Auf einen weiten Horizont… darauf blicke ich gerade. Ich sitze an diesem 23. August 2024 in meinem zweiten Flugzeug von Brüssel nach Frankfurt, zurück nach Deutschland.
Vor wenigen Minuten habe ich zum ersten Mal seit einem Jahr wieder europäische Boden betreten. Vor mir liegt nun noch der restliche Flug nach Frankfurt, die Zugfahrt nach Passau und ganz viele „Hallos“. Und hinter mir? Ein Jahr, das eindrucksreicher fast nicht hätte sein können. Einerseits gefüllt mit negativen Gefühlen wie Heimweh, Selbstzweifeln und Unsicherheiten. Aber noch viel mehr ein Jahr mit positiven Momenten voller Tanzen, besonderen Begegnungen, Smalltalks, Ersten Malen, Dachterrassenabenden, beeindruckenden Menschen, bunter Kleidung, Umarmungen usw. Es war so schön zu sehen, wie man sich in einem Jahr in einer neuen Kultur immer mehr einlebt und schließlich zum kleinen Profi wird. Anfangs überfordernde Situationen wurden von Tag zu Tag normaler und wichtiger Bestandteil meines Alltags. Sei es das Verhandeln, das Zemfahren, das auf unangenehme Fragen reagieren, das Französisch, das Babys auf den Rücken binden, die Essensstände,… wahrscheinlich könnte ich ewig so weitermachen.
Die letzten Tage in Cotonou, taten nochmal gut. Ich spazierte über den Markt, genoss die Zeit mit den Baraquemädels und traf mich mit Freunden. Am Donnerstag vor dem Abflug hatte ich dann doch nochmal ordentlich Stress alles zeitlich hinzubekommen. Nachdem mich Sr. Johanna dann zum Flughafen gebracht hatte, begann aber doch ein sehr schöner Abschluss. Denn glücklicherweise flog ich (zumindest nach Brüssel) zusammen mit Johann, ein Volontär, den ich vor einem Jahr auch schon am Brüsseler Flughafen kennengelernt hatte. Und so durften wir vor unserer Ankunft in Deutschland noch ein paar epische Momente erleben. Wir beschenkten zwei Zemfahrer und einen Sicherheitsmann mit meinen letzten 3500 Francs. Mit Charme bekamen wir trotz zusammen insgesamt elf Kilo Gepäckübergewicht keine Probleme. Beim Gate aßen wir meine vier zermatschten Papayas, die ursprünglich als Mitbringsel gedacht waren. Und beim Zwischenstopp in Abidjan machten wir mit der Musikbox den aus der Elfenbeinküste stammenden Megahit „Coup du Marteau“ an.


Was ich auf jeden Fall durch diesen Freiwilligendienst nochmal deutlich verinnerlichen konnte ist, dass mein Leben in Deutschland, mit all dem Luxus wie Urlaub, Hobbys, Bildung, funktionierenden Klospülungen (bzw. überhaupt Klospülungen), Hygiene, usw. absolut keine Selbstverständlichkeiten auf dieser Welt ist.
Und generell habe ich das Gefühl viel über Menschen gelernt zu haben. Besonders was das Thema Gewohnheit und Erziehung angeht. Es gibt so viele Sachen, bei denen mich die Beniner und Beninerinnen beeindruckt haben. Das Durchhaltevermögen, die Offenheit und Fröhlichkeit, das schwere Tragen, die Entspanntheit… Und dann gab es wiederum einige Sachen, wo ich ihnen aufgrund meiner anderen Prägung und Erziehung einen Vorteil hatte: Emotionsbewältigung, Feinmotorik, Kreativität…
Ein weiterer Aspekt, den ich mitnehmen werde, ist die Natürlichkeit der Leute. Oft sind es kleine Handgriffe, oder Dinge wie Wäsche, die von Hand erledigt werden. Aber auch dieses Miteinander stellt für mich eine große Natürlichkeit da. Zum Beispiel ist das Aufpassen auf Kinder Gemeinschaftssache, Mehrgenerationenhaushalte sind absolut normal. Da das Wetter natürlich hauptsächlich aus Sonnenstrahlen besteht, spielt sich der Großteil des Lebens draußen und auf den Straßen ab. Dies fördert wiederum den Kontakt der Menschen untereinander.
Wie ich mich in dem letzten Jahr entwickelt habe, wird sich wahrscheinlich in den nächsten Wochen noch rausstellen – ich finde diese Frage zumindest bisher noch gar nicht so leicht zu beantworten. Aber eines ist klar: Mein Horizont hat sich deutlich erweitert.

Ein vorletztes Mal LG! Eure Teresa