Inzwischen habe ich seit mehr als einem Monat nicht mehr in meinem eigenen Bett geschlafen und meine Ausreise nach Uganda ist in gerade einmal zehn Tagen. (Ich schrieb diesen Blogeintrag hauptsächlich am 26.8) Deshalb war ich anfänglich nicht davon begeistert meine Rückkehr nach Hause um weitere zwei Wochen nach hinten zu verschieben. Einen halben Monat zuvor hatten mein Freund und ich mit unseren Interrail Tickets noch Venedig, Paris und Brüssel besucht. Und anschließend verbrachte ich einige Tage mit meiner Familie an der Nordsee.
In Köln angekommen begann mein Praktikum im Don Bosco Club in Mühlheim. Dort lebte ich zusammen mit den Salesianern vor Ort, die immer mit einem Spruch wie: „Gott wollte nicht das wir Wasser trinken, sonst hätte er die Mehrheit nicht versalzen!“ auf den Lippen, stets darauf zu achten wussten, dass ich wohlgenährt zur siebenstündigen Arbeit mit den Kindern aufbrach. Bei dem köstlichen Essen und dem vielen Sport habe ich bestimmt einige Kilo zugelegt. Leider ist dies eine reine Hypothese, da ich keine „Messwerte“ erhoben habe.
Einer der Salesianer machte sogar das Angebot mir am Wochenende Köln zu zeigen, welches ich dankend annahm. So erlebte ich unter anderem den Dom und konnte einen wunderschönen Blick über Köln von einem nahe am Dom gelegenen Hochhaus genießen.
Erfahrungen
Jetzt in der Reflexion, mit Hilfe dieses Blogbeitrags, ist für mich offenkundig, dass dieses Praktikum vermutlich die wichtigste pädagogische Vorbereitung für mein Auslandsjahr war. Allerdings arbeitete ich im Don Bosco Club fast ausschließlich mit Kindern unter 10 Jahren. Ich vermute, die Arbeit mit Jugendlichen wird sich davon deutlich unterscheiden. Gerade in der Anfangszeit meines Praktikums waren wenige Kinder im Club, so dass ich mich weniger um Ordnung bemühen musste, wodurch viel Zeit für jedes einzelne Kind blieb. Gerne hätte ich auch einmal Chaos erlebt, um in Uganda besser damit zurecht zu kommen.
Bei den meisten Kindern zeigte mein Ansatz, mit Argumenten zu überzeugen, kaum Ergebnisse. Dadurch lernte ich jedoch wie wichtig ein konsequenter Umgang mit ihnen ist. Meine ehrliche Art und das Mitbringen von viel Zeit und Geduld machte mich bei vielen Kindern zu einem gefragten Mitspieler. Nur die Spielevarietät bereitete mir schnell Kopfzerbrechen, denn bis auf Fußball, Basketball und UNO schienen die Kinder an keinem Spiel langfristig interessiert.
Es gab auch schwierige Erfahrungen. Ich musste zum Beispiel erleben, wie viele Kinder kaum Deutsch sprechen. Und dabei meine ich nicht einmal die vielen Kinder, die mit anderen Muttersprachen aufgewachsen sind, sondern den allgemein extrem kleinen Wortschatz der meisten Kinder. Obwohl ich viele Kinder als sehr intelligent einschätze, geht durch ihre geringen sprachlichen Ausdrucksfähigkeiten eine Menge Potenzial verloren.
Der Junge
Einen großen „Bildungserfolg“ konnte ich jedoch auf dem Gebiet der Selbständigkeit erzielen, indem ich vielen Kindern zeigte, wie sie sich selbst ihre Schuhe binden konnten. Noch in meiner ersten Woche kam ein sehr netter Junge mit offenen Schuhen zu mir, mit dem ich bereits vorher Basketball gespielt hatte. Er fragte mich schüchtern, ob ich ihm helfen könne den Knoten zu lösen, den er beim Versuch geschaffen hatte die Doppelschleife seiner Mutter zu lösen. Obwohl er anfänglich zögerte, erklärte er sich schnell bereit, sich von mir zeigen zu lassen, wie er sich selbst die Schnürsenkel binden könne. Nach lediglich 15 Minuten hatte er es bereits verstanden. Dies erstaunte mich zutiefst, da nur wenige Tage zuvor ein anderer Junge fast eine Stunde gebraucht hatte, um nach unzähligen Erklärungen zu begreifen, dass es besser ist die erste Schleife unten am Knoten zu machen und nicht am Ende des Senkels.
Doch das weitere Gespräch mit dem ersten Jungen bekümmerte mich, als ich erfuhr, dass er die zweite Klasse wiederholen müsse, da er nicht multiplizieren könne. Auf die Frage nach seinem Lieblingsfach erwiderte er, nach einer Begriffserklärung, sogar mit Mathematik. Leider wollte er von mir während der Ferien keine Hilfe bei diesem Thema. Durch diese Begegnung lernte ich, wie wichtig ausreichend gemeinsame Gesprächszeit für die Kinder ist und wieviel sie bewirken kann.
Resümee
Mir scheint, dass zu viele Eltern zu wenig mit ihren Kindern im Kleinkindalter sprechen, so dass die Sprachentwicklung leidet. Und auch mit fortschreitendem Alter bleiben anregende Gespräche für die Kinder unabdingbar. Dem oben erwähnten Jungen gab ich den Tip immer nachzufragen, sollte er ein bestimmtes Wort nicht verstehen. Denn es schien mir ein Hauptproblem bei ihm zu sein, dass er sich vermutlich selten traute zuzugeben, wenn er ein Wort nicht kannte. Erst die anschließende Unsicherheit bei einer Antwort verriet ihn.
Ich bin für alles dankbar, was ich in meinem Praktikum lernen durfte. Insbesondere die anderen Betreuer und Salesianer waren immer super nett und hilfsbereit. Ich bin überzeugt davon, dass diese Erfahrungen für mich in Uganda sehr hilfreich sein werden.
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