Rike und Ruanda

Ein Listen- und Termintaktermensch in einer buhoro buhoro-Welt

Ein Tag in Rango

Es ist Dienstag, der 1.Oktober 2019, 5:40 Uhr. Mein Wecker klingelt. Ein neuer Tag in Rango startet! Wie dieser Tag so für mich aussehen wird? Wir werden es zusammen erleben, begleitet mich für einen Tag durch mein Leben als Volunteer! : )

Für die etwas unmotivierten Leser unter euch gibt es hier eine Zusammenfassung! 😉


-Vom Meditieren bis zum Frühstück-

Der Wecker klingelt und ich schiebe meine Hand unter dem Mosquitonetz hervor, um den Snoozebutton zu drücken. Um 5:50 Uhr muss ich dann aber wirklich aufstehen…ich wusle mich aus meinem Bett und dem Mosquitonetz, das in der Nacht wie ein Himmelbett auf dem Holzgestell um mein Bett herum liegt. Ich tapse zum Fenster, um die Vorhänge und das Fenster auf zu machen: kalte Luft und eine motivierend orange strahlende Sonne begrüßen mich. Die Sonne scheint hier so viel intensiver als in Deutschland. Und vor der beeindruckenden Kulisse von unendlich vielen Hügeln, die in der Ferne im Nebel verschwinden, ist der Blick aus dem Fenster wunderschön. Auf dem Flur habe ich schon die Brüder und unsere beiden Aspiranten gehört, die sich um Viertel vor 6 auf den Weg zur Morgenmeditation in die Kapelle begeben haben. Emma und Ich haben glaub ich ein ganz gutes Mittelding gefunden. Wir stoßen dann nämlich so um 6:00 Uhr dazu. Ich ziehe mich schnell an, krame meinen kuscheligen Pulli raus und treffe Emma auf der anderen Seite des Flures am Klo. Nachdem auch das erledigt ist, treten wir den 30 Sekunden Weg von unseren Räumen zur Kapelle an, in der die Brüder schon fröhlich vor sich hin meditieren. In der Kapelle treffen wir morgens nie alle Brüder, viele sind schon ab 5:30 Uhr auf den Beinen, um zu Messen in der Umgebung zu fahren, die von ihnen zelebriert werden. Deshalb kann es auch manchmal sein, dass keiner der Salesianer Zeit für die Morgenmeditation und die anschließende Messe hat. An solchen Tagen machen Emma und Ich uns dann auf zur Rango Church die Straße runter, um dort die tägliche Morgenmesse auf Kinyarwanda zu feiern. Da ist auch immer mega spannend und manchmal sogar verlockender, als die Morgenmesse in der Kapelle, aber naja, ist beides in Ordnung ; )

Wir setzten uns zu den Anderen in die Bankreihen der Kapelle und legen schonmal unser Lesezeichen an die richtigen Stellen für die Messe gleich. Danach kann man seinen Gedanken freien Lauf lassen während die Morgensonne durchs Kirchenfenster funkelt. Die Morgenmesse beginnt dann um 6:15 Uhr. Mit einem kleinen Gebet für den Tag werden alle wieder aus ihren Gedankenwelten in die Kapelle geholt und die Messe beginnt. Mit noch kratzigem Hals stimmen wir die ersten französischen Lieder für den Einzug an, die wir langsam auswendig können und so macht uns die Messe dann nach und nach wach. Heute ist der Tag der heiligen Theresia- das bedeutet viel Hin- und Hergeblättere, da es für manche Heilige extra Psalmen und Antwortgesänge gibt, die dann aber natürlich in einem total anderen Teil des Gebetsbuches stehen. In der Predigt benutzt Gaspard eine lustige Formulierung, die ich mir direkt auf mein dafür vorgesehenes Zettelchen zwischen meinen Gebetsbüchern schreibe: Le Segnieur-l’autre Papa (Der Herr- der andere/zweite Vater). Ein schöner Gedanke für einen motivierenden Start in den Tag!

Nach der Messe, die heute um kurz nach 7 endet, stellen Olivier- einer der Aspiranten- und Ich uns dem Schlüsselwirrwarr. Wie ihr wisst, gibt es hier auf dem Salesianergelände ein Ausbildungszentrum. Dazu gehören Klassenräume, Ausbildungsateliers und Abstellräume für Werkzeug und angefertigte Produkte auf dem Gelände. Einige dieser Räumlichkeiten müssen Morgens vor dem Unterricht aufgeschlossen werden. Für Emma, die beiden Aspiranten und Mich haben wir einen Plan gemacht, wer wann für die Schlüssel verantwortlich ist. Zuerst geht’s in die Küche, wo wir unsere super nette Köchin Maria mit einem freudigen „Mwaramutse!“ (Guten Morgen!) begrüßen. Sie bereitet schon den Tee und Kaffee fürs Frühstück vor. An den lecker duftenden Töpfen und Tassen müssen wir aber leider noch vorbei in den anliegenden Raum gehen: ein kleines Räumchen mit einem großen Holzkasten, in dem sich alle möglichen Schlüssel befinden. Ich hab’s aufgegeben, in der Anordnung der Schlüssel irgendeine Ordnung zu sehen. Und auch das Sortieren der Schlüssel bringt hier für ca 2 Stunden was, dann ist schon wieder alles durcheinander. Mittlerweile nicht mehr so persönlich angegriffen von dieser Unordnung (mein perfektionistisches Denken hat einiges darunter gelitten, aber nun ist’s akzeptiert), suchen Olivier und Ich die nötigen Schlüssel raus, machen einen kurzen Abstecher zum Sekretariat der Schule, um dieses schonmal auf zu schließen und uns dort einen weiteren Schlüssel ab zu holen.

Auf dem Weg zu den Schulgebäuden treffen wir schon auf einige Schüler, die wir mit Handschlägen und kurzen Gesprächen begrüßen. Kurz vorm Schulgebäude kommt uns lächelnd Jean-Pierre in seinem blauen Overall mit den Ziegen der Kommunität entgegen, die er gerade auf ein anderes Stück Rasen treibt, damit sie dort grasen können. Wir begrüßen auch ihn und wünschen noch einen schönen Tag. Nachdem wir alle Klassenräume und auch das Lehrerzimmer aufgeschlossen haben, gesellen wir uns zu den Schülern, die sich schon am hinteren Ende des Schulgebäudes versammelt haben. Dort kann man um diese Zeit die warme Morgensonne im Rücken genießen, während man auf das Ankommen der anderen Schüler wartet, die dann auch noch alle begrüßt werden. Von hier hat man auch einen wundervollen Blick ins Tal. Mit der Sonne, die aus den Wolken bricht, den Hügeln und dem ganzen Grün sieht das sehr idyllisch aus! Mit den letzten Schülern trudeln auch Emma und Lin ein, die sich zu uns gesellen.

What a view!

Mehr oder weniger pünktlich wird dann um 7:35 Uhr zum „Mot du Matin“ gerufen. Dafür versammeln sich alle Schüler auf dem Platz zwischen den beiden Schulgebäuden. Emma und Ich, die Aspiranten und Lehrer stellen sich etwas versetzt dahinter. Dabei begrüßen wir noch die gerade eingetroffenen Lehrer und geben die Klassenzimmerschlüssel weiter.

Momentan sind es nur ca 75 Schüler, die hier ausgebildet werden und sich gerade in Reihen vor einem kleinen Hocker zum Morgenwort versammeln. Im nächsten Schuljahr sollen es aber mehr werden. Auf den Hocker steigt nun Père Gaspard, er ist heute mit dem Morgenimpuls dran, begrüßt die Schüler offiziell und fängt an, seine kleine Rede zu halten. Hierbei können die Brüder über alles Mögliche reden. Manchmal werden organisatorische Sachen geklärt, Projekte oder Gäste vorgestellt. Am Ende jedes Mot du Matins wird das Vater Unser auf Kinyarwanda gebetet. Dank unserem Unterricht verstehen wir jetzt schon, was die Schüler da vor sich hin flüstern. Nur leider tun sie das in einem so schnellen Tempo, dass wir da echt nicht mitkommen…

Nach dem Mot du Matin geht es für uns gegen 8:00 Uhr endlich zum Frühstück mit allen Salesianern, die gerade keiner Arbeit/Messe nachgehen müssen. Auf dem Weg dorthin fängt mich noch der Ausbilder der Schweißer ab; ich bin irgendwie direkt in unserer ersten Woche hier Schweißerwerkzeugsraumschlüsselbeauftragte geworden und da dort viele kostbare Werkzeuge gelagert werden, darf der Schlüssel auch nicht irgendwo hängen, sondern soll immer bei einer Person sein. Mit diesem besagten Schlüssel schließe ich ihm den Raum auf, gemeinsam tragen wir einige Generatoren und Metallsägen raus und ich kann mich nun auf den Weg zum Salon begeben.

Dort wartet die fröhliche Tischdecke, das übliche- sehr leicht zerfallende- Weißbrot, Honig, Marmelade und Schwarztee auf mich! Es ist erstaunlich, wie schnell sich der Körper an Sachen gewöhnen kann: in Deutschland habe ich Schwarztee nie angerührt und auch die Aromen anderer Teesorten wurden von mir immer mit mindestens 2 Löffeln Zucker unterdrückt. Aber hier trinke ich den Schwarztee nun schon pur! Und er schmeckt!

Bonjour!

-Kinya und l’Assistance-

Nach dem Frühstück bringen wir schnell unser Geschirr in die Küche, machen unsere Betten und packen unsere Sachen für den Sprachkurs. Der Kinyarwandaunterricht, den wir von einem ehemaligen Novizen bekommen, der nun jedoch eine eigene Familie hat, findet Montags bis Freitags von 8:30 Uhr bis 10:30 Uhr in einem der momentan nicht benutzten Klassenräume der TVET School statt. Heute wiederholen wir viele Sachen aus den vergangenen Stunden, lernen verschiedenen Verbzusätze kennen und bekommen einen Überblick über die Gebete und Floskeln einer Messe auf Kinyarwanda. Am Ende gibt es immer noch Zeit für uns, neue Themen an zu schneiden, deren Wichtigkeit uns zum Beispiel im Alltag klar geworden ist. Durch die dadurch in Gang gesetzte Diskussion darüber, wie man am besten mit einem Motofahrer über den Preis verhandelt, verlieren wir eine bisschen die Zeit aus dem Blick. So verlassen wie den Klassenraum um 10:50 Uhr und haben ab dort Zeit für uns.

Hier an der Tafel unsere Aufgaben(Imyitozo) zum Wiederholen des Gelernten

Diese Zeit nutzen Emma und Ich um zu lesen, ein bisschen zu entspannen oder an unserem Blog zu schreiben. In der Zeit kann man aber auch super Sachen erledigen, wie auf den Markt gehen, Wäsche waschen, Sachen fürs Oratorium vorbereiten etc. Heute startet wir einen kleinen Spaziergang nach Tumba. Dort angekommen, laden wir unsere Mobilen Daten auf. Das kann man hier wirklich an jeder Ecke machen. Überall stehen kleine Buden oder einfach nur ein kleiner Tisch mit einem Sonnenschirm des entsprechenden Netzanbieter, an dem man dann die Aufladecodes für neue mobile Daten bekommt.

Von unserem Ausflug wieder zurück, werden wir in Rango mit einem Regenschauer begrüßt. Es ist 12:30 Uhr und ich werfe mir in meinem Zimmer schnell meine Regenjacke über. Während Emma in dem Regen nur den kurzen Weg runter zum Salon antreten muss, um dort mit den anderen Brüdern zu Mittag zu essen, habe ich heute noch eine andere Aufgabe: Donner l’assistance. Damit wechseln wir uns auch täglich ab und dafür muss ich jetzt erstmal auf die andere Seite des Geländes zum Essenssaal der Schüler. Für die Jugendlichen da sein, Zeit haben, sich um sie kümmern, das war eine der wichtigsten Aufgaben für Don Bosco. Und so ist es auch heute noch bei den Salesianern. Ich helfe mit bei der Essensausgabe für die Schüler, schaue, dass alle was zu Trinken haben und nach dem Tischgebet setzten Olivier, der auch wieder am Start ist, und ich uns zu unterschiedlichen Schülern, um mit ihnen ein bisschen zu quatschen. Das fällt bei mir auf Grund meiner noch recht kleinen Kinyarwandakenntnisse sehr spärlich aus, macht aber trotzdem Spaß. Einige von den Schüler können auch etwas Englisch, so fällt einem das Unterhalten dann doch nicht so schwer.

Nachdem die Schüler gegessen haben und alles aufgeräumt ist, gehe ich zusammen mit Olivier zum Salon, um dort um 13:10 Uhr unser verspätetes Mittagessen einzunehmen. Die Salesianer essen recht langsam, deshalb erwischen wir auch heute wieder welche, die noch essen und gesellen uns dazu. Hier besteht das Essen eigentlich immer aus den gleichen Zutaten, die einfach etwas variiert und unterschiedlich kombiniert werden. Heute kann ich beim Essenswagen neben dem Tisch Reis, Bohnen, Fleisch, Soße, gekochtes Gemüse und Maniokpate wählen. Maniokpate ist ein etwas klebriger Brei aus Maniokpulver, den man zusammen mit dem gekochten Gemüse isst. Beim Mittagessen unterhalte ich mich mit den Brüdern ein bisschen über den Tag und räume nach dem Essen meine Sachen in die Küche, wo ich dann Maria und Olivier beim Abwasch helfe. So viel ist jetzt gar nicht mehr viel zu tun, da Emma und Lin schon das Meiste gewaschen haben, nachdem sie mit Essen fertig waren.

Um 13:45 Uhr bin ich wieder auf meinem Zimmer, das ich in einem kleinen Putzwahn erstmal fege. Durch das Mittagessen bin ich etwas schläfrig geworden und lege mich aufs Bett, um noch etwas zu lesen und an meinem nächsten Blogeintrag weiter zu schreiben, soweit es die Internetverbindung meines Laptops zum Router, der sich im anderen Haus der Kommunität befindet, zulässt. Diese Zeit nutzen Emma und Ich meistens auch um Organisatorisches zu besprechen, einfach so zu quatschen oder irgendwelche komischen Gedankenexperimente anzustellen. Ich habe auch schon einige Listen erstellt, an denen ich heute weiter arbeite: was macht mir hier Freude und motiviert mich? Welche Aktionen für die Kinder möchte ich hier starten? Welche Spiele kann man spielen, wenn’s regnet und wir während des Oratoriums in den grande salle flüchten müssen?

-Oratoriumstime!-

So zwischen 14:30 Uhr und 15:30 Uhr kommen immer die ersten Kinder zum Oratorium. Wegen des Regens heute Mittag– eine kleine Ankündigung der bevorstehenden Regenzeit von Mitte September/Oktober bis Mitte Dezember- machen wir uns erst um ca 15:20 Uhr auf den Weg nach draußen und es ist echt noch nicht viel los: nur drei Jungs, die alle nach unterschiedlichen Bällen fragen. 

Wir machen uns also auf die Suche nach Jean-Pierre, der den Schlüssel für den Raum mit den Bällen hat, und besuchen danach noch Maria in der Küche, die schon die Vorspeisensuppe für heute Abend kocht. In der Küche holen wir uns einen der großen Wasserkanister ab, um ihn draußen am Wasserhahn aufzufüllen. Der Wasserhahn am grande salle- und somit für alle während des Oratoriums zugänglich- wurde abgestellt, da zu verschwenderisch mit dem Wasser umgegangen wird. Deshalb bringen wir nun den vollen Wasserkanister mit einem Becher, den Bällen und einigen Springseilen aus unserem Zimmer hoch zu den Sportplätzen. 

Jetzt kann’s los gehen- wie sind bereit! 🙂

Solange die einzelnen Kinder noch niemanden zum Spielen haben, spielen Emma und Ich mit ihnen Volleyball und Basketball. Langsam freunde ich mich wirklich mit dem Basketball an und es macht Spaß mit den Kindern von einem zum anderen Korb zu laufen und verschiedene Wurftaktiken auszuprobieren. Nun kommen einige Kinder dazu und ich lasse sie alleine weiter spielen. Auf dem Volleyballfeld haben sich nun schon einige Studenten der Uni in Butare versammelt- wenn man da mitspielen möchte muss man wirklich was können (bei mir NICHT der Fall).

Um 15:45 Uhr bekomme ich den schon erwarteten Anruf vom Schweißer, der seine Geräte wieder in den Raum stellen möchte. Ich bin vor ihm am Raum und sehe ihn schon in der Ferne mit seinem wehenden weißen Kittel auf mich zu laufen (ein Argument für meine These, dass jede Schule mindestens einen Lehrer hat, der im Laborkittel rumläuft), im Schlepptau seine Schüler mit den Werkzeugen. Bei mir angekommen erklärt er mir erstmal im gebrochenen Französisch mit welchen Floskeln auf Kinyarwanda er mich da während er bei mir angekommen ist, begrüßt hat. So lernt man auch dazu! ; )

Nachdem die Geräte verstaut sind und ich wieder bei den Sportplätze angekommen bin, entdecke ich Emma beim Fußballspielen mit ein paar Jungs. Der Basketball- und der Volleyballplatz sind mittlerweile auch schon gut besetzt und auf der Mauer neben dem Platz sitzen einige Kinder und Studenten. Ich hole Kreide aus meinem Zimmer und fange an, das Hüpfekästchen, das ich schon gestern aufgezeichnet hatte, nach dem Regenschauern noch einmal neu zu malen. Ich habe eine freie Stelle an Beton gefunden, auf dem keine Erde rumliegt und der auch nicht vom Volleyball- oder Basketballfeld genutzt wird. Zwar ist es eine abschüssige Fläche, aber hier in Ruanda ist gefühlt alles abschüssig…Kaum bin ich fertig und habe ein paar passende Steine zusammen gesucht, kommen auch schon die ersten interessierten Kinder und ich versuche ihnen das Spiel zu erklären. Schon gestern hat das mit dem Erklären erstaunlich gut geklappt (oder mit dem Kapieren auf Seiten der Kinder, kann man so oder so sehen…).

Der restliche Nachmittag verläuft dann wie im Flug. Immer gibt es irgendwo Kinder, die etwas von einem wollen, ein spannendes Volleyballspiel, das man sich dann mit den Anderen anguckt oder ein interessantes Gespräch mit Emma (auf deutsch) oder einem der Studenten(auf englisch). Ich spiele einige Runden mit Hüpfekästchen, spiele mit einigen Jungs Basketball und muss einige Male in Emmas Zimmer. Dort haben wir unseren kleinen Medizinerschrank: Pflaster, Kompressen, Desinfektionsmittel, Bepanthen….alles Sachen, die sich dank der vorherigen Freiwilligen angesammelt haben, wir mitgebracht haben oder in den vergangenen Jahren für die Kinder gekauft wurden. Auf jeden Fall alles sehr nützliche Sachen zum Verarzten der Wunden, mit denen die Kinder zu uns kommen.

Emma und Ich merken, dass einige Kinder nicht wissen, was sie gerade mit sich selbst anfangen sollen, also holen wir das große Springseil raus und starten gut 30 Minuten Bespaßungsprogramm mit Springseil. Mal springen wir, mal die Kinder, mal schwingen wir das Seil schneller, mal versuchen gleich 5 Kinder auf einmal zu springen etc.

Um ca 17:00 Uhr schauen dann einige Schulkinder, der Grundschule, die direkt bei uns in der Nähe liegt, vorbei, sagen uns Hallo, unterhalten sich mit uns oder spielen „guma guma“ mit uns. Keine Ahnung, ob das wirklich so heißt, aber das sagen viele Kinder während des Spielens. Das ist ein Spiel, bei dem man erraten muss, in welcher Hand der Mitspieler einen kleinen Stein versteckt hat. Ein lustiges kleines Spiel, für das man nur ein paar Steinchen und ein aufgezeichnetes Feld braucht, auf dem man die Punkte festhalten kann. Während des Spielens winke ich Père Leon zu, der sich auf eine kleine Mauer am Fußballplatz gesetzt hat. Dort sitz er eigentlich jeden Nachmittag für ne gute Dreiviertelstunde und schaut einfach dem Treiben zu oder unterhält sich mit den Kindern.

Einige Eindrücke aus dem Oratorium:

-Mot du Soir und Zimmertime-

So vergeht die Zeit im Oratorium dann doch recht schnell und schon ist es 17:45 Uhr! Emma und Ich schließen das große Tor, das einen der Zugänge zum Gelände markiert, damit einige Kinder nicht schon vor dem offiziellen Abschluss abhauen. Natürlich darf hier jeder kommen und gehen wann er möchte, doch das Mot du Soir (Abendwort), auf das wir so schon mal aufmerksam machen, soll eine Regelmäßigkeit im Leben der Kinder und auch der Studenten bilden und ihnen beim Runterkommen und Besinnen helfen. Wir fangen an, den Kinder Bescheid zu geben, dass es gleich Zeit ist, und sammeln die Bälle und andere Materialien ein, die wir ausgegeben haben. Dann versammeln sich langsam alle auf der Mauer neben dem Spielfeld. Mal wieder können sich die Volleyballspieler nicht von ihrem Match losreißen und wir lassen sie den Ballwechsel noch zu Ende spielen.

Père Jean-Pierre kommt pünktlich zum Abendimpuls raus und begrüßt alle herzlich. Das Mot du Soir ist einer meiner Lieblingsmomente am Tag. Nicht, weil das heißt, dass meine Arbeit gleich vorbei ist, sondern weil es in diesem Moment immer atemberaubend still und idyllisch ist. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell eine Horde spielender und lärmmachender Kinder und Studenten inklusive herumhüpfenden Bällen und Seilen so schnell ruhig werden kann. Man hört in diesem Moment wirklich nur noch die Stimme von Jean-Pierre. Und die Natur stellt die richtige Kulisse: der Nebel schleicht sich langsam zurück zwischen die Berge, es dämmert schon und die vereinzelten dunkelblauen Wolken am Himmel werden von der untergehenden Sonne in oranges Licht getaucht. Viel später können wir das Oratorium auch gar nicht enden lassen. Zwischen 18:00 Uhr und 19:00 Uhr wird es in Ruanda nämlich dunkel.

Am Ende des Mot du Soirs stehen alle zum Gebet auf. Je nach Salesianer, der das Abendwort gibt kann das länger oder kürzer ausfallen. Heute gibt’s die ganze Palette: Vater Unser, Gegrüßet Seist du Maria und ein zusätzliches kleines Gebet. Um 18:00 Uhr machen sich die Kinder und Studenten auf den Heimweg und wir räumen alle Sachen weg: Bälle in den Raum, Springseile ins Zimmer und den Wasserkanister wieder wegbringen.

Olivier und Ich sind nun bereit zum Wegräumen vom ganzen Kram

Ich sitze schon in meinem Zimmer und möchte gerade anfangen, Ukulele zu üben, da klopft es und Emma kommt zu meiner Überraschung mit 2 Scheiben Brot rein. Da ist man doch direkt ,motivierter Ukulele zu lernen, wenn man davor noch was essen konnte! : ) Bis zum Abendessen ist es nämlich noch eine Weile. Die Zeit bis dahin nutze ich zum Ukulelespielen und Whats App checken. Wenn das Internet es mir erlaubt, schaue ich auch noch auf anderen sozialen Netzwerken vorbei, bevor es dann in einen Pulli gepackt um 18:45 Uhr zur Abendandacht in die Kapelle geht. Ich merke aber immer mehr, dass mich viele der Dinge in den sozialen Netzwerken gar nicht mehr so ansprechen…dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

-Die Abendroutine in der Kommunität-

Die Abendandacht mit ihren gesungenen Psalmen und ruhigen Momenten genieße ich richtig und nutze sie zum Entspannen und zur Ruhe kommen. Nach der Abendandacht gibt es für uns das zweite Mot du Soir des Tages, das jeden Abend von einem Bruder für die Kommunität gehalten wird. Das wird entweder als Impuls oder Mitteilung genutzt.

Heute wird von einem Besuch einer Abordnung des Bildungsministeriums in der TVET School berichtet, bevor wir dann gegen 19:20 Uhr alle gemächlich rüber in den Salon zum Abendessen laufen. Dort erwartete uns schon die warme Suppe und eine kleine Überraschung: Maria hat Pizza gemacht! Diese Pizza ist vom Geschmack her nicht mit der europäischen zu vergleichen, aber das Prinzip „Teig und dann Gemüse und So als Belag“ ist gleich, wobei hier vor allem auf den Gemüsepart eingegangen wird. Mega lecker! Dazu gibt es wieder Reis, Bohnen, Soße, etwas Fleisch und Kartoffeln. Zum Nachtisch stellen Emma und Ich Bananen, Maracujas, Baumtomaten und Mangos auf den Tisch.  

Um 20:20/30 Uhr setzten sich die Salesianer in den Wohnzimmerbereich des Salons. Dort reden sie noch miteinander, besprechen Sachen oder schauen die Nachrichten zusammen. Für uns 4 (2 Volos, 2 Aspiranten) geht es erstmal in die Küche zum Abwaschen mit Maria. Währenddessen singen wir meistens irgendwelche Kirchenlieder zusammen, die Emma und Ich schon aus den Sonntagsmessen kennen. Heute üben die Jungs mit uns das Vater Unser auf Kinyarwanda. Da gibt es nämlich auch ne gesungene Version von, die wir noch nicht so gut können. Vor allem das Abwaschen am Abend macht am meisten Spaß, weil da irgendwie alle gut gelaunt sind und wild durcheinander gequatscht wird.

Zusammen macht der Abwasch sogar echt viel Spaß 😉

Sehr erleichtert erfahren wir von Frère Rémégie, dass er für uns heute keine Übungsstunde vorgesehen hat. Manchmal gehen wir nämlich nach dem Abwasch nochmal in die Kapelle und üben einige Lieder für die Morgenmesse oder oft benutzte Melodien für Psalme. Als wir nach dem Abwasch wieder in den Salon treten, sitz da nur noch ein Salesianer vor den Nachrichten auf Kinyarwanda. Die anderen sind wohl noch beschäftigt oder schon ins Bett gegangen…normalerweise setzte wir uns noch zu den Pères dazu, schauen die Nachrichten oder reden noch kurz, aber das wird wohl heute nichts…dann machen wir uns eben noch nen ruhigen Abend zu zweit!

Auf dem Weg zum anderen Haus, in dem sich unsere Schlafräume befinden, halten Emma und Ich ohne etwas zu sagen beide auf der Treppe an und schauen in den Himmel und suchen nach dem Mond: ein Ritual, das wir uns selbst nicht ganz erklären können. Am Abend unserer Ankunft in Rango sind wir auch diesen Weg gegangen und uns ist aufgefallen, wie viel weiter weg der Mond doch von hier aussieht. Der Gedanke, dass sich jemand in Deutschland zur gleiche Zeit den Mond anguckt war irgendwie komisch und krass zu gleich, weil wir da das erste Mal richtig realisiert haben, wo wir uns gerade befinden.

Ab ca 20:45 Uhr bleib ich für ne gute Stunde bei Emma im Zimmer. Wir kuscheln uns gemütlich in Decken, lesen etwas, zwischendurch übe ich wieder Ukulele. Um Viertel vor 10 wird es langsam Zeit, dass ich rüber gehe und wir starten wie automatisch unsere mittlerweile eigene kleine Abendroutine und tauschen unsere Eindrücke vom Tag untereinander aus. Wenn es etwas gibt, worüber wir uns auskotzen wollen, können wir das hier am besten tun. Das gleiche gilt für Dinge, die uns den Tag über Freude bereitet haben oder uns einfach so durch den Kopf gegangen sind.

Grüße aus Emmas Zimmer!

Um 22:00 Uhr bin ich dann wieder in meinem Zimmer, schließe das Fenster, damit nicht die eisige Luft der Nacht reinkommen kann und machen meine ruhige Playlist an. Begleitet von Elvis Presley, Ella Fitzgerald und AnnenMayKantereit putze ich mir dann schnell die Zähne, roll mein Mosquitonetz wieder runter und erledige mein Bücherzeugs (zwischendurch mal Reisetagebuch, Tagebuch, Blogeintragsideen…).

Schnell noch den Wecker für morgen früh stellen, mir mein Buch schnappen, Mosquitonetz runterrollen und ab ins warme Bett.

So endet ein Tag in Rango für mich und auch für euch. Danke, dass ihr mich heute begleitet habt! Ich hoffe, euch hat‘s gefallen: )

Noch ein paar kleine Anmerkungen: diesen Tag kann man als Beispiel für mein Leben hier nehmen, aber definitiv nicht als Norm. Hier ist eigentlich immer was los: ein Fest wird geplant oder gefeiert, es kommen Besucher vorbei, Irgendwas unerwartetes passiert…außerdem gibt’s hier zwischendurch natürlich auch Schulferien und somit fallen die Aufgaben bezogen auf die TVET School weg. Die Wochenenden sehen mit dem Straßenkindernprojekt, unterschiedlichen Sonntagsmessen und Veranstaltungen sowieso im Vergleich zu der Arbeit unter Woche anders und immer unterschiedlich aus. Vielleicht kommt dazu später auch nochmal was ; )  

  1. Petra Noll

    Hallo Rike,
    es ist wirklich sehr schön, wie du einen mit auf dieses tolle Abenteurt nimmst.
    Du hast dich ja schon sehr gut eingelebt. Ich bin jetzt schon das zweite Mal auf deinem Blog und es macht großen Spaß alles zu lesen. Du schreibst schöne Texte und machst ganz tolle Bilder. Schön das es dir gut geht.
    Ganz liebe Grüße aus Köln sendet dir Petra
    Du weist schon die Mama von den Zwillingen 🙂

    • Friederike Feithen

      Hallo Petra,
      es freut mich wirklich sehr, dass dir das Lesen so viel Spaß macht und du dich gemeldet hast!
      Für mich ist es auch super, sich zwischendurch mal hin zu setzten und einfach ein bisschen zu schreiben 🙂
      Ganz liebe Grüße zurück nach Kölle, auch an die anderen Nolls 😉

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