In meinem letzten Blogeintrag habe ich meinen Tagesablauf beschrieben, diesen aber nicht weiter erläutert. Das möchte ich jetzt nachholen und etwas über meine Arbeit hier schreiben.

 

In unserer Tagesgestaltung sind wir sowohl zeitlich als auch inhaltlich recht frei. Wir haben keine konkreten Arbeitszeiten und auch keinen freien Tag in der Woche. Das klingt erst einmal stressig, ist aber genau das Gegenteil. Da wir selbstständig entscheiden können, nehmen wir uns unsere freie Zeit, wenn wir sie brauchen. Mal abgesehen davon, dass ich gerne bei den Jungs bin und gar nicht wüsste, was ich sonst machen sollte.

Auch unsere Aufgaben suchen wir uns selber. Wir gucken, wo wir gerade gebraucht werden. Eigentlich ist man nie allein, da immer einer der Jungs ankommt und etwas mit dir machen will. Da es hier so offen ist, können wir auch unsere eigenen Ideen für den Alltag sowie für größere und kleinere Projekte einbringen und umsetzten.

Vormittags, etwa von 9 – 12 Uhr, unterrichten wir die Jungen, die nicht zur Schule gehen. In den letzten Wochen haben wir einen guten Überblick bekommen, wie gut wer in Mathe, Englisch und auch Geographie ist. In der letzten Woche haben wir die Jungs dann nach Wissensstand und Alter in zwei Gruppen eingeteilt. So ist es etwas geordneter und wir können auch mal Aufgaben und Übungen für alle gemeinsam an der Tafel bearbeiten.

Außerdem hat jeder sein eigenes Heft bekommen. Vorher hat jeder das Heft genutzt, welches er gerade gefunden hat. Nun sind diese für jeden beschriftet und wir sammeln sie auch immer wieder ein. So verschwinden die Hefte nicht spurlos und wir können manchmal vorher individuelle Aufgaben reinschreiben. Die Jungs kommen jetzt immer sofort an und wollen ihr Heft und einen Stift haben. Es ist wirklich schön zu sehen, dass sie stolz auf ihre neuen Hefte sind. Sie sind sogar motiviert nachmittags und abends zu lernen, während dieser Lernzeiten haben sie vorher eher gespielt oder sich ausgeruht.

Die Konzentration morgens hält immer ziemlich genau bis 10:30, manchmal auch bis 11 Uhr. Aber danach wird getobt oder sie gehen einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen nach, dem Malen. Oft werden wir gebeten etwas vor zu malen oder zu schreiben, was sie dann bunt ausmalen können.

 

Ein weiteres neues Spiel, das sie lieben, ist Memory. Johanna und ich haben uns überlegt, wie wir in den ersten Jahren gelernt haben und haben festgestellt, dass es oft spielerisch war. Daher haben wir ein Memoryspiel aus einem Karton gebastelt. Eine erste Erweiterung gibt es auch schon. Es gibt Karten mit Bildern, den englischen Begriffen und den Wörtern auf Hindi. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich individuell variieren, leichter oder schwerer, je nach Wissensstand der Jungen.

Praktischerweise lernen wir dabei auch die Wörter auf Hindi, so dass wir jetzt schon ein paar allgemeine Vokabeln und viele Früchtenamen kennen.

In unserer Gruppe sind die Jungen momentan zwischen 5 und 15 Jahren.

Beim Englischunterricht geht es vor allem darum, Vokabeln zu lernen und Grundlegendes, wie das Alphabet sowie Schreiben und Lesen lernen.

In Mathe probieren wir, ihnen ein Grundverständnis von Zahlen und deren Zusammenhängen beizubringen. Das fehlt den meisten. Die Aufgaben sind sehr verschieden, das beginnt beim Zählen, einfachen Aufgaben der Addition bis zu ersten Anfängen der Subtraktion und sogar Multiplikation.

Den Älteren zeichne ich auch manchmal die Weltkarte auf und lerne mit ihnen, welche Kontinente es gibt und wo Indien und Deutschland liegen. Oft wissen sie, dass Indien in Asien liegt. Auf der Karte wird dann aber meistens Afrika für Indien gehalten.

 

Im Ashalayam kommen auch immer wieder neue Kinder an. Der Wissensstand ist sehr unterschiedlich. Manchmal sind Jungen dabei, die in der Schule waren und daher recht gut sind. Andere hingegen haben noch nie einen Stift in der Hand gehabt. Mit einem jüngeren Jungen lerne ich daher gerade die Stiftführung und das Zählen bis fünf. Er ist einer der Jungen, die kein Hindi sprechen, sondern eine der vielen anderen indischen Sprachen. 😉  Deshalb lerne ich mit ihm auf Englisch.

Nachmittags und während der Holidays (Ferien, manchmal nur ein Tag, die Regelmäßigkeit haben wir noch nicht erkannt 😉 ) sind in der großen Halle unten auch noch die Grundschüler. Mit ihnen lerne ich fast das Gleiche, wie mit den anderen Jungs, die nicht zur Schule gehen.

Abends gebe ich seit neuestem einem Schüler der 8. Klasse Nachhilfe in Mathe.

Wenn keine Study-Time ist, dann spielen wir mit den Jungs. Beliebt sind Basketball und Fußball. Beim Cricket schaue ich nur zu. 😉 Den Jüngeren habe ich letztens ein typisches Spiel aus meiner Kindheit beigebracht: „Fischer, Fischer wie tief ist das Wasser?“. Sie spielen es zwar auf ihre eigene Weise, aber es geht ja darum, Spaß zu haben. 😀

Namaste und bis bald!