kleidung und Neuware soweit das Auge reicht. Entweder in Form „mobiler Kleiderständer“ also Frauen, die Körbe mit gefüllten Kleiderhaken auf dem Kopf tragen oder im extra dafür gemachten Seitenarm des Marktes, der übersät ist von aufgetürmten Bergen von Kleidung. Hier gibt es Straßen, in denen beispielsweise nur Second-Hand Schuhe verkauft werden.
Doch auch diese Art des Kleidung Beschaffens ist nicht mein Favorit. Mein Favorit ist Kleidung aus hier getragen Stoffen. Für die weniger Mutigen, oder wenn es schnell und billiger sein soll, gibt es dafür Bereiche auf dem Markt, in denen man vorwiegend fertig geschneiderte (meist Frauen-)Kleidung aus traditionellen Stoffen findet. Für alle anderen gibt es überall, wirklich überall auf dem Markt verteilt, Stände mit kleinerer und größerer Auswahl an Stoffen in allen Farben und Mustern.
Das pochende Herz des Stoffhandels ist wohl ein überdachter Bereich, von uns liebevoll als „Stofflabyrinth“ bezeichnet. In engen Gängen an beiden Seiten gestapelt, Stoffe, vom Boden bis an die Decke. Kein Ort für Entscheidungsproblematiker. Wobei, selbst die schaffen es hier irgendwie. Nachdem ausgesucht ist, wird der Preis verhandelt. Ein Yard von uns gekaufter Stoff kostet durchschnittlich 1000 CFA (1,50 Euro). Gerade in Holland produzierte Stoffe (ja. Viele der hier verkauften Stoffe sind Produkte aus Holland. Sehr spannendes Thema. Dort nicht zu gebrauchen, doch hier eröffnet sich ein Absatzmarkt mit etwa 400 Millionen potentiellen Käufern. Ganz einfach findet man dazu tolle Berichte im Internet) kosten aber gerne auch mal das fünf- bis zehnfache.
Mit dem beendeten Einkauf geht es dann weiter zum Schneider des Vetrauens – sie gibt es an jedem Straßeneck- wo das gewünschte Kleidungsstück dem Kunden maßgeschneidert wird.
…Handy benutzen
Lieber Kunde, ihr Datenvolumen für diesen Monat ist aufgebraucht. Wählen sie folgende Tastenkombination um für nur 2 Euro weitere 300Mb Datenvolumen zur Verfügung zu haben.
Wer kennt sie nicht, die nervenden SMS des Vertragsanbieters? Ich. Derzeit kenne ich sie nicht. Zumindest nicht in dieser Form.
Die meisten Erwachsenen meines Umfeldes hier besitzen mindestens ein Handy. Durchschnittlich könnte man sagen eines. Manche eben mehrere, andere gar keines. Für die Fernkommunikation ist es aufgrund seltener Festnetzanschlüsse fast unabkömmlich. Viele haben ein Smartphone zu Hause und um unterwegs erreichbar zu sein ein weiteres „Panzer-Tasten-Handy“ von Nokia.
Um ein Gerät namens Mobiltelefon zweckmäßig verwenden zu können, muss zuvor ein Anbieter erwählt werden. Im Vergleich zum überfrachteten Mobilfunk-Markt in Deutschland, gibt es hier nur PrePaid und genau zwei Möglichkeiten, die sich in ihrem Angebot nicht wesentlich unterscheiden.
Kosten und Nutzung
Der einmalige SIM-Karten-Kauf beläuft sich auf weniger als einen Euro. Darauf gilt es, sein Angebot zu wählen. Dabei wird strikt unterschieden zwischen Telefon/SMS-Guthaben und mobilen Daten um auf das Internet zuzugreifen. Man zahlt die beiden Dinge getrennt voneinander, jedes nach Bedarf. Erhältlich ist dies neben den Filialen der Anbieter, auch überall dort, wo beispielsweise ein neongelbes Tuch mit den Preisen am Stand, am Fenster, am Korb… befestigt ist oder das Haus einfach direkt grün angestrichen und mit dem Anbieterlogo versehen wurde. Sozusagen an jedem Straßeneck. Dazu wird dem Anbietenden lediglich die eigene Handynummer diktiert und innerhalb kürzester Zeit kann er oder sie per Handy das letzte Kleingeld auf das Guthabenkonto des Kunden übertragen. Auch die aufgebrauchten mobilen Daten lassen sich so bequem am Ende des Monats nach Bedarf auffüllen.
Gebrauch im Alltag
Die Kommunikation per mobilem Endgerät ist so geläufig, dass bei spontanen Straßenbekanntschaften nach der Begrüßung nicht selten direkt nach der Handynummer gefragt wird. Warum solchen Anfragen jedoch mit Bedacht zu folgen ist, möchte ich euch kurz anhand von persönlichen Erfahrungen schildern.
Zu einem späteren Tag noch zu erläuternde, standartisierte Begrüßungfloskeln werden auch digital weitergeführt. Dies bedeutet, dass teilweise mehrfach am Tag per SMS, WhatsApp oder gar Anruf der Gemütszustand des Anderen erfragt, und standartisiert beantwortet wird. Weiter als dieser (in meinen Augen) ganz nette aber aufgrund seiner Häufigkeit als irrelevant ansehbare Dialog, führt die Kommunikation selten. Dies kann bedeuten, dass dich abends um 22.30Uhr im Halbschlaf ein Anruf erreicht, nur um dich zu fragen, ob es dir gut geht und auf dein Erfragen nach dem Grund des Anrufes, lediglich ein „Grüßen“ angeführt werden kann.
Mein mangelndes Verständnis für solche Anrufe und Nachrichten hat mich dabei schon mehrfach mit Vorwürfen belastet. So sind einige Beniner erfahrungsgemäß in diesem Thema recht sensibel: beantwortest du Grußnachrichten nicht innerhalb kurzer Zeit oder nimmst gar, auf Grund von anstehender Arbeit, Anrufe nicht an, wird dies beim nächsten Treffen mit einem beleidigten Vorwurf oder einer Anklage deiner „Nicht-Nettigkeit“ quittiert. Aus diesen Gründen bietet es sich an, möglichst lange eine Herausgabe der Handynummer zu verzögern oder klarzustellen, dass man weder sein Handy dauerhaft am Körper trägt (da mit dem Besitz eines Handys hier eine dauerhafte Erreichbarkeit selbstverständlich zu sein scheint), noch während der Arbeit auf diesem Anrufe entgegennehmen wird.
…Orange essen
Um sich mit der Essenstechnik einer Orange zu befassen ist es notwendig, den Begriff „Orange“ in euren Köpfen etwas neu zu definieren. Nicht zwingend sind Orangen orange. Würde ich einem Kind der Vorschule in Cotonou ein Bild einer orangenen, runden Frucht zeigen, würde es mir wohl nicht glauben, dass dies eine Orange ist. Orangen sind grün. An einigen Stellen maximal gelblich. Natürlich, ungespritzt, nicht überzüchtet gibt es sie alle paar Meter am Straßenrand zu kaufen. Nicht selten wurde dort bereits grob mit einer Rasierklinge die obere Schicht der Schale sowie die obere Kappe der Frucht entfernt, sodass die Orange nun eigentlich auch nicht grün, sondern weiß ist. Die Möglichkeiten, diese zu verspeisen lässt sich in drei Kategorien aufspalten:
a) Die Quetschmethode
Diese methode ist perfekt für unterwegs geeignet. Am besten nutzt man sie nach dem Kauf einer bereits vorgeschälten Orange.
Man führe die Orange an der vorpräparierten, abgeschnittenen Seite zum Mund und lege die Hände um die Orange. Und nun Hände zusammendrücken und Orange quetschen. Die natürliche Saftpresse ist perfekt.
b) Die Schälmethode
Egal ob mit Fingernagel, Messer oder Rasierklinge. Einfach Schale anschneiden. Fruchtfleisch von der Schale trennen und mit aus den Mundwinkeln tropfendem Saft Orange essen.
c) Die Spaltmethode
Aufgrund des Gebrauch eines Messers, ist diese Methode nur bedingt und mit Vorsicht unterwegs anwendbar. Klappbare Taschenmesser nutzt man hier eigentlich nicht in der Öffentlichkeit. Man lege die Orange vor sich ab, halbiere sie und halbiere die Hälften erneut. Man nehme sich einen der entstandenen Schnitze zu Hand, löse mit den Daumen und Zeigefingern von den Beiden Spitzen aus die Schale bis auf ein kleines Stück in der Mitte und schiebe sich den Schnitz in den Mund, während man die Schale entgültig vom Fruchtfleisch trennt.
…Haus bauen
„schaffe, schaffe Häusle baue“ – wie man in meiner Heimat so schön zu artikulieren pflegt- ist meinen Beobachtungen nach, hier klar von der praktizierten Arbeit deutscher Baugeschehen zu differenzieren.
Um diese zu verstehen, möchte ich euch noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass ich in einer Großstadt lebe. Einer Stadt mit über 1 Millionen Einwohnern. Noch dazu der Regierungssitz des Landes. Hier gibt es – wie wohl in jeder Stadt der Welt- reichere und ärmere Gegenden. Architektonisch anspruchsvolle Botschaftsgebäude, Kongresszentren und Villenviertel genauso wie Wellblechhütten.
Finanzierung
Überschüssiges Geld ist in der Haushaltskasse aufzufinden? Dem Bauvorhaben, egal ob Provanbau, Sakralbau oder dem Privathaus steht nichts mehr im Wege.
Diese These sei nun nicht zum Vorurteil zu verallgemeinern, dennoch möchte ich euch eine hier nicht selten angewandte Praxis exemplarisch vorstellen.
Sparen bis zum Umfallen, sich mit hochverzinsten Bausparverträgen herumschlagen oder gar um einen Immobilienkredit bemühen. Nicht nötig. Geld das man hat, wird direkt in das Bauvorhaben gesteckt. Nach sich zieht das viele (vorübergehend) stillgelegte Bauruinen aller Größen und Formen in der ganzen Stadt. Denn weitergebaut wird meist wieder, sobald ein wenig überschüssiges Geld in der Kasse ist. Was bringt das für Vorteile mit sich? Bankkonten haben hier lange nicht alle Menschen. Neben fehlenden Geburtsurkunden und mangelnden Sprachkenntnissen ist ein wichtiger Grund dafür, dass den Menschen ihr Geld nicht sicher genug ist auf der Bank um es dort lange zu sparen. Bevor sie dieses irgendwann nicht mehr von der Bank zurückbekommen, wird direkt investiert.
Sicherheitsvorschriften
Flipflops und Holzgerüste lautet die Devise.
Gekonnt ziehen sich die Arbeiter an den dünnen Stämmen elegant nach oben. Mehrere Stockwerke werden diese an den Hauswänden zu Gerüsten konstruiert. Ein Gerüst aus bei uns üblichem Stahl oder Aluminium habe ich bisher einmal in der Großstadt gesehen.
Würde man Sicherheitsschuhe statt Flipflops vorschreiben, so würden die Füße der Arbeiter bei der Hitze und Luftfeuchtigkeit wohl in kürzester Zeit verschrumpeln, wie nach einem drei stündigen Bad. Außerdem habe ich bisher weder einen Ort gesehen, wo man diese kaufen kann, noch würden die Arbeiter wohl dafür ihr hart verdientes Geld ausgeben wollen
BAU
Ganze Wände werden auf großen Lastwagen angekarrt, vorgefertigte Dachelemente nur noch endmontiert und innerhalb kürzester Zeit ist ein neues Zuhause entstanden, das für Jahre währt. So geht es auf einer modernen Fertighausbaustelle zu.
Aber auch anders kann eine Baustelle funktionieren. Alles, was geht, wird vor Ort produziert. Schon mal gesehen, dass auf einer Baustelle selbst die Mauersteine hergestellt werden? Sie werden einer nach dem anderen vor Ort in vorgefertigte Formen gegossen und auf jedem Fleckchen freien Boden zum Trocknen ausgelegt. Auch Brüstungen und Säulen werden so oft vor Ort hergestellt. Produktionskosten spart das allemal.
…ort in der Stadt finden
Hauptstraße 7a, Schillerstraße 32, Don-Bosco-Straße 1.
„Ort in der Stadt finden,pff. Wo soll da denn das Problem sein? Adresse und Navi und los gehts!“Ja. So einfach ist das. So einfach wäre das. Gäbe es da nicht ein kleine Bedingung. Sie heißt Adresse. Und genau diese kann hier nicht erfüllt werden. In einer Stadt, in der nur die allergrößten Straßen in reichen Gegenden einen Namen tragen.
Auf dem Papier trägt soweit ich weiß jede Straße eine Nummer. Doch diese kennt man wohl nur im Rathaus. Merken könnte sie sich sowieso keiner. Daher hier ein übersetztes Beispiel einer originalen Adresse einer Kirche:
Beim Verlassen der Kreuzung „Geschäft Godomey“ in Richtung Akogbato, hinter der Polizeistation die dritte Straße links und darauf die erste Straße links auf der rechten Straßenseite.
Wie also findet man sich zurecht?
Als Adressen werden Wegbeschreibungen von nahen, bekannten Orten wie großen Kreuzungen, Kirchen, Apotheken oder Geschäften genutzt. Auch bei Werbung, beispielsweise im Fernsehen oder Radio, werden diese beschreibenden Angaben genutzt.
Was zu bemerken sei, ist die Tatsache, dass Hausnummern dafür gar nicht so selten sind. Allerdings haben sie nur sehr selten eine klar erkennbare Reihenfolge (so findet man eine 34 zwischen einer 67 und einer 12) und stellen damit einen eher kläglichen Versuch dar, eine adressale Ordnung in die verwinkelten Viertel Cotonous zu bringen.
…ohrringe stechen lassen
Kaum ein dies lesender Besitzer von Ohrlöchern kann mir erzählen, er habe keine Schmerzen gehabt beim durchstechen der Ohrläppchen. Und dies trotz bei uns genutztem, professionellem Kühlspray und modernder Technik zum Stechen der Ohrlöcher. Ich weiß nicht, ob ich verweichlicht bin oder unsere „Marktmädchen“ der „Baraque SOS“, einer Einrichtung, in der auf dem Markt arbeitende Mädchen ihre Mittagspause verbringen können, einfach sehr hart im nehmen.
Zu Ostern gab es von uns für jedes der Mädchen jedenfalls ein Paar kleine Ohrringe geschenkt. Meine Mitvolontärin Hanna staunte nicht schlecht als einige der Mädchen kurz darauf begannen sich mit diesen spontan einfach weitere Ohrlöcher zu stechen.
Ohne Kühlspray, Ohne Desinfektionsmittel, ohne medizinische Funktion der Ohrringe. Einfach so. Ohrringstecker ans Ohrläppchen halten. Ohrringstecker durchs Ohrläppchen durchstechen.
Ich persönlich bin mir nicht sicher, ob ich froh oder traurig sein soll, bereits zufriedenstellend viele Ohrlöcher in meinen Ohren zu haben. Bei meinen beiden WG-Mitbewohnerinnen Hanna&Johanna sah dies jedenfalls anders aus und so haben auch diese sich unters Messer, oder besser „unter den Ohrring“ getraut. Zwar ohne moderne Technik, auf Eis zum Kühlen und medizinische Ohrringe wurde bei Ihnen jedoch nicht verzichtet.
…Wasser trinken
Ich bin leidenschaftlicher Wenigtrinker und wenn doch, dann Leitungswassertrinker. Man empfiehlt uns hier leider, dieser Leidenschaft nicht nachzugehen. Ich gebe zu, zumindest zu Hause halten wir uns auch meist daran. Zu Hause gibt es einen Stockwerk unter uns einen Wasserhahn mit integriertem Wasserfilter. Wann immer wir tagsüber daran denken, werden also alle verfügbaren Wasserbehälter der WG mobilisiert und zu diesem Wasserhahn geschleppt.
Wenn man in der Stadt unterwegs ist gibt es eine weitere Möglichkeit, wie man an Trinkwasser kommt. Und ich, die, der Meinung meiner Mitbewohnerinnen nach, gemessen an ihrem Wasserkonsum eigentlich schon ausgetrocknet sein müsste, werde damit zur wahren Vieltrinkerin:
0,5 Liter, abgefüllt und dicht verschweißt in Plastikfolie. Die viereckigen, erstaunlich robusten Päckchen sind „überall“ für 25 CFA (knapp 4ct) erhältlich. Mit den Zähnen wird die Folie an einem Eck aufgerissen und direkt geleert. Wenn Wasser trinken Spaß machen kann, dann so.
…Friseur besuchen
Waschen, Schneiden, Föhnen, Färben…
Im Jahr 2017 statteten Frauen in Deutschland durchschnittlich 7,7 mal dem Friseur einen Besuch ab. Durchschnittlich wanderten dabei jedes mal etwa 40€ über die Ladentheke.
Lange Haare brauchen nun einmal Pflege. Auch wenn ich mich dabei 2017 wohl unter das Drittel Deutsche zähle, welches in diesem Jahr einen Friseurbesuch verweigert hat, 2018 hatte ich dann doch wieder Bedarf eines Friseures. Dieses mal jedoch aus einem anderen Grund.
Waschen, Schneiden, Föhnen, Färben…
Gehören eher weniger zu den Aufgaben jenes Friseures. Grund: Von Natur aus formen sich die kurzen, höchstens halblangen, haselnussbraunen bis tiefschwarzen Haare der aus Benin Stammenden zu kleinen, robusten Locken eng an der Kopfhaut und bedürfen aus diesem Grund deutlich weniger Pflege.
Wie kommt es dann, dass dennoch auf den Straßen überall lange, glatte Haare an den Köpfen vieler Beninerinnen zu sehen sind? Dies ist Aufgabe der Friseure. Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit ist der Vertrieb von Kunsthaarfrisuren.
Neben dem kunstvollen Einflechten und Anflechten langer Kunsthaarsträhnen zu feinen Flechtmustern an der Kopfhaut und langen Zöpfchen, die weit über die Schultern der Kundinnen fallen, formen sie aus voluminösen Kunst-
oder Echthaarperücken unter dem Zusatz Strassstein besetzter Spangen pompöse Hochsteckfrisuren für den besonderen Anlass.
Gehe ich also zum Friseur gilt es sich zuvor zu überlegen: mit oder ohne Kunsthaarzusatz, welche Art von Flechten, an der Kopfhaut oder Lose, welche Haarlänge und welche Haarfarbe soll das Ergebnis beinhalten.
Das war’s
11 Tage. 11 Einträge. Es freut mich, dass ihr bis hier hin durchgehalten habt.
Wie ihr seht ist hier viel los. Doch nicht nur in meinem Umfeld, sondern auch bei meiner Arbeit ist viel los, passiert viel, werden viele Erfahrungen gemacht. Wenn ihr mich und meine Arbeit, mein Projekt hier unterstützen möchtet, so möchte ich euch nochmals die Möglichkeit vorstellen, mich finnziell zu unterstützen. Dies lässt sich ganz einfach online, über meine Spenden Seite abwickeln. Ich bekomme immer wieder Updates zu meinem Konto und freue mich über jeden einzelnen Euro!
Und wer armer Student oder Schüler ist oder schon andere tolle Projekte mit Spenden unterstützt, mich jedoch trotzdem unterstützen möchte: Ich freue mich, wenn du dich einfach bei mir meldest! Per sozialen Netzwerken, per Email, per Post. Infos findet ihr auf der Seite „Das bin ich“.
Bis bald. Die Zeit fliegt…
Annika
Schreibe einen Kommentar