Sonnenaufgang vom Dach

Ganz egal wo man sich befindet, irgendwann spielt sich der Alltag ein. Und auch wenn es einem zuerst gar nicht so vorkommen mag, die Strukturen sind ähnlich:                                                                                                                                                                             Aufstehen                                                                                                                                                                           Frühstück                                                                                                                                                                           Arbeiten                                                                                                                                                                               Mittag                                                                                                                                                                                   Pause                                                                                                                                                                            Arbeiten                                                 Tee                                                                                                                                                                                           Arbeiten                                                Abendessen                                                                                                                                                                             Tag ausklingen lassen und Schlafen gehen

Im Groben wird das wohl jedem bekannt vorkommen.                                                                                                     Aber wie schon angedeutet sind es die kleinen Dinge, die den Alltag verändern. Manches davon macht einem die Eingewöhnung schwerer, anderes ist praktisch, witzig oder einfach neu und ungewohnt.

Ungewohnt ist zum Beispiel der Verkehr. Er ist hier sehr chaotisch und eigen, aber das gehört zum typischen Indienbild. Woran ich allerdings nie gedacht habe, obwohl durch die britische Prägung logisch, ist der Linksverkehr. Das lässt mich definitiv öfter aufschrecken als der Verkehr an sich.

bei dem Verkehr sieht ein öffentlicher Bus dann so aus

Ein typischer öffentlicher Bus

Bewegt man sich auf der Straße, egal ob zu Fuß oder in einem der zahlreichen Verkehrsmittel, wird man angestarrt. Einfach nur weil man weiß ist. Hier in Palam, einem äußerer Stadtteil von Neu Delhi, verstehe ich das noch, hierher verirrt sich kaum ein Ausländer. Aber sogar in der Innenstadt, wo es auch Touristen gibt, kann man sich nicht unbemerkt fortbewegen und wird überall angesprochen und angeguckt. Da kommt es auch mal vor, dass zwar weiter gefahren aber nicht mehr nach vorne geschaut, angehalten und gehupt wird oder auch, dass man einfach fotografiert wird.                                                                                                                                                                                       Auch wenn die Inder sehr höflich sind und einem oft helfen wollen, so ist dies doch meist sehr unangenehm.

Worauf man zudem achten sollte, wenn man die eigenen vier Wände verlässt, ist vorher auf die Toilette zu gehen und sich Taschentücher sowie Desinfektionsmittel mitzunehmen. Denn die Inder nutzen kein Toilettenpapier. Im Ashalayam wird für uns beide immer extra welches gekauft.                                                                                                                                                                             Die Toiletten sind meist auch einfach nur Löcher im Boden.

Was auch immer gegenwärtig ist, ist ein „indischer“ Geruch. Wenn ich davon vorher gelesen habe, konnte ich mir nichts darunter vorstellen. Wirklich alles nimmt diesen Geruch an, deshalb nehme ich ihn meist schon gar nicht mehr wahr. Anfangs ist er etwas unangenehm und ich habe versucht herauszufinden, wonach es eigentlich riecht. Aber – und das tut mir wirklich leid – ich kann diese spezielle Mischung trotzdem nicht beschreiben.

Eine weitere Eigenschaft der Inder ist früh ins Bett zu gehen und dafür auch früh wieder aufzustehen. Das heißt zwischen 4 und 5 Uhr morgens…Wir haben uns doch recht schnell an die allgemeine Zeitverschiebung gewöhnt, daran aber noch nicht.                                                                                                                                                                                  Denn so sind die Zeiten auch in unserer Salesianer Kommunität. Uns wird immer gesagt wir sollten früher schlafen gehen, dann wären wir morgens nicht so müde.                                                                                                                                                                                    Bisher bin ich einmal so früh aufgestanden und war tatsächlich sehr wach am Tage. Einschlafen konnte ich aber trotzdem nicht früher und habe dann letztlich nur 3 Stunden geschlafen. Also keine gute Idee vorerst. Sonntags reicht es aus, pünktlich um 7 Uhr bei der Messe zu sein.

Vor dem Betreten von heiligen Orten, wie zum Beispiel der Kapelle oder Kirche, zieht man hier die Schuhe aus. Wenn viele Leute die Messe mitfeiern, sollte man sich also merken, wo man seine Schuhe stehen gelassen hat. Ich frage mich auch jedes Mal, ob ich jemals vorher mit komplett nackten Füßen in der Kirche war…

Definitiv praktisch  sind hier die Drehtische. Dieser besteht aus mehreren Teilen. Außen sitzt man und isst. Dieser Teil mit dem Geschirr ist fest. Der Mittelteil mit dem Essen lässt sich drehen. So kann sich jeder selber das nehmen, was er möchte und so oft wie er möchte ohne die anderen jedes Mal zu fragen, ob irgendwer etwas rüberreichen kann.                                                                                                                                                                           Natürlich gibt es diese Tische nicht überall. Meistens wird einfach auf dem Boden gesessen.                                                                                                                                                                              Da viele in Indien eigentlich mit der Hand essen, ist Besteck eher ungewöhnlich. Die Salesianer nutzen aber meistens welches. Es wird aber anders gedeckt, als in Deutschland. Der Löffel rechts und die Gabel links neben dem Teller, Messer werden im Normalfall nicht benutzt. Das Glas steht links, damit man es besser mit der linken Hand greifen kann, sollte man doch mit den Fingern essen. Das die Ordnung hier anders ist, ist mir allerdings erst aufgefallen, als ich geholfen habe den Tisch zu decken und erstmal alles falsch gemacht habe. 😉

Was unseren Alltag auch direkt verändert ist, ist das Leben aus dem Koffer. Ich habe damit überhaupt kein Problem, aber manchmal fehlt uns Ablagefläche. Da es in unserem Zimmer und im Bad kein Regal oder Schrank gibt, ist unser Schreibtisch die Abstellmöglichkeit für alles. Zum Arbeiten oder am Tage muss dann mein Bett herhalten, weil es die einzige freie Fläche im Raum ist.

Zimmer

In unserem Bad findet sich eine spezielle Dusche. Diese besteht aus zwei Eimern verschiedener Größe. In den größeren wird das Wasser eingefüllt, mit dem kleineren daraus geschöpft.                                                                                                                                                                                So funktioniert dann auch das Duschen bei uns. Inzwischen haben wir unsere Techniken entwickelt, uns einhändig zu duschen und trotzdem sauber zu werden. 😉                                                                                                                     Der große Eimer wird zudem zum Wäsche waschen verwendet.  Hier trainieren wir ein Jahr lang unsere Armmuskeln bei der Handwäsche. Das ist richtig anstrengend.

Eimerdusche

Bei den aufgezählten Veränderungen handelt es sich um Aspekte, die ich vorher nicht bedacht habe oder noch nicht wusste und die mich deshalb etwas verwirren. Natürlich gibt es noch viel mehr, das anders ist, auch größere und offensichtliche Veränderungen. Aber das sind oft Dinge über die ich, zumindest theoretisch, Bescheid wusste und über die ich mir bereits Gedanken gemacht habe. Auch wenn ich mich ebenso daran gewöhnen muss, war ich darauf in gewisser Weise vorbereitet. Dazu gibt es demnächst einen weiteren Blogartikel.

Insgesamt sind wir vor allem am Anfang sehr abhängig von den Leuten im Projekt. So erkunden wir erst langsam die Gegend und müssen uns die indischen Gepflogenheiten näher bringen lassen. Schließlich wollen wir so wenig wie möglich falsch machen.                                                                                                                                                       Auf der anderen Seite merke ich, wie wir immer selbstständiger werden. Wir suchen uns unsere Aufgaben und haben es selber in der Hand unsere Ideen umzusetzen. Wir übernehmen Verantwortung für die Jungs, aber auch für uns selbst. So müssen wir unsere Wäsche selber waschen, unser Zimmer und Bad regelmäßig putzen – ohne dass die Eltern einen dauernd daran erinnern.

Namaste und bis bald!

Sonnenuntergang vom Dach